International
Zeit Online

Alice Weidel offiziell als AfD-Kanzlerkandidatin vorgestellt

Alice Weidel offiziell als AfD-Kanzlerkandidatin vorgestellt

07.12.2024, 11:4907.12.2024, 13:29
Mehr «International»
13.11.2024, Berlin: Alice Weidel, AfD-Vorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD, spricht bei der Sitzung des Bundestags nach der Regierungserkl
Alice Weidel wird AfD-Kanzlerkandidatin.Bild: keystone

Die AfD hat mit Alice Weidel erstmals eine Kanzlerkandidatin für eine Bundestagswahl nominiert. Der AfD-Bundesvorstand und die Landesvorsitzenden beschlossen in Berlin nach Angaben der Partei einstimmig, die 45-Jährige beim anstehenden Parteitag im Januar in Riesa zur Wahl vorzuschlagen. Vor der AfD-Bundesgeschäftsstelle im Norden Berlins protestierten während der Veranstaltung nach Polizeiangaben rund 200 Menschen gegen die AfD.

Weidel spricht von Regierungsauftrag

«Heute ist ein grosser Tag für die Partei und ein grosser Tag für Deutschland», sagte Weidel nach der Kandidatenkür bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem Co-Parteivorsitzenden Tino Chrupalla. Sie verwies auf die Umfragewerte der AfD. Daraus leite sich einen Regierungsauftrag ab. Chrupalla sprach von einem historischen Tag und sagte, man sehe sich «als Mannschaft mit einer Stürmerin». Er werde die Mannschaft als Libero unterstützen, «dass unsere Stürmerin so viel wie möglich Tore erzielt und dahingehend auf Torschützenkönigin wird». Weidel bezeichnete sich selbst als Mannschaftsspielerin.

Erste Kanzlerkandidatur vor allem mit symbolischem Charakter

Es ist das erste Mal in der fast zwölfjährigen Geschichte der AfD, dass sie einen Kanzlerkandidaten benennt. Weidel hatte die Pläne auf Nachfrage in einem Interview im Sommer 2023 bekanntgegeben, als ihre Partei wegen deutlich gestiegener Umfragewerte zusehends in den Fokus rückte. Bundesweit liegt die AfD aktuell zwischen 18 und 19 Prozent an zweiter Stelle hinter der Union mit 32 bis 33 Prozent. Nach dem Ampel-Aus ist für den 23. Februar eine vorgezogene Neuwahl des Bundestags geplant.

Da im Bundestag keine Mehrheiten für eine AfD-Kanzlerin oder einen AfD-Kanzler in Sicht sind, weil keine Partei mit der AfD dafür stimmen würde, hat die Kandidatur Weidels vor allem symbolischen Charakter. Ein Kanzlerkandidat kann mehr mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen und eventuell auch mehr Anhänger mobilisieren. Weidel sagte, die Parteibasis erwarte, dass man mit einem Kanzlerkandidaten antrete.

Weidel im Kanzleramt? «Zukunftsmusik»

Fragen nach ihren persönlichen Ambitionen auf das Kanzleramt hatte sie schon vorher zurückhaltend beantwortet und von «Zukunftsmusik» gesprochen. «Ich sehe die Sachen eher realistisch. Ich gehe einen Schritt nach dem anderen. Jetzt ruft die Partei erstmalig einen Kanzlerkandidaten aus. Das soll ich jetzt werden. Und damit gehe ich recht demütig um und versuche, das Beste aus dem Wahlkampf zu machen.»

Wahlkampfslogan: «Zeit für Deutschland»

Weidel und Chrupalla präsentierten bei der Pressekonferenz auch den Wahlkampfslogan der AfD: «Zeit für Deutschland», der in abgewandelter Form, etwa als «Zeit für sichere Grenzen», «Zeit für bezahlbare Energie» oder «Zeit für Frieden» auf Wahlplakaten zu sehen sein wird. Es werde auch viele Plakate mit ihrem Bild geben, sagte Weidel auf Nachfrage.

Sie wiederholte Kernforderungen ihrer Partei nach weniger Steuern, einer Wiedereinführung der Kernkraft, gegen Gesetzgebung zur Förderung von Ökostrom (EEG-Gesetz) und einer deutlich schärferen Migrationspolitik. «Wir streichen sämtliche Sozialleistungen an ausländische Staatsbürger, die zu uns gekommen sind, die nie in unser Sozialsystem eingezahlt haben.»

AfD vermeidet Nennung von konkretem Wahlziel

Ein konkretes Wahlziel nannten die AfD-Chefs auf Nachfrage nicht. «Möglichst viel», sagte Weidel lediglich. Bei der Bundestagswahl im Herbst 2021 hatte die AfD 10,4 Prozent geholt.

Proteste vor der Tür

Ganz ungestört lief die Veranstaltung der AfD in deren Bundesgeschäftsstelle im Norden Berlins nicht ab. Direkt vor dem Gebäude, das mit Zäunen und Sichtschutz gesichert war, versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 200 Menschen mit Plakaten und Fahnen und protestierten gegen die AfD und die Nominierung von Weidel. Sie forderten ein «AfD-Verbot jetzt» und riefen in Sprechchören «Alle zusammen gegen den Faschismus». Grössere Zwischenfälle gab es der Polizei zufolge keine. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
82 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
IchfragefüreinenFreund
07.12.2024 12:22registriert Juli 2020
Ich finde es immer noch verwunderlich wie man in Deutschland jemanden zum Kanzlerkandidat ausrufen kann, die im Ausland wohnt. "Alles für Deutschland" genau. Ich stelle mir die Empörung der AfD vor, wenn SPD, CDU, FDP oder Grüne einen Kandidat hätten, der im Ausland wohnt.
12622
Melden
Zum Kommentar
82
    Nach Trump-Begnadigungen: US-Comedian öffnet MAGA-Fans die Augen

    Als eine seiner ersten Amtshandlungen als 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika begnadigte Donald Trump unter anderem die rund 1500 verurteilten Randalierer, die am 6. Januar 2021 das Kapitol gestürmt hatten. Ursache war ein aus dem Ruder gelaufener Protest gegen das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl 2020, die Trump damals gegen Biden verloren hatte.

    Zur Story