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Snowdens erstes TV-Interview: «Man will mich töten»

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ARD spricht mit Whistleblower

Snowdens erstes TV-Interview: «Man will mich töten»

Ein halbes Jahr hat er geschwiegen, jetzt kommuniziert er zunehmend mit der Öffentlichkeit. Nachdem sich der Whistleblower diese Woche Twitter-Fragen gestellt hat, gab er ein erstes TV-Interview.
26.01.2014, 15:4729.01.2014, 18:22
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Es ist eine seltene Ehre, die der Whistleblower einem Journalisten gewährte: Edward Snowden hat sich für ein ausführliches Interview mit dem NDR-Journalisten Hubert Seipel bereit erklärt. Es ist das erste öffentliche Gespräch seit dem Hongkong-Interview im vergangenen August. Am Sonntagabend wurde es von der ARD ausgestrahlt.

Über verschlüsselte E-Mails und mehrere Handys sei mit Snowden im Vorfeld kommuniziert worden, ehe es in Moskau zum Treffen kam, erzählt Seipel auf NDR. Der ehemalige Geheimdienst-Mitarbeiter wirkte ruhig und gelassen, obwohl er um sein Leben fürchtet: «Regierungsvertreter wollen mich töten», sagte er. Als Beleg führte Snowden einen Artikel der Internet-Plattform «buzzfeed» an. Mitglieder des Pentagons und der NSA hätten dem Reporter erzählt, dass sie Snowden umbringen wollten. 

Brisante Neuigkeiten konnte oder wollte Snowden im ARD-Interview nicht preisgeben. Er deutete jedoch an, dass die NSA auch Wirtschaftsspionage betreibt. «Wenn es etwa bei Siemens Informationen gibt, die dem nationalen Interesse der Vereinigten Staaten nutzen - aber nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun haben - dann nehmen sie sich diese Informationen trotzdem», sagte Snowden. 

«Regierungsvertreter wollen mich töten.»
Snowden im Interview mit Seipel.Quelle: Tagesschau 

Snowden hat mit seinen Enthüllungen öffentlich gemacht, wie die NSA weltweit Telefonate abhört, E-Mails mitliest und Regierungschefs ausspäht, wie unter anderem das Handy der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Interview liess er durchblicken, dass auch andere Regierungsmitglieder und Mitarbeiter Merkels überwacht werden - «und sogar Kommunalpolitiker». Während gleichzeitig der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) mit der NSA zusammenarbeite.

Über sich selbst erzählte Edward Snowden nur wenig. Er bestätigte, dass er sich 2004 den US-Spezialeinheiten im Irak anschliessen wollte. Der Traum endete, als er sich während der Ausbildung beide Beine brach. Danach arbeitete er für die CIA. Seipels Frage zu seiner angeblichen Stationierung in Genf blockte Snowden ab. Er sagte nur, bei der CIA habe er «dem Allgemeinwohl dienen wollen».​

«Mir war klar geworden, dass eine rote Linie überschritten wurde.»
Edward Snowden

Doch mit der Zeit sei ihm klar geworden, «dass eine rote Linie überschritten wurde». Bei seiner Arbeit für das Privatunternehmen Booz Allen Hamilton sei ihm bewusst geworden, welche Gefahren in der Privatisierung von Spionageaktivitäten lauerten: «Die Mitarbeiter haben Zugang zu Milliarden geheimer Informationen. Aber wenn sie das Unternehmen verlassen, können sie einfach so gehen.»

Da erstaunt es wenig, dass Snowden sich selbst nicht als Verräter sieht. Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter besitzt nach eigenen Worten das brisante Material nicht mehr. Er habe es ausgewählten Journalisten und somit der Öffentlichkeit übergeben. Einfluss auf mögliche Veröffentlichungen nehme er nicht. Es gebe auch keinen Deal mit den Russen als Gegenleistung für das vorerst bis August gewährte Asyl in Moskau.

Auffällig war, dass Snowden mehrfach eine klare Antwort verweigerte. Er wolle der Arbeit der Journalisten nicht vorgreifen, betonte er. In der Talkshow «Günther Jauch», die sich am Sonntag ebenfalls mit Snowden befasst, meinte Interviewer Hubert Seipel, der Whistleblower wolle vermutlich sein Asyl in Russland nicht gefährden. Doch auch über einen möglichen Deal mit dem US-Justizministerium wird spekuliert. Vorerst aber kommt für Edward Snowden eine Heimkehr in die USA nicht in Frage. Dort erwarte ihn «ein Schauprozess.»

Das komplette Interview sehen Sie hier und die Mitschrift hier.

Das Hongkong-Gespräch mit Snowden vom August 2013

Video: YouTube/Kevin M. Gallagher

(pbl/sda)

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