Natürlich sind es Superlative, mit denen Donald Trump diese Personalie verkündet. «Der Grosse Elon Musk», teilt der ehemalige und nun erneut gewählte US-Präsident am Abend mit, werde das Department of Government Efficiency (DOGE) übernehmen. Gemeinsam mit Vivek Ramaswamy – wie Musk ein Tech-Unternehmer, der bei den Vorwahlen der Republikaner gegen Trump verloren hatte – solle Musk «Schockwellen durchs System» senden. Die beiden würden einen «nie dagewesenen unternehmerischen Ansatz des Regierens» schaffen, heisst es in Trumps Pressemitteilung, «das Manhattan-Projekt unserer Zeit».
Eine solche «Abteilung für Regierungseffizienz» gibt es bislang nicht. Trump will sie demnach neu einrichten lassen. In Ramaswamys Fall dürfte das eher ein Versorgungsposten sein, ein Zugeständnis an einen treuen Unterstützer. Für Musk ist es mehr. Er bekommt von Trump das Machtinstrument, das er verlangt hat. Auf das er – im Wortsinn – spekulierte.
Fast 120 Millionen Dollar (rund 106 Millionen Franken) hat der Tesla-Gründer in Trumps Wahlkampf investiert. Er ist mit ihm gemeinsam aufgetreten und hat seine Plattform X, ehemals Twitter, zu einer rechten Echokammer voller Make America Great Again-Bots gemacht. Der einflussreichste User: Er selbst. Rund 204 Millionen Followerinnen hat Musk bei X, so viel wie niemand sonst. In der vergangenen Woche setzte er hunderte Posts ab, in denen Trumps Wahlsieg feierte. Trump hatte ihn seinerseits bei diversen Wahlkampfveranstaltungen gefeiert.
— Elon Musk (@elonmusk) November 13, 2024
Nun also wird Elon Musk, der Inbegriff des neuen amerikanischen Oligarchentums, eine zentrale Figur in Trumps Regierung – und bleibt, ebenso wie Ramaswamy, zugleich Unternehmer. Der reichste Mensch der Welt hat sich mal eben so in den innersten Kreis der Macht eingekauft. Und er bekommt eine Position, die klingt, als habe er sie per Wunschzettel bei Trump bestellt.
In gewisser Weise hat er das tatsächlich. In einem Interview mit dem Ex-Präsidenten, das live auf X gesendet wurde, kam Musk wiederholt darauf zu sprechen, man könne doch eine Kommission einrichten, die sicherstelle, dass das hartverdiente Geld der Steuerzahler sinnvoll eingesetzt werde. Und er, na klar, würde da gern aushelfen. «Ich liebe das», sagte Trump, der bei der dritten Erwähnung schliesslich darauf ansprang. «Niemand spart so gut ein wie Du.»
Einige Tage später postete Musk ein Foto, das ihn hinter einem Rednerpult zeigt. Auf dem Pult stehen vier Buchstaben: D.O.G.E., darunter «Department of Government Efficiency». «Ich bin bereit, zu dienen», schrieb Musk dazu. Das war Ende August. Nun, drei Monate später, gibt Trump Musk bis in jedes Detail das, wonach dieser verlangt hat.
Welches Interesse der Unternehmer daran hat, liegt auf der Hand. Zunächst ein geschäftliches. «Eine kleinere Regierung mit mehr Effizienz und weniger Bürokratie», das «Befreien unserer Wirtschaft», wie Trump es ankündigt, bedeutet nicht zuletzt weniger regulatorische Hindernisse für Konzerne. Auch für den von Musk.
— Elon Musk (@elonmusk) November 13, 2024
Laut New York Times vergaben US-Ministerien und -Behörden in den vergangenen zehn Jahren Aufträge im Umfang von über 15 Milliarden Dollar an seine Unternehmen Tesla und SpaceX. Der mit Abstand grösste Teil davon entfällt auf die NASA, die Musk unter anderem Startsysteme entwickeln lässt. Über Starlink versorgt Musk etwa die US-Botschaft in Turkmenistan mit Internet, aber auch die Streitkräfte der Ukraine. Als Donald Trump vor einigen Tagen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefonierte, war plötzlich auch Musk in der Leitung, den Trump offenbar dazugeholt hatte. Er soll Selenskyj versichert haben, die Ukraine könne Starlink weiterhin nutzen.
Mit dem Staat, von dem er so profitiert, gerät Musk zugleich immer wieder in Konflikt. Die Zusammenarbeit mit Stellen wie der NASA hat er unter anderem als «kafkaesk» beschimpft. Zum Beispiel, weil die US-amerikanische Luftaufsicht den Teststart einer SpaceX-Rakete, die US-Astronauten zum Mond bringen soll, wochenlang verzögerte. Der Grund: Schäden an Umwelt und heimischen Tierarten, mutmasslich verursacht von den Vorbereitungen zum Raketenstart.
