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Mit «Wir sind die Welle» fordert Netflix die Generation Greta heraus

Wir sind die Welle Netflix Serie
Auf den iPhones im Pausenhof gehen die Videos der maskierten Ökorebellen viral.Bild: Netflix

Netflix fordert mit neuer Serie «Wir sind die Welle» die Generation Greta heraus

Ökoterroristen statt Neonazis: Netflix verfilmt den Jugendbuchklassiker «Die Welle» neu. Mit der Neuinterpretation wird deutlich, dass sich jede Ideologie zum Extremismus steigern kann.
07.11.2019, 15:4907.11.2019, 17:20
Raffael Schuppisser / ch media
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Was im Klassenzimmer beginnt, kann eine unheilvolle Dynamik annehmen. So ist das im Jugendroman «Die Welle» von Morton Rhue aus dem Jahr 1981. Kaum eine Klasse hat ihn nicht gelesen, zeigt er doch eindrücklich, wie schnell aus kritischen Menschen faschistische Wesen werden, wenn sie sich in einer Gemeinschaft aufgehoben fühlen. Dies führt ein Lehrer seinen Schülern schmerzhaft in einem Experiment vor Augen – das erst gestoppt wird, als ein jüdischer Schüler Gewalt erfährt.

Wir sind die Welle Netflix Serie
Tristan (Ludwig Simon, 2. von links) mit Mitstreitern.Bild: Netflix

Die deutsche Netflix-Serie «Wir sind die Welle» nimmt diesen Stoff auf. Ausgangspunkt ist aber nicht ein Lehrer, sondern ein neuer Mitschüler. Tristan (Ludwig Simon) betritt in Jogginghose, Plastikzasche und Kapuzenpulli den Raum.

Er kennt sich nicht nur mit dem Algerienkrieg aus, spricht Arabisch und hat linksideologische Überzeugungen, sondern lebt sie auch («Ich war im schwarzen Block in Hamburg mit dabei, selbst die Bullen hatten Schiss vor uns.») und kann seine Mitschüler dafür begeistern.

Wir sind die Welle Netflix Serie
Bild: Netflix

Bald bildet sich um ihn eine Gruppe, die mit radikalen Aktionen gegen die Umweltsünden der Grosskonzerne, SUV-Fahrer, Plastik-Konsumenten und die Praktiken der Schlachthöfe vorgeht. Auf den iPhones im Pausenhof gehen die Videos der maskierten Ökorebellen viral.

Die «Zeit» mag den Linkstwist nicht

Die deutsche Serie des US-Streamingriesen dreht den Ursprungsstoff ins Linksextreme, spinnt radikale Tendenzen, wie man sie in der Umweltbewegung «Extinction Rebellion» sieht, weiter und fordert damit die Generation-Greta heraus. Das gefällt nicht allen.

«Die Zeit» kann mit diesem neuen Twist nichts anfangen, hält ihn für «schlechtes Timing», beklagt mangelndes «Fingerspitzengefühl». Der Autor hätte sich stattdessen eine Serie über «die jugendliche Radikalisierung nach rechts» gewünscht.

Dabei ist dieser neue Dreh das Spannendste an der Serie. Schliesslich wird mit dieser Neuinterpretation deutlich, dass sich jede Ideologie zum Extremismus steigern kann.

Wir sind die Welle Netflix Serie
Bild: Netflix

Wie weit darf man gehen für seine Anliegen? Diese Frage stellen sich nicht nur die Jugendlichen in der Serie, sondern auch die Zuschauer. Denn mit einigen der Überzeugungen der Gruppe kann man durchaus Sympathien haben.

Über weite Strecken ist «Wir sind die Welle» aber allzu belangloses Jugendfernsehen über den Wert der Freundschaft, Ausgrenzung und die Liebe. Das wird zwar packend inszeniert, aber auch mit ganz schön viel Pathos vorgetragen.

Streaming-Serie: «Wir sind die Welle»
6 Episoden à 50 Minuten auf Netflix

(aargauerzeitung.ch)

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlingel
07.11.2019 16:07registriert März 2018
Super Artikel. Hört sich spannend an. Werde ich mir wohl anschauen. Der Autor des "Zeit" Artikels hingegen hört sich schon ein wenig lächerlich an. Ist ja genau spannend, dass es mal um eine linksgerichtete Ideologie geht. Trifft genau den Nerv der Zeit. Denn egal ob links oder rechts, auf beiden Seiten gibts radikale Gruppierungen, welche gefährlich sein können. Warum also nicht mal über gefährliche Linksradikalisierung? Aber der Herr will wohl nichts anderes sehen, als dass "rechts" das Böse ist. Ist etwa das gleiche wie die USA/Russland oder Cowboy/Indianer Schiene in Hollywood.
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yolomarroni
07.11.2019 15:59registriert August 2014
Ist es Extremismus wenn man etwas gegen das System hat? Im Beispiel Klima muss man doch ernsthafte Kritik am profitorientierten System anbringen, dass nachweislich einen grossen Einfluss auf den übermässigen Ressourcenverbrauch hat. Wenn man diese Meinung nun vertritt, ist man dann ein radikaler Extremist?
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sapperlord
07.11.2019 16:06registriert September 2015
Kleine Anmerkung: Der neue Mitschüler heisst in der Serie Tristan. 👍🏽
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«Mein Mann ist vor unseren Freunden ein richtiges Arschloch zu mir!»

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