Leben
Liebe

Gut streiten, heisst lieben: 4 Tipps von der Psychologin

Paare, die oft streiten, haben die gesündere Beziehung

12.09.2018, 14:1113.09.2018, 02:16
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Es mag nicht gerade intuitiv klingen: Paare, die sich oft streiten, führen eine bessere Beziehung. Diese Feststellung stammt von Dr. Sail Galtz, eine der populärsten Psychiaterinnen und Psychotherapeutinnen der USA.   

In einer Kolumne auf «Today» macht sie klar: «Streit ist eine der wertvollsten Erfahrungen, die zwei Menschen machen können. Man bringt dabei seine unterschiedlichen Standpunkte, seine Gefühle und seinen Individualismus zum Ausdruck.»

Wir würden oft dem Irrtum erliegen, so Galtz, dass eine Beziehung aus permanenter Liebkosung, Übereinkunft und süssen Gesten bestünde. Das sei jedoch nur die sogenannte «Honeymoon»-Phase. Ist diese mal vorüber, zeigt sich das reale Gesicht einer Beziehung.

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bild: shutterstock

Glatz schreibt in einem jüngeren Bericht: «Beziehungen sind Kompromisse. Und deshalb ist der Akt des Aushandelns ein wichtiger Bestandteil von Liebe.»

Klar ist es damit noch nicht getan. Da wir im Streiten unser wahres und unverblümtes Gesicht zeigen, stellt sich erst dann heraus, ob wir mit dem richtigen Menschen zusammen sind. So muss man Glatzs Aussage, der Richtigkeit wegen, ein bisschen anpassen. Man kann also zusammenfassend sagen: Paare, die eine gute Streitkultur haben und eine hitzige Diskussion zum Schluss in eine konstruktive Richtung lenken können, führen eine gesunde Beziehungsform.

«Ein Streit kann zum Beispiel schon konstruktiv sein, wenn man sich darüber einigt, nicht einig zu sein.»
Dr. Sail Glatz

Glatz teilt Beziehungen in drei Arten auf:

  • Die, die den Streit vermeiden und die Probleme in sich hineinfressen.
  • Die, die den Streit führen, ihn aber schliesslich zu einem destruktiven Zustand von gegenseitiger Verletzung verkommen lassen. 
  • Die, die den Streit zwar emotional und aufbrausend, aber immer noch rücksichtsvoll und mit konstruktivem Ende führen.

Weil Beziehungen laut Glatz aus Kompromissen bestünden, könne man sich nur dann langfristig lieben, wenn man zur dritten Art gehört. Deshalb behauptet sie auch, dass das Arbeiten an einer gesunden Streitkultur, das A und O der Paartherapie sei. Sie schlägt im Grunde vier Punkte für einen respektvollen Streit vor:

  1. Nicht darauf bestehen, dass man recht hat. Jede Geschichte hat zwei Seiten. Es gehe nicht darum, Falsches und Richtiges zu eruieren, sondern eine Position zu finden, mit denen beide Partner sich wohl fühlen.
  2. Unbehagen mitteilen. Oft trage man Dinge, die einem belasten, zu lange mit sich mit, sodass sie sich zu ganz grossen Problemen aufblasen. Auf Unbehagen stetig und schnell zu reagieren sei langfristig betrachtet nachhaltiger. Vor allem solle man sich nicht davor schämen, wenn man sein Unbehagen noch nicht ganz präzise formulieren kann. Auch das Finden einer gemeinsamen Sprache gehört zu einer guten Debattenkultur innerhalb einer Liebesbeziehung.
  3. Zuhören. Nichts ist frustrierender als das Gefühl, nicht gehört zu werden. Um dies zu vermeiden, schlägt Glatz vor, aktiv zu zeigen, dass man aufmerksam ist. Dazu kann man zum Beispiel die Worte seines Gegenübers wiederholen oder neu formulieren und dann fragen, ob man das richtig verstanden habe.
  4. Kein Whataboutism. Paare, so Glatz, würden dazu neigen, bei einem Streit über eine spezifische Sache anzufangen und davon ausgehend dann viele weitere Streitpunkte ausgraben. Das sei dem Aushandeln einer gemeinsamen Position überhaupt nicht zuträglich. Meine Enttäuschung über deine Verspätung hat nichts mit dem Fakt zu tun, dass ich häufig vergesse, das Licht im Badezimmer zu löschen. 

Und zum Schluss muss man doch noch sagen:

«Es geht nicht darum, wie oft man streitet, sondern darum, dass man streitet. Und wenn man es tut, geht es darum, wie gut man vom Moment des Konflikts wegkommt und als Paar eine Lösung findet.» 
Dr. Sail Glatz

(jin)

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Scho ël
12.09.2018 14:57registriert Januar 2016
Eine Diskussion hatt noch lange nichts mit einem Streit zu tun. Ich bin der Überzeugung, dass wenn Mensch ehrlich ist mit seinem PartnerInn und Probleme und Unstimmigkeiten schnell anspricht, es keinen Streit braucht. Gehenseitiger Respekt, Vertrauen und das bewustsein das kein Mensch perfekt ist und nicht zwingend den Persönlichen Vorstellungen entsprechen muss sind aus meiner Sicht die Vorausetzung für eine harmonische Beziehung. Ganz sicher nicht das Paare sich oft Streiten...
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outdoorch
12.09.2018 15:42registriert Dezember 2017
Paare, die diskutieren, statt sich zu streiten und Meinungsverschiedenheiten mit einer gewissen Portion Humor und Toleranz zu klären vermögen, führen eine noch viel gesündere Beziehung
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Lauwärmer
12.09.2018 16:03registriert Mai 2015
Was auch hilft: Bei einem Streit geht es nicht um dich gegen deinen Partner, sondern um euch beide gegen das Problem. Schaut das Ganze aus dieser Perspektive an. Es wird euch anschliessend auch einfacher fallen, euer Stolz auf die Seite zu legen und somit den "Streit" konstruktiver über die Bühne zu bringen. Peace und ganz viel Love
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