Im Dezember veröffentlichte der IS eine Liste mit drakonischen Strafen, die Verbrechern auf seinem Territorium drohen. Es handelt sich um sogenannte Hadd-Strafen, bei denen «Rechtsansprüche Gottes» geltend gemacht werden: Neben Kapitalverbrechen wie Mord gehören auch Ehebruch, Alkoholkonsum und Diebstahl in diese Kategorie. Gesühnt werden sie mit Steinigungen, Peitschenhieben und Amputationen.
Das Nachrichtenportal Middle East Eye weist darauf hin, dass neben dem IS noch ein anderer Staat diese archaische Form der Strafjustiz mit einer gewissen Konsequenz praktiziert: Saudi-Arabien.
Documents show IS & Saudi Arabia prescribe near-identical punishments for crimes http://t.co/ZoVVUqeHMn #ISIS #Saudi pic.twitter.com/kUEXqXCJiv
— Middle East Eye (@MiddleEastEye) 20. Januar 2015
Aktuell sorgt der Fall des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi für internationales Aufsehen, der wegen Blasphemie zu 1000 Peitschenhieben und 10 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Aber auch Amputationen und Enthauptungen werden in dem Königreich vollzogen.
Let this be a warning to criminals!
A gang of armed robbers & bandits was #executed & crucified today in #Jazan, #KSA
pic.twitter.com/BwkLtMQSEd
— عادل بن عارف (@abumiftah) 21. Mai 2013
Einziger Unterschied zum IS: Die Terrorbande lechzt nach Publizität und streut die grausigen Videos aktiv im Internet. Saudi-Arabien hingegen exekutiert zwar in der Öffentlichkeit, verbietet aber Videoaufnahmen – mit mässigem Erfolg: Eben erst verbreitete sich die heimlich gefilmte Enthauptung einer Burmesin viral. Auf den wichtigsten Unterschied zwischen dem IS und Saudi-Arabien weist die Washington Post hin: Ersterer ist ein Todfeind, letzterer ein Verbündeter des Westens.
Ob der neue König Salman bin Abdulaziz al-Saud die saudi-arabische Strafjustiz reformieren wird, darf bezweifelt werden. Die Staatsdoktrin des Wahabismus mag peinliche Ähnlichkeiten zum IS aufweisen, gleichzeitig ist das Haus Saud für seinen Machterhalt darauf angewiesen. Eine von Wikileaks veröffentlichten Depesche der US-Botschaft in Riad aus dem Jahr 2007 beschrieb den neuen König (damals Gouverneur von Riad) als «vorsichtigen» Reformer.