International
Zeit Online

Trump hat womöglich den ersten schweren Fehler seiner Amtszeit begangen

epa11867075 US President Donald Trump departs from the South Lawn of the White House in Washington, DC, USA, 31 January 2025, en route to Palm Beach, Florida. EPA/YURI GRIPAS / POOL
Die Zölle schaden der amerikanischen Wirtschaft und vor allem Trumps Wählerinnen und Wählern direkt.Bild: keystone

Trump hat womöglich den ersten schweren Fehler seiner Amtszeit begangen

Donald Trumps Zölle treffen auch seine Anhänger direkt. Für die betroffenen Länder ist das eine Chance. Sie müssen sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen.
02.02.2025, 13:31
Mark Schieritz / Zeit Online
Mehr «International»
Ein Artikel von
Zeit Online

Donald Trump hat womöglich den ersten schweren Fehler seiner Amtszeit begangen. Seine bisherigen Massnahmen – der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen, die Säuberungswelle unter Justizbeamten, der Versuch einer Gleichschaltung der Medien – mögen gegen Recht und Gesetz oder zumindest internationale Gepflogenheiten verstossen. Sie entsprechen aber genau dem, was seine fanatisierten Anhänger von ihm erwarten.

Bei den nun beschlossenen Strafzöllen gegen Kanada, Mexiko und China liegen die Dinge anders: Sie schaden der amerikanischen Wirtschaft und vor allem seinen Wählerinnen und Wählern direkt. Und genau darin liegt eine Chance für Europa und alle anderen Staaten, die ein Interesse an einer liberalen Welthandelsordnung haben.

Es gibt für diese Zölle keine logische Begründung. Donald Trump verweist auf die mangelnde Zusammenarbeit dieser Länder beim Thema Migration und Bekämpfung der Drogenkriminalität, aber zumindest im Fall von Kanada erscheint das nicht sehr glaubhaft. Und Trump hat bei anderer Gelegenheit gesagt, für ihn seien diese Zölle kein Druckmittel, sondern Kernelement seiner wirtschaftspolitischen Strategie. Dieser liegt die irrige Annahme zugrunde, dass ein Maximum an nationaler Autarkie für ein Maximum an nationalem Wohlstand sorgt, was nicht nur allen Lehrbüchern, sondern auch der Erfahrung aus 200 Jahren Wirtschaftsgeschichte widerspricht, aber Trump ist eben Trump: Logik spielt in seinem Universum eine untergeordnete Rolle.

Wie du mir, so ich dir

Deshalb wird er sich nicht – wie es sich in Deutschland einige erhoffen – durch ein Freihandelsabkommen von seinem protektionistischen Kurs abbringen lassen. Der amerikanische Präsident hat kein Interesse an Freihandel und Abkommen. Sonst hätte er nicht mit seinen Zollplänen gegen das bereits existierende Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko verstossen. Der kanadische Präsident Justin Trudeau hat die Antwort gegeben, die unter den derzeitigen Umständen gegeben werden muss: Vergeltung. Kanada wird auf die Zölle auf kanadische Produkte mit Zöllen auf amerikanische Produkte reagieren.

Das reicht aber nicht aus. Die wichtigsten Handelspartner der Vereinigten Staaten – neben Mexiko und Kanada sind das die EU, Grossbritannien, Japan, Südkorea und China – sollten sich auf eine gemeinsame Linie verständigen: Jeder unilateral verhängte Zoll wird einen Gegenzoll in gleicher Höhe nach sich ziehen. «Tit for Tat» heisst diese Strategie in der Spieltheorie. Man kann das übersetzen mit: wie du mir, so ich dir. Sie belohnt Kooperation und bestraft Konfrontation. Es wäre eine lohnende Aufgabe für den noch amtierenden Kanzler der Exportnation Deutschland, ein solches Zweckbündnis zu schmieden.

Trump könnte länger durchhalten

Eine Einschränkung ist an dieser Stelle nötig: Die amerikanische Volkswirtschaft ist wegen ihrer schieren Grösse und Geschlossenheit in einer privilegierten Position. Der amerikanische Absatzmarkt ist für die kanadischen Unternehmen wichtiger als der kanadische Absatzmarkt für die amerikanischen Unternehmen. So verhält es sich bei fast allen Ländern, die mit den USA Handel treiben. Trump hat – um es militärstrategisch zu formulieren – Eskalationsdominanz. Er könnte einen Handelskrieg länger durchhalten als seine Gegner.

Jetzt auf

Aber das bedeutet nicht, dass er die Folgen einer solchen Auseinandersetzung nicht zu spüren bekäme. Und es ist die Frage, ob er sich steigende Preise, leere Regale, Produktionsausfälle und sinkende Aktienkurse leisten kann.

Schliesslich ist er mit dem Versprechen angetreten, dass es den Amerikanern in seiner Amtszeit besser gehen wird. Mit anderen Worten: Die Kosten mögen zwar rein ökonomisch betrachtet zu verkraften sein, politisch könnten sie sich für Trump als zu hoch erweisen. Wenn der Rest der Welt zusammensteht. 

Dieser Artikel wurde zuerst auf Zeit Online veröffentlicht. Watson hat eventuell Überschriften und Zwischenüberschriften verändert. Hier geht’s zum Original.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
265 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Acai
02.02.2025 13:43registriert März 2017
Zusammenstehen ist eine Idee. Und wohl der Anfang vom amerikanischen Niedergang. Denn wenn es funktioniert, haben die Amis das Ass bereits verspielt.
3099
Melden
Zum Kommentar
avatar
mrmikech
02.02.2025 13:53registriert Juni 2016
"Die amerikanische Volkswirtschaft ist wegen ihrer schieren Grösse und Geschlossenheit in einer privilegierten Position."

Ist nur bedingt so. Die Reichen in den USA sind viel wohlhabender als bei uns, spielen aber für die Konsumwirtschaft eine geringere Rolle. Der Mittelstand hingegen lebt von Monat zu Monat, hat keine Ersparnisse und hohe Schulden. Steigende Preise können daher schnell zu Unruhen führen.

Europa kann das viel länger aushalten, ebenso China. China könnte sogar mit dem massiven Verkauf von US-Dollars drohen.
2937
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ein Honigdachs (1)
02.02.2025 13:40registriert Juli 2020
Der Mann macht keine Fehler, dafür müsste man ja wissen was man tut...
er ist wie die Axt im Wald und bei jedem einzelnen Baum stellen sich die Leute die Frage ob dieser es schlau war diesen einen Baum zu fällen. Doch die eigentliche Frage ist ja, was ist wenn alle Bäume gefällt sind?
1815
Melden
Zum Kommentar
265
    Erdbeben erschüttert Inseln vor Sizilien

    Im Mittelmeer sind mehrere italienische Inseln von einem Erdbeben erschüttert worden. Das Beben der Stärke 4,8 war insbesondere auf den beiden kleinen Inseln Alicudi und Filicudi zu spüren, die zu den Liparischen Inseln im Tyrrhenischen Meer vor der Nordküste Siziliens gehören. In verschiedenen Gemeinden liefen Menschen auf die Strasse. Grössere Sachschäden gab es nach ersten Angaben der Behörden keine.

    Zur Story