«Depp vs. Heard» war der Prozess des Jahres – Millionen Schaulustige verfolgten die Fehde zwischen zwei Hollywood-Millionären, die fast täglich im Livestream übertragen wurde. Im Juni folgte das Urteil, Johnny Depp wurde in den meisten Punkten recht gegeben.
Dass das Spektakel früher oder später verfilmt wird, war eine Frage der Zeit. Dass es aber so schnell gehen würde, damit haben wohl die wenigsten gerechnet: Nur gerade vier Monate später ist das nun der Fall. Und nein, die Dreharbeiten beginnen nicht jetzt – sie sind schon zu Ende. Am Freitag erschien der Film «Hot Take: The Depp/Heard Trial» auf Tubi. Der kostenlose US-Streamingdienst ist allerdings nur in den USA, Kanada, in Lateinamerika, Australien und Neuseeland verfügbar.
Allen, die sich als erstes gefragt haben, wie der Film das wohl darstellen würde, sei verraten: Die Kot-auf-dem-Bett-Szene wurde nicht nachgestellt.
Das meiste andere ist genau das – nachgestellt. Der Film versucht, auf drei Ebenen gleichzeitig zu tanzen: der Prozess, die Beziehung der beiden Schauspieler und die öffentliche Meinungsbildung durch Social Media. Sehr sportlich in einer Stunde und 20 Minuten, also eigentlich unmöglich.
Und hier sind wir schon beim Kern des Problems: Der Prozess im Mai war schon so spannend, dass es kaum einem Film gelingen wird, tatsächlich an die Unterhaltsamkeit der Realität herankommen wird. Erst recht keiner, der vier Monate danach abgedreht wurde.
Die Szenen, die man in «Hot Take» zu sehen kriegt, sind denn auch entweder eins zu eins nachgestellt (im Gericht) oder zeigen den Erzählungen von Heard und Depp folgend die Entwicklung deren nicht ganz einfacher Beziehung. Dort, wo die Beschreibungen auseinandergehen, werden die Szenen einfach doppelt gezeigt: einmal Heards Version, einmal Depps Version. Neu sind lediglich die Konversationen von Depp und Heard mit ihren Anwältinnen – von denen wir aber nicht wissen, ob sie sich auch so abgespielt haben.
Und dann ist da natürlich noch der Fakt, dass es ein Low-Budget-Film ist, was unübersehbar ist. So ist es schlecht vorstellbar, dass einer der beiden eine so kleine und eher unluxuriösen Wohnung bewohnt haben soll. Die Umgebungen wurden grösstenteils rausgeschnitten und gefühlt 90 Prozent des Filmes sind Nahaufnahmen der beiden Schauspieler – was es früher oder später (eher früher) ziemlich unangenehm macht.
Am Ende ist es gelinde gesagt speziell, einen Film über einen Event zu drehen, den die meisten noch ziemlich frisch in Erinnerung haben dürften. Das gilt natürlich auch für die Charaktere, weshalb es etwas verwirrend ist, Schauspielerinnen und Schauspieler, die ihrem Original eher schlecht als recht gleichen, in diesen Rollen zuzusehen. Meistens hat das deshalb mehr von einer schlechten Komödie als von einem spannenden Gerichtsdrama.
Es bleibt also unklar, wer sich diesen Film antun will. Wer sich für den Prozess interessierte, hat ihn entweder live oder in den Medien verfolgt, ist also bereits informiert. Und wer sich damals nicht interessierte, wird wohl auch vier Monate danach keinen Film darüber schauen wollen. Wer den Prozess im Frühling nicht mitverfolgte, nun aber wissen will, was damals geschah, darf sich die eine Stunde und 20 Minuten gerne antun.
Wer sich den Film trotzdem antun will, kann das über einen VPN und auf dieser Website tun.
Am meisten interessieren am Film dürfte die Frage, wie die Schauspielerinnen und Schauspieler aussehen.
Hauptdarsteller Mark Hapka ist «bekannt» aus dem Football-Drama «Blindes Vertrauen», Megan Davis alias Amber Heard durfte ihre Schauspielerfahrungen bei diversen Gastrollen in Serien machen.
Camille Vasquez, Depps Anwältin, die durch ihre Auftritte selbst eine gewisse Bekanntheit erlangte, wird von Melissa Marty verkörpert. Gemäss «filmstarts.de» hat es Marty in drei Folgen des «Grey’s Anatomy»-Spin-offs «Seattle Firefighters» geschafft.
Fazit: «Hot Take» kann immerhin mit etwas auftrumpfen: Es ist der erste von wohl mehreren Filmen über den Prozess, die noch folgen werden. Hat man den Film geschaut und sich erste Reaktionen zu Gemüte geführt, kommt man aber zum Schluss: Es wird wohl das einzige bleiben, was sich der Film auf die Fahne schreiben kann.
Is this satire? A comedy?
— Pamela Thistlewaite (@ChironRtrnBomb) September 29, 2022
John Depp is 23 years older than Amber Heard, and you cast the 2003 version of him to play him in 2022 with a woman who looks older than him. He’s a bloated old man now. pic.twitter.com/2cnGAf4yPm
Johnny Depp vs. Amber Heard! You watched it play out in court, now watch it play out on the big screen! The upcoming movie "Hot Take" will examine the courtroom drama in full.
— SUPERKILLER The Comic Book (@italianpepsiman) September 29, 2022
Are you excited for this wacky nonsense?https://t.co/5LLkD6Xw4k pic.twitter.com/r0fftFOCGw
This is a good film considering the speed it was produced.
— Ana Isabelle (@Anaisabelle) September 30, 2022
Hard pass. But hey... Congrats on bringing fans of both sides together in their hatred for this BS. 👏
— Victoria Stradtner (@vstradtner) September 29, 2022
(Das ist nur eine rhetorische Frage)