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«Electric Dreams» auf Amazon: Das Kind von «Black Mirror» und «Stranger Things»

«the impossible planet» aus «philipp k. dick's electric dreams»
Die Bewohner eines nicht gerade bunten Planeten staunen in «Impossible Planet» über eine himmlische Farborgie.Bild: amazon prime
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Als hätten «Black Mirror» und «Stranger Things» ein zartes Kind gemacht

«Philip K. Dick's Electric Dreams» heisst die hübsche, von Stars nur so wimmelnde SciFi-Serie, die jetzt auf Amazon Prime zu sehen ist.
17.01.2018, 16:4618.01.2018, 06:27
Simone Meier
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Da fragt sich ein Mann: «Träumen Androiden von elektrischen Schafen?» Eigentlich eine logische Frage. Und: eine mitfühlende. Der Mann fühlt sich sichtlich seelenverwandt mit den künstlichen Intelligenzen. Der Mann heisst Philip K. Dick, nimmt Drogen und schreibt Science Fiction. Das K steht für «kindred». Ein Zufall, seine Eltern haben ihn so getauft. Ein Zufall? Eher ein Glücksfall. Ein «kindred spirit» ist ein Seelenverwandter. 

Philip k. dick
Philip K. Dick.Bild: wikipedia

Aus seinem Roman «Do Androids Dream of Electric Sheep?» wurde der Film «Blade Runner» – herzzerreissend, wie er darin die Tragödie zu Tode gehetzter Androiden schildert, gejagt, weil sie einen allzu menschlichen Freiheitsdrang entwickelten. Dick starb 1982 mit 53 Jahren, fünf Monate, bevor «Blade Runner» in die Kinos kam. Aus vielen weiteren Romanen wurden posthum weitere Filme und Serien – darunter «Total Recall», «Minority Report», «A Scanner Darkly», «The Man in the High Castle» und jetzt, als zugleich jüngstes und ältestes Philip-K.-Dick-Kind «Electric Dreams».

Trailer zu «Electric Dreams»

Ausgestrahlt wurde der Zehnteiler bereits ab September 2017 auf dem britischen Privatfernsehsender Channel 4, aber jetzt ist er auf Amazon Prime erhältlich und flankiert damit die Amazon-Serie «The Man in the High Castle». Alt macht die elektrischen Träume ihre Entstehungszeit. Sie gehören nämlich in Philip K. Dicks erste, von Geldnöten geplagte Jahre als Schriftsteller und basieren auf unzusammenhängenden Kurzgeschichten, die Anfang der 50er-Jahre in billigen Science-Fiction-Magazinen erschienen sind.

philip k. dick
In diesen Magazinen erschienen ...Bild: wikipedia
philip k. dick
... Philip K. Dicks erste Kurzgeschichten.Bild: wikipedia

«Electric Dreams» ist sowas wie die Kreuzung aus «Black Mirror» (BM) und «Stranger Things» (ST). Also visionär wie BM, aber liebenswürdig wie ST. Quasi hoch technologisierte Realitäten, aber nicht ganz so ausweglos und mit einem laut pochenden Herzen mittendrin. Eine äusserst sympathische Mischung. 

Es schadet auch nicht, dass man «Electric Dreams» das im Vergleich zu den beiden Netflix-Produktionen geringere Budget ansieht. Grundsätzlich hat der Mehrteiler den Charme von BM aus der Vor-Netflix-Ära, und wo viel Aufwand nötig war – etwa bei einem Wald voller leuchtender Bodysnatcher-Eier – wurde er mit Hingabe betrieben. 

Janelle Monae in "Autofac" - Episode 110 of "Philip K. Dick's Electric Dreams"
Janelle Monáe spielte eben noch in «Hidden Figures» eine Nasa-Mitarbeiterin, die an der Zukunft der Raumfahrt bastelte, jetzt ist sie eine Weltraumprinzessin in «Electric Dreams».Bild: amazon prime/ Elizabeth Sisson

Das Staraufgebot liest sich wie ein Best-of der jüngeren Seriengeschichte – Anna Paquin («True Blood»), Bryan Cranston («Breaking Bad»), Steve Buscemi («The Sopranos», «Boardwalk Empire»), Richard Madden («Game of Thrones»). Dazu kommen Timothy Spall, Janelle Monáe, Greg Kinnear und Geraldine Chaplin. 

Und die Geschichten? Drei haben wir schon gesichtet – «Impossible Planet», «The Father Thing» und «The Commuter». «The Father Thing» ist eine klassische Bodysnatcher-Erzählung aus dem Pulp-Fiction-Genre, ein abenteuerlicher Kampf unerschrockener Kinder gegen das grosse Böse, schaurig, rührend, eine Folge, bei der man mitgeht, die aber keine grösseren Reflektionen über die Welt, ihre Träume und Technologien anstellt. 

Impossible Planet
Geraldine Chaplin spielt in «Impossible Planet» eine 342-Jährige. Sowas kann in der Zukunft schon mal vorkommen.Bild: Sony Pictures/ Amazon

Die andern beiden sind raffinierter. Es geht darin um die Verschränkung von Traum und Technik, von menschlichen Sehnsüchten, die dank virtuellen Simulationen an ihr Ziel zu kommen hoffen. Von Vorspiegelungen nicht unbedingt falscher, aber «vorverdauter» Tatsachen, wie der Mitarbeiter eines intergalaktischen Vergnügungsparks in «Impossible Planet» sagt. Er bietet sowas wie Sonnenuntergänge für Extraterrestrische und Kreuzfahrten zu Planeten, die es gar nicht mehr gibt, an. Herstellbar ist alles, doch manchmal ist das Wunschdenken der Kunden weit stimulierender als die Simulation.

«The Commuter» spielt am Rande von London, wie wir es zu kennen glauben. Ein Bahnbeamter sehnt sich nach einer verloren gegangenen Familienidylle, die Lösung liegt vor ihm, doch um welchen Preis? Und sucht er tatsächlich nach einer erfahrenen Realität oder nach einer nostalgischen Einbildung?

timothy spall in «philipp k. dick's electric dreams»
Timothy Spall ist in «The Commuter» verzweifelt auf der Suche nach einem Idealzustand, der mit Kuchen und heisser Schokolade zu tun hat. Manchmal irrt er jedoch nur im Weissraum seines Unterbewusstseins umher.Bild: amazon prime

Das Alptraumhafte, Technophobe von «Black Mirror» wird hier sehr schön durch eine inhärente Zartheit gebrochen. Wer der Serie Böses wollte, könnte sagen, es «menschelt» inmitten der Maschinen. Aber das ist Philip K. Dick. Der Mann, der unter den eisernen Klammern litt, die der Kalte Krieg um seine Welt legte. Der allen eine Empfindsamkeit und Verletzlichkeit zutraute, egal ob sie Menschen oder Menschenähnliche waren. Und der sie beschützen wollte. Es heisst ja auch «Electric Dreams» und nicht «Electric Nightmares».

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