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Golden Globes: HBO schlägt Netflix und was das für die Oscars bedeutet

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Einfach ein schöner Moment: Beyoncé, Jay-Z und GANZ VIELE LINDOR-KUGELN!!!! sind am Golden-Globes-Spektakel zu Gast.Bild: EPA

Das Netflix-Desaster der Golden Globes und ein paar Oscar-Prophezeiungen

HBO dominierte die Seriensektion, und auf den Tischen tanzten süsse Special Guests aus der Schweiz. Und sonst? Ist mal wieder allzu absehbar, was die Zukunft bringen wird.
06.01.2020, 17:2107.01.2020, 12:30
Simone Meier
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Da zog Netflix also mit grosskotzigen 34 Nominationen in den Kampf und HBO nur mit schwächlichen 12. Und wer verlor? Nicht HBO! Die HBO-Serie «Succession» wurde an den Golden Globes nämlich zur besten Serie der Welt gekürt. Danke, liebe Golden Globis aus der Jury!

«Succession» bietet alles, was man von einer Serie will: Menschen mit und unter Einfluss. Ein Clanchef, der seine Kinder frisst. Degeneration durch Macht. Geld, Gier, Drogen, Sex, unheimlich schnelle, smarte Dialoge, unglaublich darke Abgründe. Ein ätzendes, elegantes Königsdrama im New Yorker Medienmilieu der Jetztzeit. Zwei Staffeln gibts davon schon, die erste ist perfekt, die zweite perfekter. Wie schön, dass Brian Cox in der Rolle des Patriarchen den Golden Globe als bester Seriendarsteller einheimste.

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Wo sind hier die Lindor-Kugeln? Die «Succession»-Crew lässt sich feiern (der Kugelhalter rechts im Bild ist Brian Cox).Bild: EPA

Auch die Kategorie «Miniserie oder TV-Film» ging an HBO, an «Chernobyl», die fesselnde Fiktion über das Reaktorunglück von 1986. Und wer sich angesichts von «Chernobyl» fragt, von wem denn der exzellente Soundtrack stammen könnte – komponiert hat ihn die Isländerin Hildur Guðnadóttir, die am selben Abend einen Golden Globe für ihre Filmmusik zu «Joker» gewann.

Die Golden Globes kennen ein eisernes Gesetz: Wo ein Skarsgård nominiert ist, gewinnt auch einer. Vor zwei Jahren war es Alexander für seine Rolle in der HBO-Serie «Big Little Lies» (das auch jetzt wieder mehrfach zur Wahl stand), heuer war es sein Vater Stellan für seine Rolle in «Chernobyl».

This image released by HBO shows Stellan Skarsgard in a scene from "Chernobyl," named one of the top ten TV shows of the year by the Associated Press. (Liam Daniel/HBO via AP)
Ein Skarsgård geht nie ohne Trophäe nach Hause: Clanvater Stellan in «Chernobyl».Bild: AP

Und was macht unterdessen Netflix? Setzt auf Spielfilme! Will an den klassischen Filmfestivals und Award-Zeremonien präsent sein! Cannes, Venedig, die Oscars. Sind das nicht anachronistische Vehikel einer längst abgehängten Kunst? Offenbar nicht. Offenbar bringen sie noch immer so viel Pomp, Prestige und Promotionsmöglichkeiten, wie man sie mit Serien ausserhalb der Emmys und der Golden Globes nicht kriegen kann. Nach gut zwei Jahrzehnten des globalen Serienkults ist dies doch eine einigermassen erstaunliche Einsicht.

Im Kampf um den besten Film stritten sich am Sonntag gleich drei Netflix-Produktionen: «The Irishman» von Klassiker Scorsese, «Marriage Story» vom ewig hippen Noah Baumbach und «The Two Popes» von Fernando Meirelles.

This image released by Netflix shows Laura Dern, left, and Scarlett Johansson in "Marriage Story." (Netflix via AP)
Laura Dern (links) und Scarlett Johannsson überlegen hier in «Marriage Story» gerade, wie sie Adam Driver das Leben möglichst schwer machen könnten.Bild: AP

Und das Resultat war: ein Golden Globe für Laura Dern als fiese Scheidungsanwältin in «Marriage Story». Und ein einziger weiterer Preis in der Serienabteilung: Die letztjährige Oscar-Preisträgerin Olivia Colman siegte als Queen in «The Crown». Bei 34 Nominationen dürfte dies die magerste Ausbeute seit Netflix-Gedenken sein. Zuneigung geht anders. Offenbar hatte sich die Jury nicht mit den adretten schwarz-goldenen Netflix-Badelatschen bestechen lassen, die in Beverly Hills allenthalben gesichtet wurden.

Was bedeuten die Golden Globes nun allgemein für die Oscars? Nichts Prickelndes. Die Oscars werden heuer sehr solide. Mit erwartbaren Gewinnerinnen und Gewinnern, gegen die nicht allzu viel einzuwenden sein wird. Aber es wird in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar nichts grundsätzlich Neues von der Westküste Amerikas zu berichten sein.

