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Israels Armee erschiesst zwei weitere Palästinenser bei Razzien im Westjordanland 

Schon vier Tote bei Suchaktion

Israels Armee erschiesst zwei weitere Palästinenser bei Razzien im Westjordanland 

22.06.2014, 09:3922.06.2014, 16:11
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Der 30-Jährige Mohammed Tarifi hat bei den Konfrontationen mit den Israelis sein Leben gelassen. Er sei von einem Dach aus erschossen worden, berichtete die palästinensische Nachrichtenorganisati ...
Der 30-Jährige Mohammed Tarifi hat bei den Konfrontationen mit den Israelis sein Leben gelassen. Er sei von einem Dach aus erschossen worden, berichtete die palästinensische Nachrichtenorganisation Maan.Bild: AFP

Bei der Suche nach drei vermissten Jugendlichen hat die israelische Armee im Westjordanland erneut zwei Palästinenser erschossen. Ein 30-Jähriger wurde laut Rettungskräften am Sonntag bei Zusammenstössen in Ramallah getötet, während in Nablus nach Angaben der Armee ein offenbar geistig behinderter Mann erschossen wurde. 

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kritisierte, die Suchaktion rechtfertige nicht den «kaltblütigen Mord an palästinensischen jungen Leuten»

In Nablus sei ein Palästinenser erschossen worden, als er zum Morgengebet in die Moschee gehen wollte. Die israelische Armee teilte mit, der Mann habe sich den Truppen «auf bedrohliche Weise» genähert und habe nicht auf Warnschüsse reagiert.

Im Flüchtlingslager Ein Beit al-Mai in Nablus erschossen Soldaten in der Nacht zu Sonntag einen 27-Jährigen auf dem Weg zur Moschee, der nach Angaben seiner Familie «geistig instabil» war. 

Die Armee erklärte dazu, der Mann habe sich den Soldaten «in bedrohlicher Weise» genähert und nicht auf Warnschüsse reagiert. In Ramallah töteten Soldaten laut Ärzten bei Auseinandersetzungen einen 30-Jährigen und verletzten fünf weitere Menschen. 

Damit steigt die Zahl der bei der Suchaktion nach den vermissten israelischen Jugendlichen innert einer Woche getöteten Palästinenser auf vier. Ein weiterer Mann, der bei Zusammenstössen mit der Armee schwer verletzt wurde, ist laut seiner Familie klinisch tot. 

Die Hamas wirft Israel vor, die Suchaktion als Anlass zur Zerschlagung ihrer Strukturen zu nutzen. 
Die Hamas wirft Israel vor, die Suchaktion als Anlass zur Zerschlagung ihrer Strukturen zu nutzen. Bild: AFP

Laut einem Armeesprecher wurden unterdessen weitere sechs Verdächtige festgenommen. Damit seien nun seit Beginn der Suchaktion mehr als 340 Palästinenser in Gewahrsam, darunter 240 Hamas-Mitglieder. 

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu macht die radikalislamische Bewegung für die Entführung der drei Talmudschüler verantwortlich, die am 12. Juni im Süden des Westjordanlands verschwunden waren. 

Die Hamas, die sich erst kürzlich mit der rivalisierenden Fatah-Bewegung auf die Bildung einer Einheitsregierung geeinigt hatte, weist die Verantwortung für die Tat zurück und wirft Israel vor, die Entführung als Vorwand für die Zerschlagung ihrer Strukturen zu nutzen. 

Palästinenserpräsident Abbas äusserte in einem Interview mit der israelischen Zeitung «Haaretz» am Sonntag ebenfalls scharfe Kritik an dem Vorgehen. 

«Ich habe gesagt, dass die Entführung ein Verbrechen ist, aber rechtfertigt das den kaltblütigen Mord an palästinensischen Jugendlichen?», fragte Abbas. «Was hat Herr Netanjahu zu diesen Morden zu sagen? Verurteilt er sie?» Sei die «Gewalt und die Zerstörung von Häusern» tatsächlich gerechtfertigt, fragte Abbas. 

Palästinenser fliehen am frühen Sonntagmorgen vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Soldaten. 
Palästinenser fliehen am frühen Sonntagmorgen vor den gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Soldaten. Bild: AFP

«Ich habe keinerlei glaubwürdige Information, dass die Hamas für das Verschwinden der drei Jugendlichen verantwortlich ist», sagte Abbas, der die Entführung verurteilte, zugleich aber von Israel Beweise für eine Verwicklung der Hamas in den Fall gefordert

Von der Hamas und anderen Palästinensern wird Abbas dafür kritisiert, dass er trotz der Razzien die Sicherheitszusammenarbeit mit den israelischen Behörden beibehalte. 

Der Einsatz ist der grösste im Westjordanland seit dem Ende der zweiten Intifada 2005. 

Der palästinensische UNO-Vertreter Riad Mansur rief am Freitag die internationale Gemeinschaft in einem Brief an den UNO-Sicherheitsrat auf, der «israelischen Aggression» ein Ende zu setzen und die palästinensische Zivilbevölkerung vor der «kollektiven Bestrafung» durch Israel zu schützen. Die «gefährliche Eskalation» könne «dramatische Folgen für die gesamte Region» haben. (rar/sda/afp) 

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