Die Teilnahme an der Tanz-Demonstration «Standortfucktor» in Winterthur am 21. September 2013 wird eine junge Frau wohl nie mehr vergessen. Sie erlitt durch einen Schlag einen bleibenden Schaden am rechten Auge. In der Folge erstatte sie Anzeige gegen die Winterthurer Stadt- und Zürcher Kantonspolizei.
Ihre Vermutung: Sie war von einem Gummischrot-Geschoss getroffen worden. Sie verfüge seither nur noch über ein Sehrvermogen von 20 bis 30 Prozent, so ihr Anwalt. Seine Mandantin habe durch die Verletzung «erhebliche Probleme im Alltag».
Wie der Winterthurer «Landbote» am Freitagmorgen berichtete, soll gegen die Ordnungshüter kein Verfahren eröffnet werden. Der Verdacht, dass die Verletzungen am Auge durch den Polizeieinsatz erfolgten, könne durch die Beweislage nicht erhärtet werden.
Markus Bischoff, der Anwalt der jungen Frau, kritisiert gegenüber watson den Bericht der Staatsanwaltschaft. «Die Polizei hat nicht geklärt, wo überall mit Gummischrot geschossen wurde», so Bischoff. Auch die Behauptung der Staatsanwaltschaft, wonach die Verletzungen am Auge durch einen Stoss mit einem Ellbogen verursacht worden sind, sei falsch. «Meine Mandantin hat dies so nie erwähnt, sie sprach immer von einem plötzlichen Schlag, der von einem Gummischrot verursacht wurde», begründet ihr Anwalt Bischoff.
Die Staatsanwaltschaft schreibt in ihrem Bericht, der watson vorliegt, das anhand des vorhandenen Video-Beweismaterials kein Verdacht vorliege, dass die Polizei zum Zeitpunkt der Verletzung in der Nähe der jungen Frau mit Gummischrot geschossen habe.
Markus Bischoff kritisiert indes dieses Videomaterial: «Bei den Filmaufnahmen der Winterthurer Stadtpolizei fehlt die Echtzeit, weil die verwendeten Kameras nicht geeicht waren.» Dadurch fehlten klare Feststellungen über den Gummischroteinsatz. Der Anwalt will den Entscheid der Staatsanwaltschaft ans Obergericht weiterziehen.
Der Leitende Staatsanwalt Rolf Jäger widerspricht dem. Die Polizei habe während dem Einsatz « protokolliert, wo und wann welche Einsatzkräfte» waren. Er bedauerte, dass die junge Frau verletzt wurde. «Die Vorermittlungen ergaben aber keinen hinreichenden Anfangsverdacht, dass die tragischen Verletzungen durch den Polizeieinsatz verursacht wurden», sagt Jäger gegenüber watson.
Bei der «Tanz dich frei»-Demonstration Ende September 2013 wurden 93 Personen verhaftet, elf verletzt. Ein Polizist trug einen Hörschaden davon, weil neben ihm eine Knallpetarde explodierte, ein anderer wurde ebenfalls durch eine Knallpetarde am Kinn verletzt.
Wieso auch abklären, sie würden sowieso freigesprochen.
Und um zu entscheiden, dass man nichts entscheidet, braucht die Zürcher Stadtpolizei, welche beauftragt war zu entscheiden ob gegen die eigenen Kollegen aus Winterthur eine Untersuchung gestartet wird, 1 1/2 Jahre. beachtliches Tempo!