wechselnd bewölkt
DE | FR
Leben
International

Anti-Nazi-Film aus 1943

«Don't Be a Sucker» – warum sich «Neue Rechte» diesen Film von 1943 anschauen sollten

bild: shutterstock
Nachdem in Charlottesville (USA) demonstriert wurde, dass die sogenannte «Neue Rechte» definitiv erstarkt ist, reagiert das Internet mit einem besonderen Kurzfilm: einem Anti-Nazi-Aufklärungsvideo vom Kriegsministerium aus dem Jahre 1943. 
15.08.2017, 17:1214.11.2017, 13:49
Mehr «Leben»

Sie nennen sich Alt-Right, KKKs oder White Supremacists – doch im Grunde sind sie alle gleich. Sie sind alles «Suckers». Sagt zumindest das Internet. Auf Twitter, Facebook und anderen sozialen Netzwerken kommentieren derzeit nämlich viele US-Amerikanerinnen und Amerikaner die «neue rechte» Hetze, die jüngst in der Universitätsstadt Charlottesville eine Frau das Leben kostete, mit einem Youtube-Link.

«Don't Be a Sucker» heisst es im Titel des 17-minütigen Videos, bei dem es sich um ein 74-jähriges Relikt des US-amerikanischen Kriegsministeriums handelt. 1943 wurde dieser Film zum ersten Mal der amerikanischen Öffentlichkeit gezeigt, um an sie zu appellieren: «Seid keine Schösslinge (engl.: Suckers) faschistischer Hetze!» Auf staatlicher Ebene wollten die USA ihren Bürgerinnen und Bürgern klar machen, dass sich ihr Land keine Fremdenfeindlichkeit, keinen Faschismus und keinen Rassismus leisten kann.

Ein biederes Plädoyer für Diversität

Hauptfiguren des Kurzfilms sind zwei Männer, die beide spontan auf eine öffentliche Kundgebung stossen. Ein älterer und ein etwas jüngerer.

Bild
screenshot: youtube/ khalbrae

«Ich bin ein ganz normaler Amerikaner. Aber ich bin ein amerikanischer Amerikaner», schreit ein weiterer, weisser und stattlicher Mann mit vor Zorn heiserer Stimme in die Menschenmenge hinaus. Er beklagt sich über die Schwarzen, die er «Neger» nennt, die Jobs haben, die eigentlich ihm und seinesgleichen gehören sollten. Dass bringe sein Blut zum Kochen. Das Publikum nickt.

Der ältere Mann schüttelt den Kopf und wendet sich dem jüngeren zu. Er fragt ihn mit deutlich hörbarem osteuropäischen Akzent: «Ich habe solches Gerede auch schon gehört. Aber niemals hätte ich erwartet, dass ich ihm auch mal in Amerika begegnen werde. Glauben Sie diesem Mann?» – «Ich glaube, er weiss, wovon er spricht. Für mich macht das Sinn», entgegnet der jüngere dem älteren in akzentfreiem Englisch.

Bild
screenshot: youtube/ Khalbrae

Der Redner wettert polemisch weiter: «Und ich sage euch, meine Freunde, wir werden dieses Land niemals als unser eigenes bezeichnen können, wenn es nicht ein Land ohne ist. Ohne wen? Ohne Neger. Ohne Ausländer. Ohne Katholiken …» Der jüngere Mann nickt dem Gerede bedacht zu, bis der Referent die nächste Minderheit, die er zu eliminieren vorhat, aufzählt: «… Ohne Freimaurer.» 

Der junge Mann legt die Stirn in Runzeln und murmelt halb vor sich hin, halb dem Alten, der neben ihm steht, zu: «Freimaurer? Was soll falsch sein an Freimaurern? Ich bin einer. Der redet über mich!» – «Sehen Sie», erwidert der Alte, «und das macht den Unterschied, oder?»

Den ganzen Kurzfilm kannst du dir hier anschauen:

Das Original von «Don't be a Sucker» wurde 1943 zum ersten Mal ausgestrahlt. 1947 wurde der Kurzfilm überarbeitet und erneut publiziert.Video: YouTube/Khalbrae
«Wir Menschen sind nicht für Vorurteile gemacht. Sie werden für uns gemacht. Und zwar immer von Menschen, die uns für etwas missbrauchen wollen.»
Der ältere der beiden Männer.

Nach dieser Szene, zeigt der Film dokumentarisch die Folgen des Nazifizierung Deutschlands, wie Separierung einen Staat zerstören kann und wie die die «farbige» amerikanische Armee, über die geschwächten, eigenartigen Nazis triumphierte. 

Am Schluss werden noch einmal die beiden Männern gezeigt, die auf einer Parkbank das vorherige Geschehen reflektieren. Sie konstatieren, dass die USA aus unzähligen Minderheiten bestehen, dass aber gerade auch darin ihr Wert liege. «Persönliche Freiheit, Redefreiheit, Religionsfreiheit sind hier nicht nur schicke Worte, sondern Teil der amerikanischen Lebensqualität. Nagen wir an der Freiheit anderer, bringen wir die eigene in Gefahr», plädiert der ältere Mann, der sich als gebürtiger Ungar outet. 

Alte Schule für moderne Phänomene

Im Zeichen des Rechtsrutsches unter Präsident Trump, der sich mit einer expliziten Kritik an den Vorfällen in Charlottesville zunächst schwer tat, ist dieser Kurzfilm ein gefundenes Fressen. Denn für eine breite Öffentlichkeit, die sich Informationen gerne über soziale Online-Kanäle abholt, dürfte dieser nostalgische Info-Film in Erinnerung rufen, was den Staat, in dem sie leben, ausmacht und wofür die vorherigen Generationen unter anderem einen Weltkrieg austrugen. 

Oder um es in den herzig patriotischen Worten des alten ungarisch-amerikanischen Mannes zu sagen:

«Let's be selfish about our country. Let's forget about we and they. Let's think about US.»

(jin)

Sieg Fail! Warum Nazis Volldeppen sind:

1 / 13
Sieg Fail! Warum Nazis (sonst noch) Volldeppen sind
Neonazis fehlt es nicht nur an Herz, Verstand und Sozialkompetenz, sondern offensichtlich auch an Sinn für Rechtschreibung. >> Hier geht's zur ganzen Story.
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Mehr zum Thema Leben gibt's hier:

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
John Smith (2)
15.08.2017 18:07registriert März 2016
Dieser viertelstündige, furchtbar ausschweifende Film sagt nicht mehr aus als das bekannte Niemöller-Zitat, das genau den gleichen Inhalt in ein paar kurze, prägnante Sätze packt:

«Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.»
694
Melden
Zum Kommentar
avatar
DonCamillo
15.08.2017 18:05registriert Mai 2016
Der Film ist von 1947 nicht 1943, sonst könnte der gute alte Mann schlecht vom D-Day erzählen. Aber der Film ist stark, nur irgendwie bedenklich, dass er immer noch gezeigt werden muss...
366
Melden
Zum Kommentar
5
«Mein Mann ist vor unseren Freunden ein richtiges Arschloch zu mir!»

Hallo Community

Zur Story