Der bekannteste und umstrittenste Hundetrainer der Welt war am Freitag in Zürich zu Gast. Und ich – treue Zuschauerin seiner Sendung «Der Hundeflüsterer» und selbst Frauchen eines pubertierenden Jack Russell Terriers – war nicht die Einzige, die sich über Cesar Millans Besuch in der Schweiz freute: Im fast ausverkaufen Hallenstadion wollte der 45-Jährige auch uns Schweizern beibringen, wie wir glücklich mit unseren Hunden werden. Denn schliesslich, so betont Millan immer wieder, wollen auch Hunde nur eines: Dass wir Menschen glücklich sind.
Alles andere als glücklich waren in den letzten Monaten aber vor allem die Tierschützer, die sogar versuchten, Millans Auftritt aufgrund seiner veralteten Erziehungsmethoden in der Schweiz zu verhindern.
Der Stimmung der «Hündeler» tut das aber keinen Abbruch. Die Fans vor dem Hallenstadion in Oerlikon sind voller Vorfreude auf den Auftritt des «Packleaders». Ein «geiler Siech» sei er, mache «seine Arbeit mit den Tieren ausgezeichnet». «Und die Tierschützer?», frage ich eine Gruppe von Fans. Sie sind sich einig: «Ach, die übertreiben doch!»
Bis auf ein paar wenige unbelegte Plätze ist es um Punkt 20 Uhr rappelvoll in der Halle, pünktlich fängt die Show an. Tosenden Applaus gibt es für den kleinen Mexikaner, der im Schweizer Trikot auftritt und in der ersten halben Stunde den Stand-Up-Comedian mimt. Der geschiedene Familienvater witzelt über Kim Kardashian, Barack Obama und Ex-Frauen («Hunde können einem das Leben echt zur Hölle machen – fast wie Ex-Frauen»).
Vor allem aber nimmt Millan überforderte Hundebesitzer aufs Korn – und manchmal auch sich selbst: «Nur Amerikaner geben einem Immigranten, der kein Englisch kann, eine eigene Fernsehsendung». Dazu twerkt er, macht ein Selfie von sich und dem Publikum, zeigt lustige Videos und Bilder von Hunden.
So let's make this last one a great one Zürich!!! Who's gonna be in the Switzerland Pack #selfie?? #CesarMillanLive
— Cesar Millan (@cesarmillan) 3. Oktober 2014
Im zweiten Teil gibt's die für Millan typischen Tipps, bei denen es darum geht, seine Energie richtig einzusetzen und die Instinkte des Tieres zu respektieren. Nach und nach haben auch ein paar Vierbeiner ihren Bühnenauftritt, die glücklicherweise nach 5 bis 10 Minuten die Bühne wieder verlassen dürfen. Der Herr links von mir – ein Gegner von Millans Methoden, der ebenfalls mit Hunden arbeitet, wie er sagt – schimpft mehrmals vor sich hin, befindet die Methoden des Hundeflüsterers als «peinlich» und absolut «nicht richtig». Zum Glück ist da noch der Herr rechts von mir, der über die (teils flachen) Witze des Mexikaners genau so lacht wie ich.
Ein weiterer Programmpunkt: Millan erklärt seinem Publikum die Reihenfolge der Wahrnehmung der Hunde, und zwar: erst mit den Augen, dann mit der Nase, dann mit den Ohren. Der Herr links ist wieder nicht einverstanden mit dieser These. «So ein Scheiss, die Nase kommt zum Schluss», schimpft er. Ich zucke mit den Achseln, ich weiss es doch auch nicht. Muss meinen Hund fürs nächste Mal wohl besser beobachten, damit ich bei Nichtübereinstimmung mitmotzen kann. Von einer anderen Seite schimpft wieder einer: «Der hat ja keine Ahnung».
Erst als Cesar seinen Gästen erklärt, dass niemals die Rasse das Problem sei, sondern der Mensch hinter dem Hund, stimmen auch der Herr links und der Unbekannte von hinten zu.
Thanks @cesarmillan for your great Show in Zürich! It was f*cking awesome!!!
#CesarMillanLive
— Manuela Erler (@ManuelaErler) 3. Oktober 2014
Zum Schluss werden noch ein paar Schweizer «Problem»-Hunde auf die Bühne geholt. Die Szene mit dem Schäferhund, der laut Besitzerin zu sehr an der Leine zieht, fährt mir ein: Millan nimmt den Hund so straff und eng an die Leine, dass er sich kaum mehr bewegen kann. Glücklich sieht der eingeengte Hund nicht aus, als Cesar meint: «Schaut, jetzt zieht er nicht mehr». Das Publikum klatscht.
Ist das also die Cesar-Disziplin, die die Tierschützer kritisieren? Haben sie Recht damit, wenn sie meinen, dass seine Methoden völlig veraltet und daneben sind?
Kurz vor Schluss werden noch einmal zwei Hunde auf die Bühne geholt, sie scheinen zu Millan zu gehören. Ihr Auftritt wird mit lauter Musik und Bässen unterstrichen, Blitzlichter kommen dazu und der tosende, laute Applaus des Publikums. Ich bin etwas beschämt über die Situation. Meinem Hund würde ich diesen Stress niemals antun. Und dann bin ich genervt, weil die Show so gut angefangen hatte und ich mich dann plötzlich auf die Seite der Millan-Gegner geschlagen habe.
Ich habe meine Zweifel, ob alle Methoden von Millan richtig sind. Trotzdem glaube ich nicht, dass er ein schlechter Trainer ist, schliesslich hat er vielen Hundehaltern UND den Hunden mit seiner Technik geholfen. Meine Meinung über den kleinen Mexikaner mit den gebleachten Zähnen werde ich Ihnen aber nicht aufdrücken. Urteilen Sie selbst. «Trust your instinct» würde Cesar Millan sagen.