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Plastikmüll: So lange dauert es, bis er zersetzt ist

An unserem Plastik werden selbst noch unsere Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel «Freude» haben

13.06.2018, 19:1919.06.2018, 17:14
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100 bis 142 Millionen Tonnen. So viel Müll soll sich nach Schätzungen bereits in unseren Weltmeeren befinden. Fast drei Viertel davon ist Kunststoff und wird auch noch vorhanden sein, wenn unsere Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel im Meer schwimmen gehen. 

Das grösste Problem sind dabei vor allem Plastikflaschen, welche schätzungsweise bis zu 450 Jahre brauchen, um sich zu zersetzen. Mit Sicherheit kann man das nicht sagen, denn die erste Plastikflasche ist noch nicht einmal 80 Jahre alt. Theoretisch könnte diese erste Flasche also noch immer irgendwo im Meer herumtreiben.

Wie lange verschiedene Kunststoffprodukte brauchen, um sich zu zersetzen:

Grafik
Plastik
Bild: watson | quelle: 4ocean/gopedition

Das Problem ist dabei nicht nur die grosse Menge an Plastik, welche unsere Weltmeere verschmutzt, sondern auch, dass Kunststoff nicht wirklich vollständig abgebaut werden kann. Vielmehr zerfällt er zu immer kleineren Teilchen, bis hin zu Plastikpartikeln, die für unser Auge nicht mehr sichtbar sind. Durchschnittlich treiben auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche 13'000 Plastikmüllpartikel.

Exemplarischer Zerfall eines Plastikteils:

Plastikzerfall
Bild: watson | quelle: initiative mikroplastik

Tiere, die sich von Plankton und anderen Kleinstlebewesen ernähren, verwechseln kleine Kunststoffteile immer mehr mit ihrer Nahrung und fressen sich daran langsam zu Tode.

Auch in unseren Mägen wird man wohl bald Kunststoff finden. Forscher sind bereits jetzt besorgt darüber, dass Mikroplastik, beispielsweise durch den Konsum von Fisch, in unser Verdauungssystem gelangt. Dabei beschränkt sich die Mikroplastikbelastung nicht nur auf Meere, sondern ist auch in Süssgewässern ein bekanntes Problem.

Auch grössere Plastikstücke werden von Tieren für Futter gehalten:

Video: watson

Seit 1950 wurden 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff erzeugt, von dem gerade einmal etwa 600 Millionen Tonnen rezykliert wurde. 800 Millionen Tonnen wurden nach Schätzungen verbrannt.

Mit Vergleichen versuchen die Forscher jeweils, diese unfassbar grosse Zahl irgendwie begreiflich zu machen.

8,3 Milliarden Tonnen entsprechen:

Plastik Statistik
Bild: watson | quelle: spiegel online

Laut der Umweltorganisation 4Ocean landen jährlich immer noch acht Millionen Tonnen an neuem Plastik in unseren Meeren. Und auch der Verbrauch geht in einem besorgniserregenden Tempo weiter. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Menge an produziertem Plastik wohl auf zwölf Milliarden Tonnen vergrössert haben.

«Life in plastic, it's fantastic» …
... trällerte die Band Aqua 1997 in ihrem Song «Barbie Girl». Gut zwanzig Jahre später steckt das Plastik in einer schweren Image-Krise: Weltweit ergreifen Regierungen und Unternehmen im Kampf gegen Kunststoffmüll drastische Massnahmen. watson beleuchtet in einer sechsteiligen Serie, wie es dazu gekommen ist, und beschäftigt sich mit der Frage: Sind die geplanten Verbote wirksam oder doch blosse Symbolpolitik?

Teil 1: Wie schlimm sind Röhrli und Co. wirklich für die Umwelt?
Teil 2: Plastik ist das neue Rauchen – wie ein Material all seine Freunde verlor
Teil 3: So sehen die Regale aus, wenn man Produkte mit Mikroplastik entfernt
Teil 4: Plastik-Branche verteidigt sich: «Es gibt viel grössere Umweltsünder»
Teil 5: An unserem Plastik werden noch unsere Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel «Freude» haben
Teil 6: So viel Plastik verbrauchen die watsons in einer Woche

Nicht nur Plastik macht den Weltmeeren zu schaffen: Forscher entdecken Katastrophe am tiefsten Punkt der Erde:

Video: srf

Ist The Ocean Cleanup eine Lösung?

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The Ocean Cleanup
So sollen die Ozeane von einem Teil des Plastikmülls befreit werden: Eine V-förmige, 100 Kilometer lange Barriere wird ins Wasser gelassen. (Bild: The Ocean Cleanup)
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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Keepitsimple
13.06.2018 22:08registriert Mai 2018
Von unserem günstigen Atomstrom sehen unsere Enkel auch nur noch die exorbitanten Kosten der radioaktiven Abfälle und deren zwischen- und Endlagerung. Die Problematik der Menschheit ist, dass wir heute, gegen unsere natürlichen Instinkte, nicht nach mehr Wachstum und Ausbreitung streben müssten, sondern mehr Suffizienz und Rücksicht an den Tag legen müssen. Leider werden nach wie vor diejenigen zu Führungspersonen und erlangen macht, welche in erster Linie für sich und ihr persönliches weiterkommen schauen. Unser Scheitern ist also quasi naturgegeben, aber die Erde wirds nicht jucken ohne uns.
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karl_e
13.06.2018 23:53registriert Februar 2014
Die Hoffnung stirbt zuletzt: vielleicht entwickelt sich irgendwann eine Bakterie, ein Pilz oder sonst ein Lebewesen, das Plastik fressen und und in seine Bestandteile zersetzen kann. Es soll schon Anfänge geben.
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Cevianer
14.06.2018 07:06registriert Juli 2016
Danke Pascal Scherrer für den guten Artikel. :)
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