In Irland wurde ein Mann freigesprochen, der eine Vergewaltigung begangen haben soll. Das Argument der Verteidigung: Die Frau habe den Vorfall durch das Tragen von Reizwäsche provoziert. Seither verbreitet sich auf Twitter ein neues Hashtag:
#ThisIsNotConsent
Oft hat man das Gefühl, dass solche Hashtags nicht mehr als ein Strohfeuer sind. Doch die folgenden fünf Beispiele zeigen auf, dass Hashtags durchaus die Macht haben, Veränderungen in Gang zu setzen.
Das Hashtag wurde zusammen mit einem Video namens «Kony 2012» am 5. März 2012 veröffentlicht. Hinter der Aktion stand die kalifornische Non-Profit-Organisation Invisible Children.
Die Organisation wollte mit dieser Aktion auf den ugandischen Rebellenführer Joseph Kony aufmerksam machen. Kony ist in mehr als zwei Dutzend Fällen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Durch die Aufmerksamkeit erhoffte man sich, Kony bis zum Ende des Jahres 2012 gefasst zu haben.
Das Video und das dazugehörige Hashtag verbreiteten sich innerhalb von wenigen Tagen millionenfach über die sozialen Medien. Auf Youtube und Vimeo hatte das Video nach nur vier Tagen schon fast 100 Millionen Zugriffe.
Viele Menschenrechtsorganisationen begrüssten die Kampagne und auch Promis setzten sich für Kony 2012 ein. Es gab aber auch Kritik, wonach das Video die tatsächliche Lage in Uganda zu sehr simplifiziere und einfach nur in Gut und Böse einteile.
Die Hashtag-Kampagne wurde 2016 von einem ehemaligen Mitarbeiter von Amnesty International gestartet.
Die Aufmerksamkeit sollte Unternehmen dazu bewegen, dass sie nicht mehr bei Zeitungen Inserate schalten, die Hassschlagzeilen publizierten, um die Auflage zu steigern. Unter anderem nannte die Kampagne die Zeitungen «The Daily Mail» und «The Sun» als Beispiele. Stop Funding Hate unterstellte diesen Zeitungen unter anderem, dass sie undifferenzierte Artikel publizierten und so gegen Minderheiten und Immigranten hetzen würden.
Bereits nach wenigen Tagen wurden das dazugehörige Video und das Hashtag mehrere zehntausend Mal geteilt. Auf Facebook wurde die dazugehörige Facebook-Seite in nur drei Tagen von 70'000 Personen geliked. Von den betreffenden Zeitungen und eher rechten Bloggern wurde die Aktion hauptsächlich als ein Versuch gewertet, die freie Presse von Grossbritannien zu zensieren.
Update: Another brand, Craft Gin Club says: 'We're currently looking into it to ensure our ads don't appear by content not in line with our values' following #StopFundingHate requests as ads automatically appear around Richard Littlejohn's column https://t.co/KVvbpD74cL pic.twitter.com/dq00IWS6iE
— HuffPost UK (@HuffPostUK) 16. Februar 2018
Am 5. September 2014 postete die Inuk-Kanadierin Holly Jarrett auf Facebook folgendes Foto:
Sie postete dieses Bild, nachdem ihre Cousine ermordet in einem Fluss gefunden wurde.
Jarrett wollte das öffentliche Interesse auf die Problematik von indigenen Frauen in Kanada lenken. Denn obwohl diese nur 4,3 Prozent der kanadischen Bürgerinnen ausmachen, sind sie 4,5 Mal mehr von tödlichen Gewaltverbrechen betroffen als andere Frauen. Trotz dieses erschreckenden Ungleichgewichts hatten sich die zuständigen Behörden, auch nach vorherigen Kampagnen, bisher geweigert, eine landesweite Untersuchung einzuleiten.
Jarretts Post wurde schon bald tausendfach in den sozialen Medien unter dem Hashtag #AmINext geteilt. Indigene Frauen in ganz Kanada taten es Jarett nach und luden Fotos von sich hoch, auf dem das Hashtag zu sehen war.
Die Bewegung kritisierte vor allem, dass es keine landesweite Untersuchung gebe, weil die Administration von Premierminister Stephen Harper die kulturellen Rechte von indigenen Völkern herunterspielen würde – was dieser verneinte.
Der Hashtag tauchte erstmals 2013 nach einem Gerichtsentscheid in den USA auf. Beim Prozess wurde der damals 28-jährige Nachbarschaftswachmann George Zimmerman freigesprochen, nachdem er den 17-jährigen Afroamerikaner Trayvon Martin, angeblich aus Notwehr, erschossen hatte. Als Eltern des Hashtags gelten Alicia Garza und Patrisse Cullors.
Das Hashtag sollte auf die Gewalt aufmerksam machen, die Afroamerikanern noch immer überdurchschnittlich oft widerfährt. Vor allem den Umstand, dass viele schwarze Amerikaner unter Polizeigewalt und Racial Profiling leiden, thematisierte diese Kampagne.
#BlackLivesMatter verbreitete sich so schnell, dass das Hashtag 2014 von der American Dialect Society zum Wort des Jahrs gewählt wurde. Leute gingen schon bald landesweit auf die Strasse, um gegen Polizeibrutalität zu protestieren.
Viele Zeitschriften widmeten Black Lives Matter eine Titelgeschichte, das «Time»-Magazin nominierte den Begriff sogar als Person des Jahres. Durchgesetzt hat sich dann allerdings Angela Merkel.
Kritisiert wurde die Bewegung – unter anderem auch von Afroamerikanern – dafür, dass die pauschale Aussage, die Polizei würde unschuldige Schwarze erschiessen, eine gefährliche Lüge sei.
#MeToo wurde ursprünglich bereits 2006 von der Aktivistin Tarana Burke verwendet – damals allerdings noch auf MySpace. Weltweit bekannt wurde das Hashtag erst, nachdem Schauspielerin Alyssa Milano es am 15. Oktober 2017 auf Twitter verwendete. Milano erklärte später, dass der Begriff ursprünglich von Burke stammte.
If you’ve been sexually harassed or assaulted write ‘me too’ as a reply to this tweet. pic.twitter.com/k2oeCiUf9n
— Alyssa Milano (@Alyssa_Milano) 15. Oktober 2017
Milano setzte ihren Tweet mit dem Hashtag kurz nach dem Weinstein-Skandal ab. Sie wollte damit auch den Frauen eine Stimme geben, die nicht reich und berühmt sind. Die Aktion sollte aufzeigen, dass Frauen weltweit sexuell belästigt werden und eine Debatte darüber dringend nötig ist. Vor allem auch, weil viele Frauen noch immer Angst haben, sich zu wehren.
Noch am selben Tag wurde das Hashtag auf Twitter über 200'000 Mal verwendet. Diese Zahl stieg am nächsten Tag auf über eine halbe Million. Auch auf Facebook verbreitete sich der Begriff in atemberaubender Geschwindigkeit. Laut der Plattform haben in den ersten 24 Stunden 4,7 Millionen Posts dieses Hashtag verwendet.
Der Begriff trendete in mindestens 85 Ländern der Welt in den sozialen Medien und wurde teilweise auch in andere Sprachen übersetzt.