Sie trinken Ouzo zu den Klängen der Bouzouki. Tanzen Sirtaki nach dem Tzatziki. Rotwein grundiert die Szenerie. Gelegentlich kommt ein Girl und nimmt einen Boy bei der Hand oder umgekehrt, sie gehn zum Strand, durch den Sand, sie sind sich unbekannt, aber nicht mehr für lange, denn hier in Griechenland ist Sex on the Beach nicht nur ein Getränk.
Doch dann kommt ein Schiff (nie ein Flugzeug!) und entreisst den Mann der Frau (nie umgekehrt!), nimmt ihn mit auf die Reise, während sie mit weissen Rosen wedelnd zurück bleibt und auf ihn wartet, im Hafen von Piräus oder in Athen oder so.
Der Mann landet indes fraulos in Deutschland, wo er Heimweh hat und in der Lindenstrasse ein griechisches Lokal eröffnet und seine Sehnsucht in griechischem Wein ertränkt.
Griechenland, wie es das deutsche Publikum liebt, heisst Trinken, Liebe und Verzicht. Heisst Fernweh und Heimweh und rührender Zusammenhalt einfacher Menschen. Ganz wichtig: Die Männer müssen schwarze Haare haben. So wie der deutsche Griechenversteher Udo Jürgens dies in «Griechischer Wein» beschreibt: «Da sassen Männer mit braunen Augen und mit schwarzem Haar.»
Als Costa Cordalis in den 70ern seinen Durchbruch hat, ist er der Prototyp des idealen Griechen, und während die deutschsprachige Frau Udo Jürgens im Radio hört, hat sie wahrscheinlich Cordalis' Gesicht vor Augen.
Dank der Griechinnen Vicky Leandros (bis heute 55 Millionen verkaufter Tonträger) und Nana Mouskouri (über 300 Millionen verkaufter Tonträger) ist der Topos des erfolgreichen griechischen Entertainers in Deutschland schon fixfertig etabliert. Und die Zeit ist reif für einen Mann. Und dann gleich für noch einen. Denn nachdem Costa Cordalis zum Sexsymbol der 70er wurde, wird der Grieche Hermes Hodolides in den 80ern als Vasily Sarikakis zum Hingucker der «Lindenstrasse».
Gerne harrt der deutsche Mensch bis tief in die 90er (danach übernehmen allmählich die Türken) in der melancholisch-rustikalen Realität einer griechischen Kneipe aus und träumt dabei von der Ägäis. Wenn er Ansprüche hat, träumt er gern auch von der Akropolis und ab und zu mal einem Eros oder einer Aphrodite. Schliesslich hatte das schon der Antikenverehrer Goethe getan und seit ihm manch einer.
Auch Costa Cordalis besingt die Antike. «Vom Olymp» steigen bei ihm «Engel» (ähm, christliche?) und der versexte Gott Pan bläst auf seiner Flöte. Paradoxerweise ist es jedoch die feurige «Anita», die er «irgendwo, allein in Mexiko» findet und deren «Vulkan» er zum Ausbrechen bringt. Auch Anitas Haar ist selbstverständlich schwarz.
Doch ach, auch der schöne Costa muss Mexikos Frauen, Pferde und Vulkane hinter sich lassen und zurück nach Deutschland in die Ersatzheimat der Taverne. In die kalte deutsche Nacht. Aus der er und seine Freunde versuchen, einen griechischen Sommertag zu zaubern. Und dann spielt die Bouzouki. Und dann kommt ein Mädchen. Sie wird nicht lange eine Unbekannte bleiben. Und unter deutschen Pflastersteinen liegt der Strand ...
The End.