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«Eine Beerdigung im kleinen Kreis ist angemessener als ein Staatsbegräbnis»

Gottschalks Abgesang auf «Wetten, dass..?»

«Eine Beerdigung im kleinen Kreis ist angemessener als ein Staatsbegräbnis»

12.12.2014, 13:4112.12.2014, 14:31
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Am Samstagabend wird die 215. und letzte Ausgabe des Showklassikers «Wetten, dass..?» ausgestrahlt. Nach knapp 34 Jahren endet damit ein Stück Fernsehen, das noch aus den 80er-Jahren stammt.

Es wird einer der historischen Augenblicke in der deutschsprachigen Fernsehgeschichte sein, wenn Markus Lanz an diesem Samstag zum letzten Mal die grosse «Wetten, dass..?»-Bühne betritt. Noch einmal lässt er seine Kandidaten antreten. Zum letzten Mal bittet er seine prominenten Gäste darum, bei den Wetten die Daumen nach oben und nach unten zu richten. Um 22.45 Uhr, so sieht es die Programmplanung vor, ist Schluss mit der prominentesten deutschen Fernsehshow.

Zu den Gästen in Nürnberg werden nicht, wie ursprünglich einmal geplant, die ehemaligen Moderatoren gehören. Showerfinder Frank Elstner, der das einstige Flaggschiff 1981 aus der Taufe hob, verzichtet auf seine Präsenz ebenso wie Thomas Gottschalk, mit dem die Sendung ihre besten Zeiten erlebte und der vor exakt drei Jahren abtrat. Auch Wolfgang Lippert, kurzzeitig 1992 und 1993 dabei, kommt nicht.

«Wetten, dass..?» in Zahlen

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«Wetten, dass..?» in Zahlen
Thomas Gottschalk im Jahr 2000 in der St.Jakobshalle in Basel: 3'160'100'000 Zuschauer sahen bisher «Wetten, dass..?».
quelle: keystone / markus stuecklin
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Die Sendung ist allerdings heute nur noch ein Schatten von einst, dafür mit mehr als zwei Millionen Euro pro Ausgabe noch genauso teuer. Die Quoten sind dramatisch gesunken. Gottschalks Abtritt vor drei Jahren interessierte noch fast 15 Millionen Zuschauer, auch den Start von Nachfolger Lanz sahen im Oktober 2012 noch 13,6 Millionen Neugierige. Danach begann der dramatische Verfall mit zuletzt 5,5 Millionen.

«Supertalente» am Fliessband

ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler erklärt die mangelnde Zugkraft mit dem Verlust an «Alleinstellungsmerkmalen». «Keine Frage, ‹Wetten, dass..?› ist ein prägender Teil unserer Fernsehgeschichte, aber in den letzten Jahren hat sich doch einiges sehr nachhaltig verändert», sagte Himmler der Nachrichtenagentur DPA.

«Hollywoodstars brachte früher nur ‹Wetten, dass..?› in die Wohnzimmer.» Das habe sich radikal geändert. Und auch «besondere Talente gibt es beim ‹Supertalent› am Fliessband zu sehen», so Himmler. Möglicherweise haben auch die Negativereignisse rund um die Show, die sie wie ein Schatten einhüllten, dem Klassiker nachhaltig geschadet. 

Im Schatten eines Unfalls

Unvergessen ist der tragische Unfall des jungen Wettkandidaten Samuel Koch, der im Dezember 2010 beim Versuch, mit Sprungfedern über Autos zu hüpfen, so schwer stürzte, dass er für immer gelähmt blieb. Der ständige Schleichwerbeverdacht in Verbindung mit der bei «Wetten, dass..?» eingebundenen Firma dolce media von Gottschalks Bruder Christoph hinterliess einen Nachgeschmack.

Samuel Koch mit Thomas Gottschalk.
Samuel Koch mit Thomas Gottschalk.Bild: TOBIAS SCHWARZ/REUTERS

Nicht allein «Wetten, dass..?» stirbt – auch andere Shows hat der Fluch dieses Jahr getroffen, bei ihnen handelte es sich aber fast ausschliesslich um Neuentwicklungen. So hatte etwa Michelle Hunziker, die unter Thomas Gottschalk als «Wetten, dass..?»-Ko-Moderatorin arbeitete, beim ZDF mit ihrer «Überraschungsshow» keinen Erfolg.

Dass das Ende von «Wetten, dass..?» nach 215 Ausgaben ein Einschnitt von gesellschaftlicher Bedeutung ist, ergibt sich aus der Haltung prominenter Wegbegleiter: «‹Wetten, dass..?› hat über viele Jahre von der Oma bis zum Enkel die ganze Familie vor dem Fernseher versammelt und über die Sendung wurde am nächsten Tag fast überall geredet», sagte Moderator Günther Jauch der DPA. «Das bleibt ein grosser Verdienst – heute schaffen diesen «Lagerfeuereffekt» oft nur noch grosse Sportereignisse.»

Gottschalk hält sich zurück. Ein bisschen.

Vergleichsweise zurückhaltend äussert sich Thomas Gottschalk, der die Sendung von 1987 bis 2011 mit einer kurzen Unterbrechung präsentierte: «Mit dem ZDF habe ich vereinbart, dass ich mich zum Ende von ‹Wetten, dass..?› nicht äussere, und finde eine Beerdigung im kleinen Kreis auch angemessener als ein Staatsbegräbnis.»

Zeugen des «Begräbnisses» sind am Samstag unter anderem die deutschen «Tatort»-Kommissare Til Schweiger, Wotan Wilke Möhring und Jan Josef Liefers sowie die Komiker Michael («Bully») Herbig und Otto Waalkes sowie Hollywood-Schauspieler Ben Stiller, die bei Lanz auf der Couch Platz nehmen werden. Mit dabei sein wird auch der heute 27-jährige Samuel Koch. 

(sda/dpa/phi)

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