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Good Girls Revolt – die Serie über Frauenrechte in den 70ern

«Good Girls Revolt» – Wie Frauen in den Siebzigern dafür kämpften, schreiben zu dürfen

Bild: amazon studios
08.03.2017, 20:5309.03.2017, 08:28
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Es gibt Rechte, die sind scheinbar so selbstverständlich, dass sie nicht mehr hinterfragt werden. Stell dir vor du bist bestens ausgebildet, talentiert, arbeitest hart und bleibst, wenn es sein muss, auch mal bis spätnachts im Büro. Du lebst, um zu schreiben. Und doch kannst du deinen Namen nicht unter deinen Artikel setzen. Denn du bist eine Frau.  

Während die Männer auf einer erhöhten Plattform sitzen, drängen sich die Frauen eine Etage tiefer.

Klingt abwegig? Bis 1970 war das im amerikanischen Magazin «Newsweek» üblich. Frauen sind den Männern Gehilfinnen, die niedere Arbeiten erledigen. All das Zeug eben, das anstrengt und deutlich weniger Spass macht, als die Details stilsicher aufpoliert zu einem Text zusammenzuführen. Telefonieren, recherchieren, Dokumente kopieren, hin und wieder einen Kaffee für den Boss aufsetzen. Frauen müssen ran, wenn es brennt und bekommen im Gegenzug weniger Gehalt und keinerlei Aufstiegschancen. Dass sie die Texte der Redakteure und Reporter vor- und umschreiben – geschenkt.

Die Serie «Good Girls Revolt» beruht auf den gleichnamigen Memoiren von Lynn Povich, einer von 46 Journalistinnen, die 1970 ihre Arbeitgeber des New Yorker Newsweek-Magazins wegen Diskriminierung verklagten. Die Amazon-Serie ist ein gelungenes Lehrstück über historische Ereignisse, die aus der Perspektive der betroffenen Frauen geschildert werden. In Povichs fiktionalisierter Version wird den Hauptcharakteren bewusst, dass sie sich gegen die ungerechten Strukturen an ihrem Arbeitsplatz auflehnen müssen, um gleichberechtigt zu arbeiten.  

Da gibt es Patti, ein rothaariges Hippie-Mädchen, das nicht nur einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit hat, sondern auch mit Vorliebe bekifft Nachrichten schaut. Konträr dazu verhält sich die privilegierte, konservative Jane (weiss, blond, reich), die trotz Sinnesschärfe und Intellekt immer noch darauf hofft, geehelicht zu werden. Und Cindy, die noch genau ein Jahr hat, bevor sie den Dienst als Hausfrau und Mutter antritt, ohne vom Ehemann nach ihren eigenen Wünschen gefragt zu werden. Warum auch? Ein Loch im Diaphragma reicht als Antwort aus.  

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Es sind die Details, die «Good Girls Revolt» auszeichnen. Das Set im 70er-Jahre Stil prägt das Visuelle genauso wie der analoge Büroalltag ohne Mails und Smartphone. Die Charaktere nehmen von Folge zu Folge mehr Gestalt an und lassen den Zuseher an ihren inneren Konflikten teilhaben.  

Der Kampf der Frauen und ihre steten Bemühungen, die Welt ein kleines bisschen gerechter zu machen, wird sensibel aufgearbeitet und tut vor allem dort weh, wo Parallelen zur heutigen Zeit sichtbar werden.

Das verflixte mit den Rechten ist immer noch, dass sie erkämpft werden müssen – und niemals in Stein gemeisselt sind.

Obwohl sich die Frauen dazu entschliessen, das Magazin anzuklagen, werden die Männer nicht als Gegner portraitiert, sondern als das, was sie sind: Partner, Liebhaber, Freunde und Gesprächspartner, die mithilfe ihrer Kolleginnen ein qualitativ hochwertiges Magazin schaffen, das Woche für Woche die neuesten Drehs zu Streiks, Bürgerrechtsbewegungen und Krieg hervorbringt.  

Begleitet werden sie von der Anwältin Eleanor (Joy Bryant), die als junge schwarze Anwältin, Professorin und Aktivistin nicht nur Beistand leistet, sondern auch aufklärt.

«Ungerechtigkeit tut weh, nicht wahr? Das ist euer Beweis, dass hier etwas nicht stimmt. Ignoriert das nicht.»
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Das vielleicht Schwerste: Sobald die Frauen Beschwerde einreichen, ist jeder Platz, den sie bekommen, einer, den sie den Männern wegnehmen. «Wir haben der Welt eine Botschaft zu vermitteln», so Eleanor. «Und wir werden es nicht länger hinnehmen, Bürger zweiter Klasse zu sein. Nicht bei News at the Week, noch bei der Post, noch bei der Bank. Es geht nicht ohne Blutvergiessen». Etwas, das vor allem denjenigen auffällt, die sich mit der Situation arrangiert hatten, und kurz vor einem angenehmen Leben ohne finanzielle und berufliche Probleme standen. Anerkennung für die Rolle abzugeben, die sie tadellos erfüllten, erschien zu aller Erst: unbequem und unvorsichtig. Von der Möglichkeit, die Stelle zu verlieren, gar nicht anzufangen.  

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Immer wieder treffen sich Patti und Cindy auf der Toilette und später in Pattys Wohnung um den Plan auszuführen. Es ist interessant mitanzusehen, wie die Frauen nach und nach erwachen und sich aus ihrer Unterlegenheitsposition emanzipieren. Cindy aus ihrer Ehe, Patty aus den Machtstrukturen ihrer Beziehung zu einem Reporter und Jane aus der Gunst ihres Vaters.  

In «Good Girls Revolt» kämpfen gebildete Frauen aus guten Verhältnissen für etwas, das ihnen eigentlich per Gesetz zustehen müsste. Gerade weil sie über die Privilegien verfügen, ist es ihre Pflicht, erstmal für diejenigen zu sprechen, die keine Stimme haben und so etwas anzustossen, das gesamtgesellschaftliche Auswirkungen mit sich bringt. 

Letztlich geht es um die Frage nach dem Status Quo. Wann lohnt es sich, Bestehendes in Frage zu stellen – und was ist der Preis dafür? Wie kann ein glückliches Leben aussehen, wenn dafür persönliche Einbussen in Kauf genommen werden müssen?  

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