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Da könnt ihr sehen, was ihr wollt: Das Kleid ist blau-schwarz – und der Hersteller macht das Geschäft seines Lebens 

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#TheDress

Da könnt ihr sehen, was ihr wollt: Das Kleid ist blau-schwarz – und der Hersteller macht das Geschäft seines Lebens 

Millionen Menschen diskutierten die Farbe eines Kleides: Ist es weiss-gold oder blau-schwarz? Hier die definitive Antwort.
01.03.2015, 09:2401.03.2015, 12:39
Frank Patalong/Spiegel Online
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Ein Artikel von
Spiegel Online

«Swiked» ist ziemlich baff. Niemals, sagt Caitlin McNeill, die Frau hinter dem Tumblr-Pseudonym, hätte sie gedacht, mit der Veröffentlichung eines einfachen Fotos eine derartige Debatte vom Zaun zu brechen. An der sich dann noch Prominente vom US-Rapper bis hin zum Premierminister von Singapur beteiligen würden.

Alles, was sie getan hatte, war ein Foto bei Tumblr zu posten und zu fragen: Ist dieses Kleid weiss-gold oder blau-schwarz?

Kurz darauf debattierten Zehntausende diese Frage – und Medien interviewten Wahrnehmungspsychologen und Farbexperten über die Ambivalenz der menschlichen Farbwahrnehmung. Selten erfuhr man in so kurzer Zeit und in so grosser Verbreitung so viel Interessantes und Wahres über dieses Thema – auch Spiegel Online war am Ball.

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Bild: Tumblr/swiked

Das Geheimnis hinter dem Kleid? Ein extrem mieses Foto! 

Das Problem ist nur, dass die unklare Färbung des Kleides weder von individualpsychologischen Faktoren noch von individuellen Unterschieden in der Abgrenzung und Benennung von Farben abhing. Auch die Unterschiedlichkeit der Darstellung von Farbe und Kontrast auf verschiedenen Displays spielte wohl nur eine so untergeordnete Rolle wie verschiedene Hintergrundbeleuchtungen oder das Wetter auf den Äusseren Hebriden. Was wirklich zu der Farbdebatte führte, war dies: ein enorm schlechtes Foto.

Und das zeigte das definitiv und ohne jede Frage blau-schwarze Kleid, das Caitlin McNeills Mutter kurz zuvor zu einer Hochzeit getragen hatte. In Natura war dessen Farbe völlig unstrittig, auf dem Foto aber ergab sich der nun weltbekannte seltsame Effekt. Den fand McNeill so kurios, dass sie das Foto bei Tumblr postete. Der Rest ist Geschichte – wenn auch eine ziemlich schräge.

Und wer hat was davon?

Für Caitlin McNeill ist die ganze Sache erfreulich. An Tag drei nach dem «Dressgate» verbreitet sich gerade weltweit die Kunde, dass die junge Frau Sängerin der Folkgruppe Canach ist. Die residiert auf der wunderschönen Isle of South Uis, berühmt wegen seiner Moormumien und der 2,9 Milliarden alten Gneiss-Gesteine. Auch das aber macht es für eine aufstrebende junge Gruppe nicht einfacher, bekannt zu werden.

Dieses 320 Quadratkilometer kleine Eiland liegt – man ahnt es – tatsächlich da, wo die Hebriden das Prädikat «Äussere» verdienen. Direkt links davon liegt in respektvollem Abstand nur Grönland, näher dran ansonsten der Kontinentalschelf Europas – wer auf South Uis lebt, wohnt in echter Randlage. Aber was soll's, es geht doch: Einem miesen Handyfoto sei Dank ist Canach nun die weltberühmteste Band der Äusseren Hebriden.

#TheDress neu wieder im Sortiment aufgenommen

Sektkorken könnten ansonsten beim Kleiderhersteller Roman Originals geflogen sein. Der nahm am Tag nach Beginn der Debatte schnellstmöglich das eigentlich bereits ausgemusterte Kleid wieder ins Angebot. Nun mit einem schicken, neuen Namen: «#TheDress Lace Bodycon». 68% Viscose, 27% Polyamid, 5% Elastan. Waschhinweis: Nur chemisch reinigen.

Jetzt auf

Dafür gibt es das Modell in vier schönen Farben, und gold-weiss ist definitiv keine davon: Ganz so, wie auch Caitlin McNeill bestätigt, ist das Kleid absolut blau-schwarz.

Gerade mal 50 Pfund kostet der Fummel, trotz unerwarteter Aufwertung durch die weltweite Debatte und inzwischen gehörigem Promi-Appeal. Teurer zu haben ist es nur bei Ebay, denn natürlich haben sich längst diverse Trittbrettfahrer daran gemacht, auf der Auktionsplattform ein paar Pfund, Dollar oder Euro als Kleidermakler zu machen.

Die Kleider-Farbfrage dürfte damit endgültig beantwortet sein. Darüber, ob quergestreifte Viscose-Polyamidkleider mit Spitzenapplikationen nun noch ein überraschender Sommertrend werden, wagen wir keine Prognose. Vorhersagen kann man aber wohl, dass die Sache in die Geschichte des Marketings eingehen wird: Billiger als mit einem einzelnen, schlechten Foto wurde noch nie ein Kleid beworben.

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