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Naher Osten

Raten Sie einmal, welche israelischen Zivilisten am häufigsten von feindlichen Raketen getroffen werden: Nicht Juden, sondern Araber

Schlecht vorbereitet

Raten Sie einmal, welche israelischen Zivilisten am häufigsten von feindlichen Raketen getroffen werden: Nicht Juden, sondern Araber

24.07.2014, 12:1724.07.2014, 13:25
Kian Ramezani
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Über 10'000 Raketen haben Hamas und andere militante palästinensische Gruppierungen über die Jahre aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Es handelt sich um krude Geschosse ohne Lenkmechanismus, die irgendwo landen können. Meistens in unbewohntem Wüstengebiet. Manchmal im Gazastreifen selbst.

Steuern sie besiedeltes israelisches Territorium an, holt das Abwehrsystem Iron Dome die meisten vom Himmel, aber nicht alle. Wenn palästinensische Raketen einschlagen, verletzen und töten sie überdurchschnittlich viele arabisch-israelische Zivilisten – Palästinenser wie die Hamas.

Raketeneinschlag im Beduinendorf Lakiya im Süden Israels (14.07.2014).
Raketeneinschlag im Beduinendorf Lakiya im Süden Israels (14.07.2014).Bild: Israel Police spokesperson

Der Grund für diese makabre Ironie des Nahostkonflikts ist einfach erklärt: Arabische Israelis leben mehrheitlich unter sich in separaten Gemeinden, und diese sind verglichen mit jüdischen schlecht auf Raketenangriffe vorbereitet.

Dies geht aus einer Ende 2013 veröffentlichten und vom deutschen Aussenministerium mitfinanzierten Studie von der The Abraham Fund Initiatives hervor. Die israelische Nonprofit-Organisation konzentriert sich in ihrer Forschung auf Ungleichheiten zwischen jüdischen und arabischen Bürgern Israels. Letztere machen rund 20 Prozent der 8,2 Millionen Einwohner des Landes aus.

Undatiertes Bild von Kämpfern des Volkswiderstandskomitees in Gaza bei einem Raketenabschuss. 
Undatiertes Bild von Kämpfern des Volkswiderstandskomitees in Gaza bei einem Raketenabschuss. Bild: AP

Nur neun Prozent der arabischen Gemeinden verfügen demnach über öffentliche Luftschutzräume. Meist fehlt es an Geld, da im Unterschied zu Schulen nicht der Staat, sondern die Gemeinden selbst dafür aufkommen müssen. Die Schutzräume in den Schulen reichen zudem nur für ein Drittel der Schüler. 86 Prozent der arabischen Gemeinden haben zwar einen Sicherheitsbeauftragten, von denen die Hälfte aber keine entsprechende Ausbildung mitbringt. Häufig werden sie aufgrund von familiären Beziehungen angestellt.

Das Phänomen ungenügender Bevölkerungsschutz lässt sich einerseits im Süden des Landes in der Nähe des Gazastreifens, andererseits im Norden an der Grenze zum Libanon beobachten. Beide Regionen stellen Hauptsiedlungsgebiete der israelischen Araber dar – und die nächstgelegenen Ziele feindlicher Raketen. Araber im Norden Israels waren Hauptleidtragende im Libanonkrieg 2006, als die Hisbollahmiliz rund 4000 Raketen abfeuerte. Laut der israelischen Zeitung «Haaretz»  glaubte man damals, dass Araber jenseits der Grenze nicht auf Araber feuern würden. Angesichts der ebenfalls unpräzisen Waffen der Hisbollah eine fatale Fehleinschätzung.

Einschlag einer Rakete der Hisbollah-Miliz in der israelisch-arabischen Gemeinde Fasuta während des Libanonkriegs 2006 (08.08.2006).
Einschlag einer Rakete der Hisbollah-Miliz in der israelisch-arabischen Gemeinde Fasuta während des Libanonkriegs 2006 (08.08.2006).Bild: AP

Das Problem wurde zwar erkannt, geändert hat sich offenbar aber nicht viel. Neben fehlenden Geldern und schlechter Organisation sei auf Seiten der arabischen Israelis auch ein gewisses Desinteresse auszumachen, schreibt «Haaretz». Einige seien sogar in einem religiösen Glauben verhaftet, dass ein Raketentreffer vom Schicksal bestimmt sei.

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