Sein dunkler Gesang und seine laszive Ausstrahlung sind legendär. Jim Morrison lebte «Sex & Drugs & Rock 'n' Roll» hemmungslos aus und starb jung. Seither wurde der tote Doors-Sänger um Mythos. Jetzt (am 8. Dezember) wäre er 75 geworden.
Jim Morrison steht neben Jimi Hendrix und Janis Joplin, zumindest, was sein Leben und Sterben angeht. Diese Musiker sind zu Rock-Ikonen geworden und das hat nicht nur mit ihrer überragenden Klasse an Mikrofon oder Gitarre zu tun: Alle drei gelten als Rebellen der bewegten 60er Jahre, und alle drei gehören zum berüchtigten «Klub 27» – sie starben 1970 und 1971 mit erst 27 Jahren an den Folgen ihres exzessiven Lebensstils.
Der am 8. Dezember 1943 als Sohn eines Marinesoldaten in Florida geborene Morrison wird bis heute besonders intensiv öffentlich betrauert. Auch am Samstag wieder: Dann wäre der Sänger und Songschreiber der Blues- und Psychedelic-Rockband The Doors 75 Jahre alt geworden. Auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise dürften dann am Grab des US-Amerikaners wieder Blumen niedergelegt und Kerzen entzündet werden - längst ein jährliches Ritual.
Das Bild von der Kerze, die an beiden Seiten brennt, dafür aber besonders hell leuchtet, für Morrision trifft es zu. Nur gut vier Jahre dauerte seine Karriere mit den 1965 gegründeten Doors (mit Keyboarder Ray Manzarek, Gitarrist Robby Krieger und Schlagzeuger John Densmore). In dieser Zeit verfasste der schillernde Frontmann mehr als hundert Songs, und die Band verschliss sich in Konzerten, die bis an die Grenzen gingen. So wurde ein Auftritt vom 1. März 1969 in Miami zum Skandal, weil Morrison sein Publikum mit Obszönitäten aufheizte.
Sechs überwiegend von der Kritik gefeierte, bei den Fans kultisch verehrte Studioplatten veröffentlichten The Doors von 1967 und 1971. Bis heute kommt zudem Archivmaterial auf den Markt. Über 80 Millionen Tonträger des Quartetts sollen verkauft worden sein, fast 90 Mal gab es dafür Platin.
Das Debüt von 1967 heisst einfach «The Doors», mit dem Porträt von Jim Morrison auf dem Cover und es gilt als eines der einflussreichsten Alben der gesamten Rockgeschichte; es enthielt den Welthit «Light My Fire», die fabelhafte Brecht/Weill-Adaption «Alabama Song» und das apokalyptisch düstere «The End», mit dem der Regisseur Francis Ford Coppola später passenderweise sein Kino-Meisterwerk «Apocalypse Now» untermalte. «Hello, I Love You» vom Album «Waiting For The Sun» (1968) wurde der zweite Nummer-Eins-Hit der Doors.
Morrisons Songs «Love Her Madly» und «Riders On The Storm» vom letzten Werk «L.A. Woman» (1971) überraschten mit Jazz-Elementen. Da war der einst so schlanke Schönling mit der mächtigen Baritonstimme längst zum aufgedunsenen Alkohol- und Drogenwrack heruntergekommen - und zu einem immer schwierigeren Bandmitglied mutiert.
Gleichwohl war dem Sänger stets bewusst, wie wichtig sein Charisma für den Erfolg der Doors war - fast noch wichtiger als Songschreiben und Gesang: «Mein grösstes Talent ist, dass ich einen Rieseninstinkt für Selbstdarstellung habe», sagte Morrison in einem Interview 1970. «Ich war sehr gut darin, die Öffentlichkeit mit ein paar kleinen Sätzen (...) zu manipulieren. Ich bin mit Fernsehen und Massenmedien aufgewachsen und wusste instinktiv, worauf die Leute abfahren.»
Posterboy der unruhigen Jahre nach dem «Sommer der Liebe» von 1967, provokantes Idol der aufmüpfigen Jugend, aber auch belesener Dichter – all diese Rollen füllte Jim Morrison in seiner kurzen Zeit als Superstar und auch nach seinem Tod aus.
Gestorben ist er am frühen Morgen des 3. Juli 1971 in einem Pariser Apartment in der Rue Beautreillis 17. Die Todesursache wurde nie endgültig geklärt, auch wenn Doors-Experten versucht haben, das Sterben des Sängers an der Seite seiner ebenfalls heroinsüchtigen Freundin Pamela Courson zu rekonstruieren. Eine Lungenblutung nach starkem Drogenkonsum soll Morrisons Herzversagen in der Badewanne verursacht haben.
Der letzte Eintrag in seinem Notizbuch klingt so rätselhaft poetisch wie prophetisch: «Lass den aufgeklärten Verstand in unserem Kielwasser zurück / Du wirst Christus sein auf dieser Pauschalreise / Geld schlägt die Seele / Letzte Worte, letzte Worte / Aus.»
Beigesetzt wurde der Sänger in seiner letzten Heimat, der französischen Hauptstadt. Fast wäre Morrison neben einem anderen Dichter der Ausschweifung beerdigt worden: Oscar Wilde. Doch auch ohne diese Schlusspointe ist sein Grab eines der meistbesuchten von Père Lachaise. Mit dem Film «The Doors» von Oliver Stone mit Val Kilmer in der Hauptrolle (1991) war der Mythos Jim Morrison schliesslich komplett.