Der Saal ist voll. Laut klatschend und jubelnd feiern die zahlreichen Zuschauer den Auftritt des Gitarristen. Menschen aus dem Alltag reissen und ins Träumen bringen, genau dies schafft Lionel Loueke perfekt. Ein Lied folgt dem anderen. Das Einzige, was er vorab plant, ist die Reihenfolge, alles andere kommt mit dem Moment. «Jedes Mal ist es anders», meinte Loueke. So variieren die Intensität, Wiederholungen und Umsetzung seiner Lieder von Mal zu Mal, abhängig von der Stimmung seiner Zuschauer.
Dass die Leute begeistert sind von ihm, das ist eindeutig. Zu schnelleren, schwungvollen Rhythmen wird aktiv mitgenickt und die ruhigeren Songs werden mit geschlossenen Augen und voller Emotionen genossen. Ganz besondere Emotionen weckt das Lied der Zugabe, es rührt Einzelne sogar zu Tränen. Loueke schrieb diesen Song für ein Kind, welches seine Mutter verloren hatte. Er möchte dieses Lied speziell für all jene singen, die in einer ähnlichen Situation stecken.
Lionel Loueke schafft es, seinen Gesang mit dem Gitarrenspiel zu verweben. In einigen Partien dominiert das Gitarrenspiel, begleitet von sanftem Gesang. In anderen wiederum übernimmt die Stimme den Lead.
Die Inspiration seines Gesangs, speziell des «Click-Geräusches», wie er es nennt, nimmt er von einer südafrikanischen Sprache namens Xhosa. Auch wenn er diese Sprache selbst gar nicht spricht, hat er einzelne Aspekte für seine Musik übernommen. Der Künstler ist in Benin aufgewachsen und somit mit der afrikanischen Kultur vertraut. Er selbst sagt, dass seine Musik ein Mix zwischen Jazz, afrikanischer- und europäischer Musik sei. Die Inspirationen nimmt er von verschiedensten Begegnungen, Erlebnissen und Reisen. Sie helfen ihm, seine eigene Persönlichkeit zu kreieren.
Die Lieder singt er in afrikanischen Sprachen wie «fon» und «mina», was seine, wie er sagt, «Kindheitssprachen» sind. Dazu kommen aber auch zahlreiche Fantasiewörter und einzelne Vokale zur Unterstreichung der Lieder. Auch ohne den Text zu verstehen, können aus seiner Mimik und seinem Ausdruck genaue Emotionen herausgelesen werden.
Während dem Spielen klopft, patscht und schlägt er leicht auf sein Instrument. So nutzt er die Gitarre zugleich als Perkussionsinstrument und kann damit einen Beat erzeugen. Der Gitarrist zupft, spielt, klopft und schlägt gleichzeitig und kreiert damit einen einzigartigen Ton. Mit dieser speziellen Spieltechnik und seinem Gesang werden Melodie, Bass und Harmonie zusammen abgedeckt. «Es fehlt einem an gar nichts mehr», bemerkt ein befragter Zuschauer.
Lionel Loueke ist im Besitz einer speziellen «Stefan-Schottmüller-Gitarre», welche speziell für Jazzmusiker gebaut werden. Das Instrument hat sieben Saiten, anstatt sechs, wie bei einer gewöhnlichen Gitarre. Aus diesem Grund kann er eine noch grössere Bandbreite an Tönen abdecken.
An diesem Abend spielt Lionel Loueke bis auf den einen Song nur Lieder von Herbie Hancock. Diese Lieder hat er verpackt in seinem neuen Album «HH».
Schon seit 15 Jahren ist Loueke mit Herbie Hancock unterwegs. Hancock ist sein Vorbild und Mentor, deshalb ist es für ihn eine Ehre, Hancocks Lieder spielen zu dürfen, speziell zum Anlass dessen 80. Geburtstages.