«Breaking the World» titelte er seine Tour, jetzt sieht es so aus, als ob Jered Threatin selbst als gebrochener Mann endet.
Die Geschichte der gleichnamigen Band Threatin, die in den vergangenen Tagen Metalfans rund um den Globus in den Bann zog, gehört zum Absurderen, was die Musikindustrie seit ihrem Bestehen hervorbrachte.
Was ist passiert?
Yup... pic.twitter.com/nK2Pd0HBq2
— Rebellion (@RebellionMCR) November 9, 2018
Als die Konzertverantwortlichen des Musikklubs Underworld in London die US-Hardrockband Threatin buchte, glaubten sie ein Schnäppchen gelandet zu haben. Threatin galt als aufstrebende Metalband aus Los Angeles – zumindest wurden sie so von ihrer Booking-Agentur dargestellt: Als «Hollywoods Hardrock-Ikone».
Belegen sollten das Videos von Konzerten, in denen die Fans reihenweise durchdrehten, ein paar tausend Likes auf der Facebook-Seite, eine vertrauenswürdige Band-Website, eine Booking-Agentur, die scheinbar Dutzende bekannte Bands weltweit vertrat. Dazu Hunderte Konzertzusagen auf Facebook. Die ganze Palette.
Was sollte da schiefgehen? Nun, alles. Die Booking-Agentur ist offenbar Fake, die angeblich unter Vertrag stehenden Bands entweder Fantasienamen oder längst aufgelöste, mittelmässig bekannte Bands aus dem Rock-Spektrum.
Die Likes und die Eventzusagen stammen praktisch durchgehend aus Brasilien. Die Konzertvideos wurden so gefilmt, dass immer nur entweder der Sänger selbst oder das Publikum zu sehen ist, nie aber beide gleichzeitig. Wie die Heavy-Metal-Website Metalsucks spekuliert, wurde die Musik wohl unter die Videobilder der austickenden Fans gemischt.
Mittlerweile existiert die Facebook-Seite der Band nicht mehr, auch YouTube-Videos wurden entfernt. Es scheint, als wolle Threatin seine Spuren um jeden Preis verwischen.
Dass im Fall von Threatin nicht alles koscher ist, musste der Underworld-Klub in London am 1. November mit Schrecken feststellen: Statt der von der Booking-Agentur angekündigten 182 Zuschauer fanden sich an diesem Donnerstag gerade mal 13 Personen im Saal ein, darunter: ein Barkeeper, ein Soundtechniker, die Vorband plus Anhang und eine Person, die tatsächlich ein Ticket gekauft hat (warum auch immer). Ähnlich lief auch die Show in Bristol ab.
Kurz darauf berichtete die renommierte Musikzeitung NME über die Band, wenig später zogen der Independent und die BBC nach. Am Wochenende wurde der Auftritt in der Empire Music Hall in Belfast gecancelt – notabene vom Bandmanagement, nicht vom Klub. Über die Konzerte in Newcastle und Glasgow ist nichts bekannt, die Facebook-Seiten der jeweiligen Events wurden gelöscht.
Threatin hatte die Geschichte seiner Band selbst zusammenfantasiert und mit beeindruckendem Aufwand im Netz verbreitet. Dass er damit durchgekommen ist, ist wohl das grösste Rätsel an der ganzen Geschichte.
Oder handelt es sich am Ende gar nicht um den abgebrühten (und letztlich wohl zum Scheitern verurteilten) Versuch, ein bisschen Geld aus einer Europa-Tournee zu schlagen, sondern um einen Meta-Metal-Hoax eines Konzeptkünstlers, der der Musikindustrie den Spiegel vorhält?
Am Dienstag sollte theoretisch die nächste Show von Threatin stattfinden, im Le Klub in Paris. Google listet den Auftritt zwar noch, auf der Website des Venues ist aber keine Spur mehr zu finden. Über die Alpen ist die Story der Fake-Metalband aber offenbar noch nicht gedrungen: Das Druso im norditalienischen Bergamo führt die Band weiter im Konzertprogramm, die Beschreibung ist dieselbe wie : «Icona di hard rock di Hollywood».
Aber selbst wenn Threatin am Donnerstag in Bergamo auftauchten sollte, viel Musik werden die Barkeeper nicht zu hören bekommen: Drummer und Gitarrist haben den Bettel geschmissen, offenbar wurden auch sie von Jered Threatin hinters Licht geführt. Damit bleibt neben Bandleader gerade noch der Bassist – etwas wenig für «eine der vielversprechendsten Rockbands der letzten Dekade». Damit bleibt eigentlich nur noch die Frage, wie die Band denn eigentlich klingt:
(wst)