Na, bringen dich die Bilder schon genügend in Hygge-Stimmung? Nicht? Dann lass uns etwas ausholen. Denn Hygge ist dänisch und heisst übersetzt so viel wie gemütlich, angenehm, nett. Und hinter Hygge steckt viel mehr als warmer Kaffee, Kaminfeuer und kuschlige Sofakissen.
Hygge ist kein genial ausgedachter Tourismusmarketing-Coup, sondern Teil der dänischen Identität. Seit dem 18. Jahrhundert wird der Begriff im Alltag verwendet – und gelebt. «Im Norden», so die deutsch-niederländische Glücksforscherin Maike van den Boom «nimmt man sich selbst nicht so ernst.» Das sei der erste Schritt in Richtung Hygge.
Van den Boom muss es wissen, reiste sie doch 2013 durch die 13 glücklichsten Länder der Welt – darunter Dänemark – und schrieb ein Buch darüber. Das Wohlgefühl, erklärt van den Boom gegenüber «Careers Lounge», müsse von innen kommen, unangestrengt sein. «Man muss bei sich selbst anfangen, sich Freiheiten nehmen und sich von eigenen Erwartungen befreien», erklärt van den Boom.
In Dänemark herrschen dafür die perfekten Voraussetzungen. Das Land redet nicht über Gleichberechtigung, sondern lebt sie. Paare teilen sich Kinder und Beruf, das Konzept der Hausfrau ist beinahe inexistent. Gearbeitet wird meist nicht länger als bis 17 Uhr. Die Kinder müssen um 16.30 Uhr aus der Krippe abgeholt werden.
Gleich geht's weiter mit den Tipps von den Kuschelexperten, vorher ein kurzer Hinweis:
Und nun zurück zu den Dänen ...
Und nach der Arbeit – da ist der Tag noch lange nicht vorbei. Denn dann beginnt der hyggelige Teil. Man nimmt sich Zeit für Freunde und Familie, lässt den Kopf durchlüften auf einem langen Abendspaziergang und wärmt sich danach mit selbstgekochtem Essen wieder auf.
Bei Hygge geht es nicht um Konsum. Wertschätzen, was man hat, geniessen, wer man ist, das ist Hygge. Oder, wie es die amerikanische Schriftstellerin Helen Russell formuliert: «Hygge ist die Abwesenheit von allem Störenden oder emotional Aufwühlenden.»
Natürlich ist das einfacher gesagt, als getan. Das Leben ist gespickt mit störenden Sequenzen, emotionalen Momenten. Es geht darum, die guten hervorzuheben und zu geniessen. Am besten zusammen mit seinen Liebsten. «Glück und Wohlbefinden kommen dann, wenn man am Wir-Gefühl arbeitet, sich mehr auf soziale Beziehungen konzentriert und eine Verabredung nicht einfach absagt, wenn man gestresst ist», erklärt Glücksforscherin Maike van den Boom.
Gemeinschaft ist ein wesentlicher Bestandteil von Hygge. «Der wichtigste Glücksindikator sind unsere sozialen Beziehungen», erklärt der CEO des Kopenhager Instituts für Glücksforschung. Wenn die Gemeinschaft stimmt, braucht es nur noch ein paar weitere Kniffs, um dem perfekten Hygge-Gefühl ganz nah zu sein.
Ein wichtiger Hygge-Faktor ist laut Experten warmes Licht. 28 Prozent der Dänen zünden jeden Tag Kerzen an. Kein Wunder sind die Dänen die Kerzenverbauchsmeister überhaupt: Sechs Kilo Wachs pro Kopf sind es pro Jahr. Das warme und heimelige Licht, das Kerzen erzeugen, hilft zu entspannen.
Ist der Raum in gemütliches Kerzenlicht getaucht, braucht es eigentlich nur noch etwas, um das Hygge-Gefühl zu kompletieren: Gutes, deftiges, selbstgekochtes Essen und Kuchen zum Dessert. Die Dänen verbrauchen nicht nur viel mehr Kerzenwachs als andere Länder, sie essen auch doppelt so viele Süssigkeiten als der Durchschnittseuropäer (8,2 Kilogramm pro Jahr und Kopf).
Der dänische Glücksexperte Meik Wiking weiss warum. «Tatsächlich steht der hohe Verbauch von Süssigkeiten und Kaffee in direkter Verbindung zu Hygge, eine Art, nett zu sich selbst zu sein, sich selbst zu verwöhnen und sich eine Pause von all den Anforderungen des gesunden Lebensstils zu gönnen», erklärte Wiking gegenüber der «Frankfurter Rundschau».
(ohe)