Weil sie ja schliesslich niemals Königin und König werden, «können wir uns auch mal so ein exotisches Paar leisten.» So sagt es Norbert Lehmann, der Moderator der die royale Hochzeit im deutschen Staatsfernsehen kommentiert.
OMG, ja! Die US-amerikanische Schauspielerin Meghan Markle hat eine afroamerikanische Mutter. Sie ist damit die erste Person mit einem nicht ausschliesslich weissen Familienhintergrund, die in die britische Königsfamilie hineingeheiratet hat. Und es ist klar, dass man über dieses Faktum sprechen kann, will, muss. Aber sollte man dabei wirklich Dinge sagen, wie ...
In der Tat ist die kleine Runde aus Monarchiefetischisten, die die Hochzeit von Meghan und Harry im ZDF kommentierten, durch und durch unsensibel, was das Thema Rassismus betrifft. So wurde die Hautfarbe und die Herkunft der Braut zum ausgeschlachteten Dauerthema der Spezialsendung. Und wir fragen uns: Seit wann ist Schwarzsein extravagant? Mehr dazu im Video!
Moderator Norbert Lehmann fragt seine Gäste immer wieder, was sie denn von diesem speziellen Paar halten würden. Und die Gäste, unter denen eine Adelsexpertin, die Unterhaltungschefin der «Gala»-Zeitschrift und ein Journalist der Zeitung «Die Welt» sitzen, machen alles nur noch schlimmer. Auf eine Frage von Lehmann antwortet der Welt-Journalist: «Es ist nicht ungewöhnlich für England, dass die ungewöhnlichen Paarungen passieren. Dies ist schliesslich eine sehr gemischte Gesellschaft inzwischen.»
Die Adelsexpertin fügt an: «Aus Marketinggründen ist so eine Meghan natürlich genial!» Denn, wie sie später anfügt, tritt mit Meghan auch «dieses afroamerikanische Esprit» in die britische Krone mit ein. Das sei sehr wertvoll. Aber eben schon nur weil es ja Harry ist, der sie heiratet. Der, der eh niemals König wird.
Auch bei der Nachbesprechung der Zeremonie zeigt Moderator Lehmann keine Scheu, seine grosse Freude über all diese unglaublich «schwarzen» Vibes während der Festlichkeiten zu teilen. Er sagt: «... also ‹Stand by Me› mit diesem Gospelchor – allein weil er fantastisch schwarz und so toll schwarz gesungen war. Und Allgemein soviel Schwarzes ...»
Eine kleine Auseinandersetzung mit einer über 400 Jahre alten Kolonialgeschichte – mitbestimmt von ebenjener Königsfamilie, die sich gerade einen Gospelchor zur multikulturellen Unterhaltung einer Hochzeit angeheuert hat – findet in keinem Moment statt.
Dafür aber sind die Kommentare des ZDF-Ründchens nebst dem augenscheinlichen Rassismus auch gespickt mit einer ordentlichen Portion Sexismus. Harry habe sich mit Meghan einen ganz ungewöhnlichen Typ Frau ausgewählt, erläutert beispielsweise die Adelsexpertin: «Sie ist älter als er und hat auch selber irgendwie was geleistet – aus eigener Kraft.» Damit ist wohl gemeint, dass Meghan eine Schauspielkarriere hatte. Oder vielleicht auch schon nur, dass sie als Frau überhaupt eine Karriere hatte? Als arme, afroamerikanische Frau? So genau können wir nicht sagen, was in den Köpfen der vier Talk-Gäste vorgeht.
Schliesslich werden auch am laufenden Band unkritisch und unhinterfragt irgendwelche Leute zitiert, die angeblich Dinge sagten wie: «Frauen sind wie Teebeutel. Sie wissen gar nicht, wie stark sie sind, bevor sie ins heisse Wasser kommen.» Lehmann kann es sich in einem Moment dann auch nicht verkneifen, dem sechs Millionen Publikum mitzuteilen, dass «Irgendjemand mal gesagt» habe, dass – «ich sag jetzt hier nicht Nanny – aber einer sagte, dass man sich eine solche Frau früher als Mätresse gehalten habe.»
So richtig bewusst geworden ist dem ZDF seine hochproblematische Berichterstattung wohl bis jetzt noch nicht . Der Ausland-Radiosender Deutsche Welle (der wie das ZDF zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehört) hat den Fernsehsender auf die Kritik angesprochen. Das ZDF antwortet daraufhin, dass sie «Fragen sowie Lob und Kritik zu unterschiedlichen Aspekten der Übertragung» erhalten haben und dass all diese Statements gleich ernst nehmen würden. Mehr nicht.
Und wir fragen uns zum Schluss: Können wir nicht wieder mehr über all diese verrückten Hütchen sprechen?