Eine DOK-Sendung des SRF hat sich am Donnerstag mit der sogenannten «Generation Selfie» befasst. Den Machern ist es gelungen, einen Einblick in die Social-Media-Welt zu geben, die viele so noch nie gesehen haben.
Das SRF hat drei Jugendliche begleitet, für die Plattformen wie Instagram, Snapchat und Tik Tok aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Sie alle haben mehrere tausend Followers – und können deshalb als Influencer bezeichnet werden.
Gestatten:
Grundsätzlich können wir dir nur empfehlen, dass du dir 50 Minuten Zeit nimmst und den ganzen DOK anschaust. Er ist am Ende des Beitrags zu finden.
Falls du gerade keine Zeit hast: Hier ein kleines Best-of, damit du wenigstens mitreden kannst.
Gleich zu Beginn gesteht Michelle, dass sie süchtig ist. «Wenn ich mal auf Instagram bin, dann dauert das nicht nur zehn, zwei Minuten, dann dauert das 30 Minuten oder auch eine Stunde.»
Das Vorbild von Michelle ist Kylie Jenner, welche sich ein Social-Media-Imperium aufgebaut hat. 125 Millionen Menschen folgen dem ehemaligen Reality-TV-Star alleine schon auf Instagram.
Jenner ist erst 21 Jahre alt, doch das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt ihr Vermögen bereits auf 900 Millionen US-Dollar. Sie dürfte zur jüngsten Self-Made-Milliardärin avancieren.
Wie hat Jenner das geschafft? Durch den Verkauf von Make-Up-Artikeln. Und genau diese finden wir in Michelles Zimmer wieder. Die 16-Jährige zeigt eine Schublade voller Jenner-Schminkartikel und meint, das sei noch nicht mal alles.
Kostenpunkt: «Sicher 3000 Franken.»
Wer finanziert das? «Auf gut Deutsch gesagt, meine Mutter.»
Michelle will nichts dem Zufall überlassen. Für die perfekten Instagram-Bilder verbringt sie durchaus auch mal eine Stunde mit Schminken. Doch nicht nur das: Sie hat auch kein Problem damit, wenn man künstlich nachhilft.
So entscheidet sich die 16-Jährige dafür, ihre Lippen aufspritzen zu lassen. Das Beste dabei: Es ist gratis. Denn die behandelnde Beauty-Klinik setzt auf Marketing-Kooperationen mit Influencern. Diese erwähnen die Praxis ausführlich in ihren Einträgen und Storys, können sich dafür kostenlos behandeln lassen.
Die Konsequenz: Das Handy darf auch während der Spritz-Session nicht fehlen.
Übrigens: Die Grosseltern finden das Resultat nicht so schön. Aber die meisten Freunde machen Michelle für die aufgespritzten Lippen Komplimente.
Hin und wieder erhält Michelle trotzdem Hasskommentare. Doch deswegen auf Social Media zu verzichten, kommt für sie nicht in Frage:
Etwas später im DOK taucht Chiara auf. Die 21-Jährige hat es auf Social Media weit gebracht. Auf Instagram hat die Sportstudentin bereits über 53'000 Follower. Dahinter steckt harte Arbeit.
Zu Beginn ihrer Zeit auf Instagram postete sie jede Mahlzeit, die sie zu sich nahm. «Wenn ich etwas esse, das die anderen nicht gesehen haben, dann darf ich es nicht essen.»
Der Fokus aufs Essen hat bei Chiara gute Gründe. Noch vor wenigen Jahren litt sie an Magersucht. Auf Social Media dokumentierte sie, wie sie sich langsam davon erholte. Heute ist sie komplett durchtrainiert und sieht gesund aus.
Mit Vorher-Nachher-Bildern will sie Personen helfen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden wie sie damals, als «sie einfach nur noch verschwinden wollte».
Auch bei Chiara folgt alles einem Plan. Für Instagram-Fotos posiert sie meistens seitlich, so kommt der Hintern besser zur Geltung. Der Trend hat einen Namen beziehungsweise einen eigenen Hashtag: #Belfie. Zusammengesetzt aus Butt-Selfie.
Chiaras Freund ist wahrscheinlich rund 20 Zentimeter grösser als sie. Dies stellt ein nicht unwesentliches Problem dar. Denn auf Paar-Selfies wird einer der beiden Köpfe immer etwas abgeschnitten. Da werden auch schon mal ein paar Steine zurechtgerückt, um den Grössenunterschied zu reduzieren.
Wehalb sie ihren Freund auf Social-Media zeige, will die Reporterin wissen. Worauf die Influencerin entgegnet: «Weil ich ihn gern habe.»
Je länger das Gespräch jedoch andauert, wird aber auch eine andere Motivation deutlich: «Ja, es kommt halt auch gut an», sagt Chiara. Sprich: Für Love gibt es Likes.
Manchmal, da werde ihm der Rummel um seine Person schon etwas zu viel, gibt Younes offen zu, dann ziehe er sich jeweils etwas zurück und poste nicht mehr so viel. Aber dann könne er halt irgendwann doch nicht mehr anders und greife wieder zum Handy.
Momente, in denen Younes nicht an Social Media denkt, scheinen in der Tat äusserst rar zu sein. Jeder Ausflug, jedes Treffen, jedes Outfit muss sofort auf Insta und Co. geteilt werden. Younes hilft dabei gerne nach: «Ich mache hier meinen Oberkörper etwas dünner.» Damit habe er kein Problem. Auf Instagram sei eh alles fake, das wisse man ja.
Die Likes würden ihm schon viel bedeuten. Wahrscheinlich habe er früher zu wenig Anerkennung bekommen, meint seine Kollegin. Younes kann da nur zustimmen.
Heute ist das definitiv anders: Das SRF begleitet den 18-Jährigen auf eine Chilbi und zu einem Auftritt in einem Shopping-Center. Die Herzen, der hauptsächlich weiblichen Fans, fliegen dem Influencer nur so entgegen. Und das, obschon er schwul ist. Jede will mit ihm ein Selfie machen. Denn er hat einfach einen «coolen Style».
«Und er kann gut bearbeiten.»
«Und er hat mega schöne Lippen.» (cma)