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Vor 100 Jahren: So endete der 1. Weltkrieg

Heute vor 100 Jahren: So endete der 1. Weltkrieg

Am 11. November unterzeichneten die Entente und die Mittelmächte einen Waffenstillstand. Dieser sollte zwar nur für 36 Tage gelten, beendete jedoch faktisch den 1. Weltkrieg. Gleich mehrere Grossreiche zerfielen, das alte Europa stand vor einem Scherbenhaufen.
11.11.2018, 10:1111.11.2018, 20:59
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Der 1. Weltkrieg dauerte vier Jahre und tobte in Gebieten in Europa, im Nahen Osten, Asien, Afrika und Ozeanien. Am Ende war Europa nicht mehr wieder zuerkennen: Das russische Zarenreich, das deutsche Kaisertum, die österreich-ungarische Doppelmonarchie und das Osmanische Reich gab es so nicht mehr.

Innert weniger Wochen manifestierten sich tiefgreifende Veränderungen in ganz Europa. Hier eine Chronologie der letzten Tage des «Grossen Krieges»:

September und Anfang Oktober 1918: 

Die osmanische Armee verliert am 21. September die Palästinaschlacht. Die militärische Lage der Mittelmächte gerät damit endgültig ins Wanken. Osmanische, österreichische und deutsche Generäle sehen eine Weiterführung des Krieges als aussichtslos.

Osmanische Generäle auf der Flucht vor den anrückenden Entente-Truppen.
Osmanische Generäle auf der Flucht vor den anrückenden Entente-Truppen.Bild: wikimedia

24. Oktober:

Die deutsche Hochseeflotte von 1917. 
Die deutsche Hochseeflotte von 1917. Bild: wikimedia

Aus dieser aussichtslosen Situation heraus entscheiden sich die deutschen Admiräle für einen Frontalangriff der deutschen auf die britische Flotte. Am 24. Oktober ergeht der Auslaufbefehl an die gesamte in Wilhelmshaven zusammengezogene deutsche Flotte.

Ob es den Admirälen um eine Wende im Krieg oder lediglich um den glorreichen Untergang ging, ist umstritten. Ihnen dürfte jedoch klar gewesen sein, dass ein Angriff auf die doppelt so starke «Grand Fleet» Grossbritanniens für die 80'000 deutschen Matrosen einem Himmelfahrtskommando gleichkommen musste.

27. Oktober:

Wenige Tage später kommt es zu ersten Befehlsverweigerungen auf deutschen Kriegsschiffen. Die Matrosen sind nicht bereit, kurz vor Kriegsende ihr Leben für die Ehrerhaltung verhasster Generäle zu geben. 

Ausserdem sind unter den Kriegführenden Staaten bereits Waffenstillstandsverhandlungen im Gange. Die Matrosen sehen im Auslaufbefehl einen Versuch der Armeeleitung, diese Verhandlungen zu torpedieren. 

28. Oktober:

Zur gleichen Zeit löst sich der deutsche Verbündete Österreich-Ungarn allmählich auf. Die geschwächte Armee der Doppelmonarchie ist den Truppen der Entente nicht mehr gewachsen und ersucht diese am 28. Oktober um einen Waffenstillstand.

In den verschiedenen Regionen des Reiches haben bereits im Verlauf der letzten Monate Sezessionsbewegungen eingesetzt. In Ungarn, in Tschechien und auf dem Balken sind Nationalräte gebildet worden. Das Gesuch um einen Waffenstillstand verschafft diesen weiter Aufschwung. Am gleichen Tag wird in Prag die tschechoslowakische Republik ausgerufen.

29. bis 31. Oktober:

Nun beginnt ein Dominoeffekt, dem das zerrüttete Österreich-Ungarn nicht mehr gewachsen ist. Auch auf dem Balkan wird der Staat der Slowenen, Kroaten und Serben ausgerufen.

Einen Tag später konstituiert sich nach Verlust der weitreichenden Gebiete der Staat Deutschösterreich und die osmanischen Truppen leiten ebenfalls Waffenstillstandsgespräche mit der Entente ein. Am 31. Oktober löst schliesslich Ungarn die Verbindung zu Österreich. Damit ist die Habsburgermonarchie faktisch am Ende.

