Baden
Grabmal wirft Fragen auf: Wer war Prinzessin Elisa Stirbey?

Vom einst mondänen Glanz des Bäderkurorts Baden zeugt ein Grabmal auf dem alten Friedhof an der Bruggerstrasse. Dessen Spur führt nach Rumänien.

Andreas Fahrländer
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Wer war Prinzessin Elisa Știrbey?

Wer war Prinzessin Elisa Știrbey?

Andreas Fahrländer
Hier verbrachte Prinzessin Elisa ihre Kindheit: Das neoklassizistische Palais Stirbey von 1835 am Prachtboulevard Calea Victoriei in Bukarest.

Hier verbrachte Prinzessin Elisa ihre Kindheit: Das neoklassizistische Palais Stirbey von 1835 am Prachtboulevard Calea Victoriei in Bukarest.

HO

Seit Jahren wartet die Stadt Baden darauf, dass sie endlich wieder ein Thermalbad bekommt. Mondän und glamourös ging es hier einst zu, als der Thermalkurort noch ein Grand Hôtel hatte und sich nicht verstecken musste vor anderen berühmten Badeorten wie Baden-Baden, Spa oder Bath. Kurgäste aus halb Europa und aus den höchsten Kreisen kamen nach Baden, um sich hier zu erholen.

Ein fürstlicher Gast aus dieser Zeit liegt auf dem alten Friedhof an der Bruggerstrasse begraben und zeugt bis heute von diesem einstigen Glanz: Prinzessin Elisa Stirbey. Doch wer war die geheimnisvolle Prinzessin? Ihr Grabmal schmückt ein dreifaches Kreuz. Auf dem Stein steht auf Rumänisch: «Hier ruht Prinzessin Elisa Stirbey, verstorben in Baden am 27. Juli 1890.»

Fürstentochter aus Bukarest

Viel ist es nicht, was man über die Prinzessin in den Geschichtsbüchern findet. Klar ist: Elisa stammte aus einer der einflussreichsten Familien des späteren Rumäniens. In ihrer Kindheit war das Land allerdings noch geteilt in die Fürstentümer Moldau, Walachei (mit der Hauptstadt Bukarest) und Transsylvanien.

Prinzessin Elisa war die Tochter des letzten Fürsten der Walachei, Barbu Dimitrie Stirbey. Elisas Mutter, die Prinzgemahlin Elisabeta, gründete die erste Mädchenschule in Rumänien und hatte neun Kinder mit Fürst Stirbey. Als viertes kam 1827 Elisa zur Welt. Kurz vor ihrer Geburt war die Familie 1825 in die Hauptstadt Bukarest gezogen. Der Palast der Familie am Prachtboulevard Calea Victoriei wurde bald zum Treffpunkt der adeligen Gesellschaft, nicht zuletzt wegen der Bälle, die die Prinzgemahlin hier ausrichtete. Fürst Stirbey bestieg 1849 den Thron in Bukarest mit Unterstützung des osmanischen Sultans Abdul Medschid I.

In die Schweiz ins Exil

Stirbeys Regentschaft beginnt nach der Besetzung des Landes durch osmanische und russische Truppen, die 1851 wieder endet. Der Fürst stösst in der Folge zahlreiche Reformen an. Er verbietet die Sklavenhaltung und verbessert die Stellung der Bauern im Land. Er fördert den Bau des Nationaltheaters in Bukarest und modernisiert die Justiz, die Verwaltung, das Bildungswesen, die Armee und die Landwirtschaft. Vier Jahre nach der Thronbesteigung des Fürsten bricht 1853 der Krimkrieg aus und die Walachei wird erneut von russischen Truppen besetzt.

Nach dem Ende des Krieges im Jahr 1856 plädiert Stirbey bei den Friedensverhandlungen in Paris für die Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei und hofft, Fürst des vereinigten Rumänien zu werden. Stattdessen wird der Moldauer Alexandru Ioan Cuza 1859 erster Regent Rumäniens. Stirbey zieht sich mit seiner Familie zurück ins Exil nach Paris. Später lebt die Fürstenfamilie in Nizza – wo Fürst Stirbey 1869 stirbt – und in Genf.

Von Genf aus kommt Prinzessin Elisa 20 Jahre später nach Baden zur Kur. Im «Officiellen Fremdenblatt», in dem täglich alle Kurgäste aufgelistet werden, steht während der ganzen Kursaison 1889 von Anfang April bis Ende Oktober unter Grand Hôtel: «Son Altesse la Princesse E. de Stirbey avec femmes de chambre, Genéve.»

Illustrer könnte die Gesellschaft im Grand Hôtel kaum sein: Zur gleichen Zeit residieren hier zeitweise auch der Schriftsteller Gottfried Keller, der Maler Arnold Böcklin, der gesamte Generalstab der Schweizer Armee unter Führung von Oberst-Divisionär Pfyffer von Altishofen, die Industriellenfamilie Peugeot und immer wieder französische, italienische, englische, russische und deutsche Adelige und Diplomaten.

Zuoberst auf der Gästeliste

Auch in der Saison 1890 steht Prinzessin Elisa stets zuoberst auf der Gästeliste des Grand Hôtels. Gut möglich, dass sie auch den Winter in Baden verbracht hat. Vom 6. bis zum 24. Juni 1890 hat Prinzessin Elisa laut dem Fremdenblatt Besuch von einer «Princesse A. de Stirbey» – vermutlich ihre Nichte Adina. Deren Vater, Elisas Bruder Alexander, ist nach seiner Rückkehr aus dem Exil rumänischer Innen- und Finanzminister geworden.

Am 27. Juli 1890 stirbt Prinzessin Elisa im Alter von 63 Jahren in Baden. Woran, bleibt ihr Geheimnis. Makabres Detail: Der letzte Eintrag im Fremdenblatt datiert vom 6. August 1890. Anscheinend dauerte es über eine Woche, bis der Tod der Prinzessin offiziell registriert wurde.