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Vor 15 Jahren spielten Reese Witherspoon und Joaquin Phoenix in «Walk the Line» ein Ehepaar namens Cash. Jetzt begegnen sie sich einfach so wieder!Bild: EPA

Angenommen, die zehn Filme, die in den Kategorien Drama und Musical or Comedy um die Globes kämpfen, wären wieder für die Oscars nominiert – so wäre kein einziger von einer Frau. Realistischerweise wird aber wohl einer der zehn durch Greta Gerwigs «Little Women» ersetzt werden, die auch noch eine Topchance auf das beste adaptierte Drehbuch haben dürfte. Eine einzige Frau also. Okay.

Joaquin Phoenix («Joker») und Renée Zellweger («Judy») dürften für die besten Hauptrollen gesetzt sein. Für Phoenix und Zellweger wäre es bereits die vierte Nominierung, für Zellweger gar der zweite Oscar. Wesentlich erfrischender wären da Adam Driver («Marriage Story») und Saoirse Ronan («Little Women») . Allerdings wäre es für sie auch schon die vierte und für ihn die zweite Nominierung.

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Was versteckt sich denn hier zwischen Tarantino und einer Flasche Moët? Na? Süsse Special Guests aus der Schweiz!Bild: EPA

Was auch für Sam Mendes mit seinem Globe-Gewinner, dem Erstweltkriegs-Epos «1917» gilt. Niemand würde dem Ex-Gatten von Kate Winslet und Regisseur von «American Beauty», «Revolutionary Road» und «Skyfall» im Ernst seinen zweiten Regie-Oscar verübeln, und auch Quentin Tarantino ist mit drei Golden Globes für «Once Upon a Time in Hollywood» für den einen oder andern Oscar prädestiniert. Eine Überraschung geht natürlich anders. Eine Überraschung wäre Todd Phillips («Joker») oder Greta Gerwig oder Gerwigs Lebensgefährte Noah Baumbach.

Greta Gerwig, left, and Noah Baumbach arrive at the 77th annual Golden Globe Awards at the Beverly Hilton Hotel on Sunday, Jan. 5, 2020, in Beverly Hills, Calif. (Photo by Jordan Strauss/Invision/AP)
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Ob das Regiepaar Greta Gerwig und Noah Baumbach bei den Oscars wohl gegeneinander antritt? Bild: AP

Netflix wird wieder sehr präsent sein, aber vermutlich preislos bleiben, wenn nicht auch da Laura Dern beste Nebendarstellerin wird. Awkwafina, die als erste asiatisch-amerikanische Schauspielerin den Golden Globe für «The Farewell» entgegen nahm, wäre allerdings die interessantere Wahl.

Apropos «The Farewell», der bei den Globes in der Kategorie bester fremdsprachiger Film nominiert war: Am 13. Januar werden die Oscar-Nominationen verkündet, und wer sich vor der längsten Nacht von Hollywood noch etwas richtig Besonderes gönnen will, soll sich auf die Kategorie «Best Foreign Language Film» stürzen. Da dürfte es heuer nämlich weit spannender und brillanter zu und her gehen als unter den besten englischsprachigen Filmen. Die Kandidaten dürften mit grosser Wahrscheinlichkeit «The Farewell» (ein Streitfall allerdings, ob dieser unter den englisch- oder fremdsprachigen Filmen ins Rennen gehen wird), «Parasite», «Les Misérables», «Dolor y Gloria» heissen. Und das wären tatsächlich ein paar ungemein sehenswerte Filme.

Der Rest wird ... ... ... (wann geht die nächste Staffel «Bachelorette» wieder los?)

Oscar-Nominationen: 13. Januar.
Die Oscars: In der Nacht vom 9. auf den 10. Februar. Wie immer live bei uns – mit Anna Rothenfluh und Simone Meier

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quelle: ap / fran?ãŸois duhamel
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14 Kommentare
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Pitefli
06.01.2020 20:06registriert April 2019
Mit "GANZ VIELE LINDOR-KUGELN" brauchte ich ewigs bis ich verstanden hab dass nicht Beyoncé damit gemeint ist 🙈
Ein toller und erfrischender Artikel, danke.
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sweeneytodd
06.01.2020 18:23registriert September 2018
Bei solchen Preisen geht es doch nicht um Statements zu setzen, sondern darum die besten Leistungen auszuzeichnen. Diesesmal sind es halt viele Männer die mit ihren Filmen überzeugen konnten, na und? Hab nicht ganz alle Filme/Serien gesehen, aber die Preisträger haben in den meisten fällen verdientermasen gewonnen. War das in gewissen Kategorien erwartbar? Ja, aber Filmpreise sind auch keine Lottopreise. Wäre ja wie wenn man beim Pulitzerpreisen nicht die besten nich die besten Journalistischen Arbeiten krönen würde sondern BILD/Blick, weils ja eine überraschung wäre.
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Nik G.
07.01.2020 08:47registriert Januar 2017
Die Nominationen werden von Journalisten gemacht und nicht von den Studios. Was soll dieses Netflix gebashe in diesem Bericht? Netflix macht gute Serien. HBO macht weniger dafür teilweise bessere (Got war anfangs auch gut....).
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