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Beginnen wir für einmal mit den Folgen. Den direkten Folgen einer Bewegung nämlich, die 1990 in einer amerikanischen College-Stadt namens Olympia ihren Anfang nahm und 1991 via Washington zu einem Phänomen der angelsächsischen Popkultur wurde. Die ganz direkten Folgen von Olympia also waren – unter unzähligen anderen – diese fünf Songs:
Ihre Gemeinsamkeit? Zornige Mädchen. Beziehungsweise junge Frauen aus England, Irland und Amerika, die so singen, dass auch 13-Jährige sie verstehen. Irgendwie geht es ihnen um Revolte. Widerstand. Irgendwie gegen Männer, die sie (noch) nicht besonders glücklich machen. Und auch sonst um Kampf. Denn kämpfende Mädchen gelten spätestens seit Olympia als sehr, sehr cool.
Aber was geschah denn eigentlich in Olympia? Und wieso musste ausgerechnet Courtney Love einen Hass-Song («Olympia») dagegen schreiben? Die Dinge sind verzwickt und im Dokfilm «Riot Grrrl» von Sonia Gonzalez nun sehr genau und amüsant zu sehen und zu hören: Courtneys Liebe Kurt Cobain spielt eine Rolle. Aber vor allem junge Frauen Anfang 20, die gerne Punk hören, sich an Punkrock-Konzerten jedoch nicht wohl fühlen, weil da bloss «stinkende, bärtige Bierbäuche» herumtoben.
Die Frauen gründen selbst Bands, sie heissen Bikini Kill und Bratmobile, die Sängerin von Bikini Kill ist Kathleen Hanna. Kurt Cobain aus dem sechzig Kilometer entfernten Seattle ist Kathleens bester Freund, er sprayt für sie «God Is Gay» auf ein christliches Frauenspital, sie schreibt im Vollsuff «Smells Like Teen Spirit» auf die Wand neben seinem Bett, er macht daraus einen Song.
Im Sommer 1991 reisen die Mädchenbands aus Olympia, deren Ziel es ist, «Punk zu dekonstruieren», nach Washington. Denn dort ist die Jugend auf der Strasse: Greenpeace und die Anti-Aids-Aktivisten von Act Up demonstrieren gemeinsam mit Golfkriegsgegnern und Abtreibungs-Befürwortern. Die Jungfeministinnen treffen auf Genossinnen, sie taufen sich «Riot Grrrls», sie singen über die Rebellion, viel Sex und dumme Tussen. Und alle Kinder singen mit.
Die amerikanische Presse beschliesst, die Riot Grrrls zwar doof, aber auch heiss und irgendwie interessant zu finden. Und schreibt ununterbrochen über sie. Zur gleichen Zeit beginnen Kurt und Courtney zu daten, Kathleen Hanna und ihre Freundinnen sind Courtney von Anfang an ein Dorn im Auge, persönlich, aber auch musikalisch. Denn die Presse macht ausgerechnet die Riot-Grrrl-Feindin Courtney Love zum Cover-Girl der ganzen Bewegung. Ein grösseres Missverständnis ist nicht denkbar.
Doch trotz aller Unstimmigkeiten erobert der Sound der Washingtoner Mädchenrevolte erst die amerikanischen, dann auch die englischen Städte, die Folgen (siehe oben) sind bekannt, sind Mainstream, sind aus unserer Vergangenheit nicht wegzudenken.
Aus unserer Gegenwart übrigens auch nicht: The Gossip sind ebenfalls aus Olympia und ganz direkte Nachfahren von Bikini Kill, Miranda July war Punkmusikerin in Olympia, bevor sie Schriftstellerin wurde, Kathleen Hanna singt jetzt bei Le Tigre, denn nach dem Punk wollte sie den Elektropop dekonstruieren. Le Tigre wiederum ist fast so eng mit Peaches verbandelt wie Courtney mit Kurt.
Junge Musikerinnen wie Lauren Mayberry von der britischen Elektropop-Band Chvrches oder Grimes berufen sich ständig auf Hanna, und «Rebel Girl» (1991) von Bikini Kill wurde mehrere tausend Mal gecovert. Und der Mainstream zieht mit: Beyoncé und Miley Cyrus sind ohne Feminismus gar nicht mehr denkbar. Und die berühmtesten Riot Grrrls der Welt? Pussy Riot natürlich. Es hört nicht auf.
«Riot Grrrl – als die Frauenbands die Macht übernahmen» läuft am 6., 8. und 12. März auf SRF. Erstausstrahlung: So, 6. März, 11:55 Uhr im Rahmen von «Sternstunde Musik».
Also weibliche Wutbürgerinnen.
Aber das getrauen sich die meisten Medien in ihrer ideologischen Einseitigkeit natürlich nicht zu schreiben.