Kommentar
US-Wahlen 2016

Wer oder was kann Donald Trump jetzt noch im Zaum halten? Nicht mehr viel!

Republican presidential candidate Donald Trump holds up a Donald Trump mask during a campaign speech, Monday, Nov. 7, 2016, in Sarasota, Fla. (AP Photo/Chris O'Meara)
Bild: Chris O'Meara/AP/KEYSTONE
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Wer oder was kann Donald Trump jetzt noch im Zaum halten? Nicht mehr viel!

09.11.2016, 10:4309.11.2016, 15:32
Kian Ramezani
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Trump wird der 45. US-Präsident – sein erster Auftritt in Bildern
quelle: x90033 / mike segar
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Unzählige Artikel sind geschrieben worden, wie eine Trump-Präsidentschaft aussehen könnte. Aufgrund zweier Unwägbarkeiten fielen sie stets sehr vage aus. Die eine wurde mit seinem Sieg bereinigt, die andere bleibt vorerst bestehen: Wofür steht der 70-Jährige wirklich? Glaubt er all das, was er in den vergangenen 16 Monaten von sich gegeben hat?

Für den Fall, dass Trump tatsächlich eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, ein Einreisemoratorium für Muslime verhängen, die Folter wieder einführen und Obamas Gesundheitsreform kassieren will, stellt sich eine dritte, zentrale Frage:

Wer oder was könnte ihn daran hindern?

Ein US-Präsident gilt als mächtigster Mann der Welt, doch die Amerikaner halten – zumindest in der Theorie – viel auf ihre «Checks and Balances», welche seinen Handlungsspielraum eingrenzen. Seine Minister müssen vom Senat bestätigt werden. Der Kongress muss sein Budget billigen. Der Oberste Gerichtshof kann seine Gesetze für verfassungswidrig erklären.

Derzeit sieht es aber nicht danach aus, als ob Präsident Trump hier mit nennenswertem Widerstand rechnen muss. Sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus werden weiterhin von den Republikanern kontrolliert. Und selbst jene Republikaner, die sich während des Wahlkampfs von ihm distanzierten, müssen seinen grandiosen Sieg zur Kenntnis nehmen und ihre Schlüsse daraus ziehen. Wie hatte der Senator von South Carolina, Lindsey Graham, gesagt? Wenn Trump gewinnt, dann definiert er, was republikanisch ist, und nicht Parteiveteranen wie er selbst.

Das letzte Korrektiv wäre die demokratische Minderheit im Senat, die mittels sogenanntem Filibuster (Endlosdebatte) Gesetzesvorhaben verhindern kann. Um diesen zu brechen, bräuchten die Republikaner in der kleinen Kammer eine Super-Mehrheit von 60 Sitzen. Die werden sie nicht haben. Wählen sie die «nukleare Option» und streichen den Filibuster per einfacher Mehrheit aus den Regeln des Senats, dann hätten sie auch hier völlig freie Hand.

Zum Beispiel bei der Vakanz des Obersten Gerichtshofs, wo seit dem Tod Antonin Scalias ein 4:4-Patt zwischen progressiven und konservativen Richtern herrscht. Bringt Trump hier einen Kandidaten seiner Wahl durch, dann wird auch das höchste Gericht des Landes wieder von den Republikanern kontrolliert. Bei der nächsten Vakanz – zwei Bundesrichter sind über 80 Jahre alt – kann er diese Vormacht zementieren. Ein Abtreibungsverbot – so etwas wie der heilige Gral der Konservativen – würde in greifbare Nähe rücken. 

Wenn noch einige Zweifel darüber bestehen, was Trump machen wird, scheint einigermassen klar, was er nicht machen wird: Keine Verschärfung der Waffengesetze, keine Reform der Einwanderungsgesetze. Die beiden grössten innenpolitischen Baustellen der USA bleiben bestehen.

Vielleicht überrascht uns Trump ein letztes Mal und alles kommt ganz anders. Wahrscheinlich nicht.

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Triumvir
09.11.2016 11:09registriert Dezember 2014
Es würde mich auch nicht überraschen, wenn Trump die vier Jahre gar nicht überstehen würde. Denn der hat sicher noch mehr Leichen im Keller seiner Türme liegen, als ein gewisser Nixon. Es könnte aber auch gut sein, dass er seine Zeit im weissen Haus primär mit Golfspielen verbringen wird und ansonsten seinen Beratern das politische Tagesgeschäft überlassen wird. Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht, denn ausser Mauer bauen, Steuern für Reiche senken, Autobahnen bauen (Adolf lässt grüssen) und kräftig Foltern, hat der Typ ja nicht einen umsetzbaren politischen Vorschlag gemacht...
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walsi
09.11.2016 11:07registriert Februar 2016
Kian ist immer noch in einer Schockstarre. In solchen Situationen sollte man keine Kommentare schreiben. Ruhig durchatmen, reflektieren was passiert ist. Sich selber hinterfragen, wo hat man geirrt, darüber nachdenken und dann schreiben. Die Qualität des geschriebenen nimmt markant zu.
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chilli37
09.11.2016 12:24registriert Mai 2015
Meine Erkenntnisse dieser Wahl:
1. Wahl- und Abstimmungsprognosen sind nicht nur fürn Arsch, sie können den Ausgang auch massgeblich beeinflussen, weil sie die vermeintlichen Gewinner lethargisch macht und die Gegenseite anstachelt und mobilisiert. Siehe hier, MEI, Brexit
2. Die US-Bevölkerung (v.a. die ländliche) hatte doch mehr Groll gegen Obama resp. die Demokraten als angenommen, resp. kolportiert.
3. Eine Kandidatin die trotz Affronts der Gegenseite gegenüber Frauen und Immigrants, genau in diesen Gruppen nicht Punkten kann, hat ein grosses Problem.
4. #grabspopcorn
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