Landauf, landab verschicken Schulverantwortliche in der Vorfasnachtszeit Warnbriefe an die Eltern: Indianderkostüme sowie solche von Cowboys, Rittern oder sonstigen Figuren, die man in erster Linie mit Kampf assoziiert, seien unerwünscht.
Die entsprechende Meldung der «SonntagsZeitung» löste sofort eine grosse Resonanz und eine mediale Debatte aus. Reflexartig konstatierten schreibende Bubenmütter institutionell sanktionierte Bubenfeindlichkeit und liessen die Jugendpsychologen sich öffentlich um die gesunde psychische Entwicklung unserer männlichen Nachkommenschaft sorgen.
Die Montessori-Schulleiter nutzten derweil die Gunst der Stunde, den Austausch von Cowboy-Sortimenten in den Regalen der Grossverteiler durch Sortimente von Gandhi- und Mutter-Theresa-Kostümen zu propagieren.
Im Kern dreht sich die Debatte nach zwei Tagen also um die Urfrage der populären Genderforschung: Warum sollen Mädchen die Fee und die Prinzessin geben dürfen oder müssen, die Buben aber nicht den Cowboy und den Indianer? Die Frage sei hier kurz abschliessend beantwortet: Weil Cowboys, Ritter und Indianer kämpfen, prügeln und schiessen. Das macht Lärm. Und der stört.
Bedauerlicherweise verstellt die Gender-Perspektive den Blick auf die pädagogische Dimension der Kinderfasnachtsfrage, die einiges relevanter ist. Im besten Fall stehen solche Anlässe nicht deshalb auf dem Lehrplan, weil den Lehrpersonen nichts besseres in den Sinn kommt, sondern weil man den Kindern die Geschichte und den kulturellen Hintergrund der Fasnacht im jeweils lokalen Kontext näher bringen will - und der wird mit dem Cowboy aus der Coop-Spielwarenabteilung ad absurdum geführt.
Den Zürcher und Ostschweizer Kindergärten mag in diesem Punkt ein wenig Nachsicht zuteil werden, da diese Regionen über keine nennenswerte Fasnachtskultur verfügen. Aber die Luzerner Kinder sollen wissen, woher der Urknall kommt. Die Basler Kinder sollen verstehen, warum es einen Morgestraich gibt. Und die Walliser Kinder sollen verstehen, warum die Tschäggättä sie einmal im Jahr in Angst und Schrecken versetzen.
Unsere Fasnachtsbräuche sind geprägt von überbordender Kreativität, Masslosigkeit und Individualität sowohl in ausstatterischer als auch musikalischer Dimension. Darin sollen sich die Kinder anlässlich der Fasnacht ebenso üben wie die Erwachsenen. Denn nicht nur um des reinen Schulwissens Willen sollen die Kinder mit der Fasnacht vertraut gemacht werden, sondern auch, damit sie allenfalls Geschmack daran finden und dereinst aktiv mithelfen können, diese historisch gewachsenen Traditionen fortzusetzen.
Dabei sind im Coop eingekaufte Cowboy-, Indianer- und Ritterkostüme mit Plastikwaffen genauso wenig hilfreich wie diejenigen für Feen, Prinzessinnen oder – wie es der von der «SonntagsZeitung» zitierte Kindergarten erlaubt – wandelnde kleine Tomaten.
Zur Orientierungshilfe für fasnachtskulturell schwächer aufgestellte Regionen hier eine nicht abschliessende Aufstellung pädagogisch sinnvoller Fasnachtstkostüme: