Islamischer Staat (IS)
Gesellschaft & Politik

Der IS will seine Symbolfigur zurück: Die verhinderte Attentäterin, die seit 9 Jahren in einer jordanischen Todeszelle sitzt  

Die Attentäterin mit zu wenig Mut zum Suizid: Sadschida al-Rischawi.
Die Attentäterin mit zu wenig Mut zum Suizid: Sadschida al-Rischawi.Bild: EPA/JORDAN NEWS AGENCY
Gefangenentausch

Der IS will seine Symbolfigur zurück: Die verhinderte Attentäterin, die seit 9 Jahren in einer jordanischen Todeszelle sitzt  

Die IS-Miliz wollte mit einer japanischen Geisel und einem gefangenen Piloten eine in Jordanien inhaftierte Irakerin freipressen. Sie war zur Symbolfigur avanciert.
03.02.2015, 15:4603.02.2015, 16:22
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Die Dschihadistin Sadschida al-Rischawi ist durch die Versuche der Miliz Islamischer Staat (IS), sie in einem Gefangenenaustausch freizupressen, ins internationale Rampenlicht gerückt. Die 44-jährige Irakerin, die seit neun Jahren in einer jordanischen Todeszelle sitzt, ist für den IS eine ausgesprochen wichtige Symbolfigur.

«Ihre Freilassung wäre für die Dschihadisten ein moralischer Sieg, der ihre Stellung in den irakischen Stammesgebieten festigen würde, wo die Wurzeln des IS liegen.»
Mohammed Abu Remann vom Zentrum für Strategische Studien an der Univesität Amman
Sadschida al-Rishawi öffnete ihre Jacke und zeigte ihren Bombengürtel, als sie am jordanischen Staatsfernsehen gestand, sie habe versucht, drei Hotels in Amman in die Luft zu sprengen.
Sadschida al-Rishawi öffnete ihre Jacke und zeigte ihren Bombengürtel, als sie am jordanischen Staatsfernsehen gestand, sie habe versucht, drei Hotels in Amman in die Luft zu sprengen.Bild: AP/JORDANIAN TV

Die Miliz hatte vergangene Woche mit der Tötung des jordanischen Kampfpiloten Maas al-Kassasbeh gedroht, sollte die Regierung in Amman al-Rischawi nicht im Austausch für den gekidnappten Japaner Kenji Goto freilassen. 

Weil Jordanien als Vorbedingung ein Lebenszeichen des über Nordsyrien abgestürzten Piloten verlangte, verzögerte sich der Austausch und die Dschihadisten veröffentlichten am Samstag ein Video von der Enthauptung des Japaners. 

Ein jordanisches Kind hält ein Plakat mit dem jordanischen Kampfpiloten Maas al-Kassabeh hoch, der von den Dschihadisten gekidnappt wurde.
Ein jordanisches Kind hält ein Plakat mit dem jordanischen Kampfpiloten Maas al-Kassabeh hoch, der von den Dschihadisten gekidnappt wurde.Bild: Nasser Nasser/AP/KEYSTONE

Jordaniens König Abdullah II. deutete am Wochenende an, im Austausch für «unseren heldenhaften Piloten» könne die verhinderte Attentäterin nun freikommen.

Nicht mutig genug für einen Suizid

Vier Tage nach einer Anschlagsserie auf drei Hotels in Amman, bei der Ende 2005 sechzig Menschen starben, wurde al-Rischawi festgenommen und im April 2006 zum Tode verurteilt. In ihren im jordanischen Staatsfernsehen übertragenen Geständnissen erklärte sie, dass sie es im letzten Moment nicht geschafft hatte, den Zünder ihres Sprengstoffgürtels zu betätigen.

Gemeinsam mit ihrem Mann, der sich im Radisson-Hotel mitten in einer Hochzeitfeier in die Luft sprengte, und zwei weiteren Attentätern war sie zu den Parallel-Anschlägen aufgebrochen.

Verbindungen zur Al-Kaida

Die Verantwortung für die Terrorwelle übernahm seinerzeit die Al-Kaida im Irak unter Abu Mussab al-Sarkawi, eine sunnitische Salafistengruppe, die sich zum IS entwickelte. 

Abu Mussab al-Sarkawi, der Führer der sunnitischen Salafistengruppe, die sich zum IS entwickelte.
Abu Mussab al-Sarkawi, der Führer der sunnitischen Salafistengruppe, die sich zum IS entwickelte.

Al-Rischawi, von der seit Jahren nicht mehr gesprochen wurde, auch weil in Jordanien Todesurteile gegen Frauen schon lange nicht mehr vollstreckt wurden, «ist wegen ihrer Verbindungen zur Al-Kaida im Irak und zur folgenschwersten Auslandsoperation dieser Gruppe weiter wichtig», erläutert Aimen al-Tamini, Forscher des Instituts Middle East Forum.

«Sie gehörte zum engen Kreis um al-Sarkawi, der die Vorläuferorganisation des IS gründete.»
Hassan Abu Hanije, Experte für islamistische Gruppierungen

«Ausserdem ist sie Angehörige eines Sunnitenstammes in der westirakischen Provinz Al-Anbar, die heute grösstenteils vom Islamischen Staat kontrolliert wird», fügt er hinzu. Von Bedeutung sei zudem, «dass sie die Schwester eines früheren Kaida-Emirs und engen Sarkawi-Gefolgsmanns ist, der im Kampf starb».

Sie studiert im Gefängnis den Koran

«Der IS will wegen ihrer moralischen und symbolischen Bedeutung Rischawi und niemand anders freibekommen.»
Oraib Rentawi, Direktor des Al-Kuds-Zentrums für politische Studien in Amman

«Ihr Name ist direkt mit dem Sarkawis verbunden.» Sieben Monate nach den Anschlägen in Amman wurde der Al-Kaida-Chef im Irak, ein gebürtiger Jordanier, bei einem US-Luftangriff nördlich von Bagdad getötet.

Al-Rischawi verbringt seitdem ihre Tage in einem jordanischen Frauengefängnis mit dem Studium des Koran und im TV-Raum, wo sie islamische Sender schaut. 

Der IS will Anerkennung

«Der IS will wie ein Staat behandelt werden.»
Forscher Tamini

«Und einen Austausch von Kriegsgefangenen vorzuschlagen, anstelle von Lösegeld, wie es die meisten bewaffneten Gruppen tun, ist auch eine Art, diese Anerkennung zu erlangen

(sda/afp)

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