Aber das wirtschaftliche Interesse, das Musk an einer Deregulierungsstelle hat, die seinen Weisungen folgt, dürfte gar nicht unbedingt sein grösstes Motiv sein. Es ist die politische Macht, die in seiner Ernennung steckt.
Das künftige DOGE ist Trumps Mitteilung zufolge kein Ministerium, vermutlich nicht einmal eine Behörde im klassischen Sinn. Wie viele Mitarbeiter es haben wird und wie es strukturiert sein soll, sagte Trump nicht. Das DOGE soll «ausserhalb der Regierung operieren» und neben dem Weissen Haus vor allem das Office of Management and Budget beraten, das die Ausgaben aller Ministerien und Behörden überwacht. «Drastische Veränderungen», wie Trump sie ankündigt, sind noch ein harmloser Ausdruck für die Aufgabe, die Musk und Ramaswamy offenbar haben: den gesamten Regierungsapparat zusammenschrumpfen.
Das ist an sich ein Kernanliegen der Republikaner. Auf einen schlanken Staat und weniger Ausgaben können sich die allermeisten von ihnen einigen. Aber eine Kürzung des US-Haushalts um mindestens zwei Billionen Dollar, wie Musk sie vorgeschlagen hat, ist selbst Konservativen zu radikal. Das wäre knapp ein Drittel dessen, was die Vereinigten Staaten im Haushaltsjahr 2024 ausgegeben haben. Machen er und Ramaswamy damit ernst, sollten sie Trump dazu bringen, ihnen zu folgen, und hat dieser einen republikanisch dominierten Kongress hinter sich, hätte das katastrophale Folgen. Besonders für das Sozialsystem der USA.
Trump nennt keine Beträge, aber eine Deadline: Am 4. Juli 2026 soll die Arbeit des DOGE abgeschlossen sein, pünktlich zum 250. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Das zeigt, dass dies kein fiskalpolitisches Vorhaben ist. Sondern ein Symbol-politisches. Eine Demonstration der Macht, den Staat behandeln zu können wie ein marodes Unternehmen. Indem man ganze Teile einfach wegholzt, die man vorab für nicht profitabel genug oder sogar schädlich erklärt hat, wie etwa das Bildungsministerium. Von der Aushöhlung des öffentlichen Schulwesens träumen reaktionäre Kräfte in und um die republikanische Partei schon lange. Und Musk, der immer wieder von einem «woken Gedankenvirus» fabuliert, dürfte dem gern entsprechen.
Auch wenn er selbst solche Schritte nur empfehlen, nicht veranlassen kann: Der Mann, der es kann, ist ihm offenbar hörig. Wie selbstverständlich Musk in dem Telefonat mit Selenskyj auftauchte, zeigt, wie nah Musk Trump bereits jetzt ist. In den vergangenen Tagen soll er beinahe täglich in dessen Golfclub in Florida gesehen worden sein. Trump belohnt erfahrungsgemäss Loyalität, wie Musk sie ihm zeigt. Und er ist vernarrt in das, was der Unternehmer ihm verspricht: America First bis zum Mars. Musk werde noch während seiner Amtszeit eine Rakete dorthin schicken, sagte Trump kürzlich bei Fox News.
Indem Musk künftig an einer der Schaltstellen der neuen Regierung sitzt, die sich noch dazu den klassischen Behördenstrukturen entzieht, könnte er seine Macht noch ausbauen. Er könnte seinen Einfluss nutzen, um dafür zu sorgen, dass seine Unternehmen noch mehr lukrative Regierungsaufträge bekommen und zugleich weniger Vorschriften fürchten müssen. Und verkauft das als gemeinnützige Tat: «Das Department of Government Efficiency ist der einzige Weg, das Leben über die Erde hinaus auszuweiten», schrieb er vor einigen Wochen auf X.
Elon Musk könnte noch sehr viel reicher werden, bevor er seinen neuen Posten überhaupt angetreten hat. Nachdem sich Trump als Sieger der Präsidentschaftswahl abgezeichnet hatte, stiegen Tesla-Aktien so stark an, dass Musk auf dem Papier plötzlich 16 Milliarden Dollar mehr besass. Der Wert der Kryptowährung Dogecoin nahm in den Stunden seit Trumps DOGE-Ankündigung um 20 Prozent zu. Dass der künftige Präsident ihn offiziell zu Elon dem Grossen erklärt hat, dürfte für Musk fast genauso vorteilhaft sein wie der neue Job selbst.
Dieser Artikel wurde zuerst auf Zeit Online veröffentlicht. watson hat eventuell Überschriften und Zwischenüberschriften verändert. Hier geht’s zum Original.
Staatshaushalt zusammenstreichen wo nur geht und sicher keine Investitionen in Infrastruktur und Aufbau, bis das Land komplett marode ist.
Ergo, noch weniger Jobs, noch weniger Geld in der Tasche. So blöd auch.