Dass das Bedürfnis, den Löwenanteil jedes Monatslohnes in neonfarbene Kostüme und Plastikschwerter zu investieren, niemals den Mainstream erreichen würde, überrascht kaum. Auch wenn sich Marvel mittlerweile zur festen Grösse in Schweizer Haushalten entwickelt hat, ist Cosplay hierzulande längst nicht so verbreitet, wie zum Beispiel in Asien oder Amerika.
Für Einige unter uns mag es schwierig nachzuvollziehen sein, dass es das Selbstbewusstsein pushen kann, sich als japanische Elfe oder intergalaktischer Soldat zu verkleiden. Diese Charaktere werden Animes, Videospielen, Comics und mittlerweile so ziemlich jeder möglichen fiktiven Quelle entnommen. Jeder Figur können dabei innerhalb ihres jeweiligen Universums klare Eigenschaften zugesprochen werden.
Dabei verhält es sich ja mit den Standard-Promis und ihren eigenen Modelabels nicht viel anders: Wir kleiden uns wie Beyoncé oder Kanye, Dogherty oder Hadid. Und fühlen uns dabei ein kleines bisschen grösser, schöner, selbstbewusster, als wir es eigentlich wären.
Im Vergleich dazu sind Cosplayer offensichtlich ehrlicher, nehmen sich selbst nicht so ernst und stehen zu ihrem Hobby. Anstatt sich jeden Morgen für den Alltag in eine Maske zu begeben.
Natürlich waren es die Japaner mit ihrer Überfülle an Animes, die diesen Stein damals lostraten. Sailor Moon und Captain Future in der Fussgängerzone. Und so entspringen auch die Charaktere hauptsächlich einer asiatisch oder mittlerweile auch kaukasisch geprägten Ästhetik und wurden anschliessend durch einen Filter von Wunsch und Fantasie gezogen.
Eine Fantasie, der kaum jemand entsprechen kann. Barbie lässt grüssen. Und wenn sich auch mit Makeup und Requisiten die Differenz zum Original oft überbrücken lässt, so treten manche natürliche Gegebenheiten wie etwa die Hautfarbe nur umso deutlicher hervor.
Und damit scheinen viele «Spieler» ein Problem zu haben.
Rosa Haare: Kein Problem. Platteauschuhe: Kein Problem. Falsche Hautfarbe? Problem. Dies ist zumindest der Eindruck, den man gewinnt, hält man sich eine Weile in den Kommentarsektionen einschlägiger Cosplay-Websites auf. Die Wortmeldungen sind allerdings zu absurd und oft persönlichkeitsverletzend, als dass sie an dieser Stelle zitiert oder auch nur verlinkt werden.
Ein schwarzer Spiderman, eine dunkle, weibliche Captain America; man würde vermuten, dass diese gerade in einer Welt der Künstlichkeiten nur irrelevante Abweichungen vom Original darstellen. Einem Original, das durch unmögliche Physis, Kugelaugen, Stupsnasen und die Gravitation verachtende Proportionen besticht.
Umso irritierender, wenn in eben diesem Milieu plötzlich auf Detailtreue gepocht und Dunkelhäutigen in Online-Foren nahegelegt wird, doch bei Schusters Leisten zu bleiben, nicht die Figuren zu «entehren». Man begegnet den abwegigsten Vorwürfen.
Chaka Cumberbatch, seit Jahren enthusiastisch in der Szene unterwegs, hat sich zu diesem Thema geäussert.
Cosplayerin Voodoo Howyacall hat sich hingegen in die Bresche geworfen für alle toleranten Kostümfans. Es sei ganz natürlich, dass man mehr negative Kommentare im Internet finde. Schliesslich erhöhten solche Vorkommnisse den Leidensdruck. Ihr hingegen wäre derart negatives Verhalten noch nie begegnet.
Wenn auch der erste Impuls wäre, zu erwarten, dass eine Minderheit erst recht sensibilisiert sein müsste für Mechanismen der Ausgrenzung ... so bleibt doch bei pragmatischer Betrachtung nur das Fazit: