Beim ausserordentlichen Parteitag der FDP zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat die FDP-Spitze vor einer schwarz-grünen Koalition gewarnt. Stattdessen warb sie für ein Regierungsbündnis aus FDP und Union.
Parteichef Christian Lindner griff in seiner Rede sowohl die Regierungsparteien als auch die AfD an. «Die versammelte Linke», sagte Lindner mit Blick auf Rot und Grün: «Das ist der beste Wahlhelfer für eine liberale Partei der Mitte». Besonders heftig kritisierte Lindner Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): «Was macht er eigentlich beruflich?», sagte Lindner über Habeck. «Robert Habeck ist die grösste Wachstumsbremse in diesem Land.» Ein Bündnis mit den Grünen schloss Lindner erneut aus. Dies gelte auch für eine Jamaika-Koalition. Sondierungsgespräche über ein solches schwarz-grün-gelbes Bündnis waren bereits 2017 an Lindner gescheitert.
Daran, dass die Union stärkste Kraft bei Bundestagswahl werden dürfte, hat Lindner offenbar keine Zweifel. Die entscheidende Frage bei der Bundestagswahl sei nicht mehr, wer Kanzler werde, sagte er. Stattdessen gehe es darum, wer noch an der Regierung beteiligt sei. Die entscheidenden Fragen seien Wachstum oder Stagnation, Freiheit oder Staat, «Lindner oder Habeck im Kabinett».
Lindner grenzte sich in seiner Rede auch von Rechtsaussen ab. «Die AfD ist eine antiliberale und wirtschaftsfeindliche Partei, die wir bekämpfen», sagte der Parteichef. Er wolle nicht, dass in Deutschland wie in Österreich «Schwarz-Grün Schwarz-Blau folgt».
Die AfD kleinmachen werde man aber nicht mit Appellen, einer Beschimpfung ihrer Wähler oder mit «Protesten und Lichterketten», sagte Lindner. «Man macht sie klein, indem man Menschen sagt: Eine Wirtschaftswende ist möglich.» Lindner fügte hinzu: «Die AfD macht man klein, in dem man die Probleme klein macht, die diese Partei einst gross gemacht haben.»
Zuvor hatten bereits Vizeparteichef Wolfgang Kubicki und Generalsekretär Marco Buschmann für ein schwarz-gelbes Bündnis nach der Wahl geworben. «Wir sagen ganz klar, dass eine Koalition aus Union und FDP am ehesten in der Lage wäre, die Probleme zu lösen, weil wir brauchen keine Regierung der Trippelschritte, wo man sich gegenseitig blockiert», sagte Buschmann in einem Interview mit dem Sender Phoenix am Rande des Parteitags. Eine erneute Koalition mit den Grünen schloss Buschmann ebenfalls aus. «Wir stehen dafür ein, dass wir in keine Regierung eintreten werden, in der die Grünen eine Rolle spielen», sagte der frühere Bundesjustizminister.
Wie Lindner warnte auch Buschmann vor einem Österreich-Szenario in Deutschland: «Nach vier Jahren Schwarz-Grün gab es jetzt dort Wahlergebnisse, dass die Rechtsextremisten die Stärksten sind und möglicherweise die nächste Regierung anführen. Das darf in Deutschland nicht sein.»
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Kubicki rief Sympathisanten der Union offen zur Stimmabgabe für die FDP bei der Bundestagswahl auf. «Die dringend notwendige Wende in der Wirtschaftspolitik und in der Migrationspolitik wird es nur mit den Freien Demokraten geben», sagte er. «Deshalb rufe ich alle unionsgeneigten Wähler auf: Wählen Sie am Wahlsonntag die FDP. Wir sind das Bollwerk gegen Schwarz-Grün.» Lindner relativierte diese Äusserungen in seiner Rede: «Wir wollen Bekenntnisstimmen haben», sagte er.
Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag. In den Meinungsumfragen liegt sie seit Wochen bei vier Prozent. Damit würde sie wie schon 2013 den Einzug in den Bundestag verpassen. Kubicki wies darauf hin, dass viele Wahlberechtigte noch unentschlossen seien. «Die können alles ändern. Und ich sage euch: Am Wahlabend werden sich einige noch wundern.»
Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP.
Dieser Artikel wurde zuerst auf Zeit Online veröffentlicht. Watson hat eventuell Überschriften und Zwischenüberschriften verändert. Hier geht’s zum Original.