Innert kürzester Zeit fällt Österreich-Ungarn zum Ende des 1. Weltkrieges in sich zusammen. 
Innert kürzester Zeit fällt Österreich-Ungarn zum Ende des 1. Weltkrieges in sich zusammen. Bild: wikipedia/alphacentauri

3. November:

Wenige Tage später ersucht auch die österreichische Militärführung die Entente um einen Waffenstillstand. Die deutschen Truppen stehen nun alleine gegen Grossbritannien, Frankreich und die USA da.

Doch damit nicht genug: Im deutsche Kaiserreich wächst der Matrosenaufstand in Kiel in eine landesweite Revolution aus, die das Kaisertum nicht übersteht.

Deutsche Revolutionäre vor dem Brandenburger Tor.
Deutsche Revolutionäre vor dem Brandenburger Tor.Bild: wikimedia

9. und 10. November:

Nach mehreren unbeantworteten Abdankungsgesuchen der Mehrheitssozialdemokratischen Partei Deutschlands (MSPD) an den Kaiser wird am 9. November die deutsche Republik ausgerufen, und zwar gleich zwei Mal.

Zum einen von der MSPD, zum anderen von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD). Die beiden Parteien einigen sich später auf eine gemeinsame Erklärung.

Erster Weltkrieg Kaiser Wilhelm II. am 10. November 1918 auf dem Weg ins Exil in den Niederlanden (Bundesarchiv Bild 183-R12318)
Kaiser Wilhelm II. (4. v. l.) auf einem Bahnsteig in Belgien. Kurz nach der Aufnahme stieg er in einen Zug, der ihn nach Holland ins Exil brachte.bild: Bundesarchiv

Der Kaiser flieht am 10. November in die Niederlande. Das deutsche Kaisertum ist damit am Ende.

11. November:

Eine deutsche Delegation trifft am 8. November auf der Lichtung von Rethondes im Wald von Compiègne ein. Dort wird zusammen mit der Delegation der Entente ein Waffenstillstand ausgehandelt.

Der Verlust aller Verbündeten und die drohende Revolution im eigenen Staat versetzen die deutsche Delegation in eine sehr schwache Verhandlungsposition. Die deutsche Armee wird durch die Bestimmungen des Waffenstillstandes quasi entwaffnet.

Die Delegation der Entente vor dem «Wagen von Compiègne», in dem der 1. Weltkrieg faktisch beendet wurde.  
Die Delegation der Entente vor dem «Wagen von Compiègne», in dem der 1. Weltkrieg faktisch beendet wurde.  Bild: wikimedia

Der Waffenstillstand wird am 11. November beschlossen. Er sollte zwar nur für 36 Tage gelten, die Bedingungen machen aber eine Weiterführung des Krieges für Deutschland unmöglich. Der Krieg ist beendet.

Milliardär findet «USS Lexington»

Video: watson

Die Zahlen des Ersten Weltkriegs

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Die Zahlen des Ersten Weltkriegs
1:4 war im Herbst 1914 bei Londoner Maklern die Quote für den Fall, dass der Krieg am 15. September 1915 noch andauern würde.
quelle: glasplatten-archiv / str
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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Raphael Conca
11.11.2018 11:59registriert Juli 2017
Unglaubliche Zahlen in der Bild Reihe zum Schluss.
Und das nur damit ein paar an der Macht bleiben wollten.
Und 12 Jahren später dasselbe Spiel.
Hoffentlich nie mehr in Europa!
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DARTH OLAF
11.11.2018 11:12registriert August 2018
Bedeutet das, dass der Matrosenstreik zum Ende eines Kriegs massgeblich beigetragen hat? Ich wünsche mir mehr solche Soldaten auf der Welt.
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Garp
11.11.2018 13:16registriert August 2018
Und gleich wurde der Grundstein für den zweiten Weltkrieg gelegt, mit unsäglichen Reparationszahlungen.
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Das Interstate-System der USA ist sooo befriedigend – aber leider nur auf den ersten Blick
Die Nummerierung der Interstate Highways, der wichtigsten Fernstrassen in den USA, ist in der Theorie wunderbar logisch, doch die Umsetzung lässt leider vielerorts zu wünschen übrig. Zumindest aus Sicht von Perfektionisten.

Neulich während einer Recherche für ein komplett anderes Thema: Auf der Social-Media-Plattform X wird mir ein Post mit den folgenden beiden Karten angezeigt. Sie zeigen den Verlauf der Interstate Highways, des Autobahnnetzes der USA. «Sehr befriedigend. Gut gemacht, zufälliger US-Beamter», schreibt der X-User dazu.

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