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Von wegen Männer-Domäne: Katja (18) legt auf dem Bau unsere Rollenbilder in Schutt und Asche

Von wegen Männer-Domäne: Katja (18) legt auf dem Bau unsere Rollenbilder in Schutt und Asche

In der dritten Staffel von «Mini Lehr und ich» begleitet das SRF erneut fünf Lehrlinge auf dem Weg zur Abschlussprüfung – und zeigt, dass die Geschlechter heutzutage Berufe erobern, die ihnen früher verwehrt waren.
04.07.2016, 13:2705.07.2016, 12:05
Philipp Dahm
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«In der Schweiz kommt auf 99 Bauarbeiter gerade mal eine Bauarbeiterin. Eine davon ist Katja Moser», stellt die Stimme aus dem Off in «Mini Lehr und ich», die junge Schweizerin im dritten Lehrjahr vor, die in Wengen TG auf der Baustelle schuftet.

«Ich finde, sie arbeitet ganz anders als ein Mann», sagt Polier Franco Aegarter über die Auszubildene. Die Männer würden eher direkt draufloslegen. «Sie geht feiner an die Sache ran.» Unterstift Roman Baumgartner ergänzt: «Es ist körperlich für eine Frau zum Teil sicherlich anstrengender.»

Dass die einzige Frau auf der Baustelle ist, daran hat sich Katja gewöhnt. «Machmal regnet's, aber dafür gibt es auch viele schöne Tage», sagt sie über die Arbeit an der frischen Luft. Sie mag «das Anpacken, grosse Sachen bewegen». Später denkt sie dann: «Diese Strasse hast du gemacht. Einen Teil von deiner Arbeit siehst du am Schluss noch.»

«Mini Lehr und ich»

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«Mini Lehr und ich»
Start der dritten Staffel von «Mini Lehr und ich»: Die Doku-Serie stellt unsere beruflichen Rollenbilder auf den Kopf. (Screenshot: SRF)
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Vier-Augen-Prinzip in der Krippe

Katjas Beispiel zeigt: Die Rollenbilder von gestern greifen in unserer heutigen Arbeitswelt nicht mehr. Das gilt auch für Basil Zeier: Der 21-Jährige lernt in einer Kinderkrippe in Luzern.«Ich habe selbst eine schöne Kindheit gehabt», sagt Basil. Das wolle er nun weitergeben.

Als Tröster gefragt: Basil Zeier.
Als Tröster gefragt: Basil Zeier.screenshot: srf

In seiner Branche kommt auf fünf Mitarbeiterinnen ein männlicher Kollege. Kinder wie eine Eineinhalbjährige zu wickeln, gehört zu seinem Alltag. «Das ist schon Eingriff in die Intimität. Ein gewisses Vertrauen muss da sein», sagt Basil, der sich nach seinem dritten Lehrjahr «Fachmann Betreuung Kinder» nennen darf.

Damit im Umgang mit den Kindern erst gar kein Misstrauen aufkommen kann, gilt in der Krippe das Vier-Augen-Prinzip: Beim Wickeln und im Bad stehen die Türen immer offen. Das Babyfon ist stets an, so dass kein Angestellter in den Verdacht kommen kann, etwas Unrechtes zu tun.

«Irgendwann wird der Hammer immer schwerer»

«Vor allem Buben haben Basil ausgesucht», sagt seine Lehrmeisterin Sheila Rebsamen. Sie seien gern «wild und laut» – da passe ein Kerl ja auch ganz gut zu. Basil selbst sagt über seinen angestrebten Berufsweg: «Die Leistung kann man an den Kindern ablesen: Wenn du morgens in die Krippe kommst und sie freuen sich, dass du da bist, weisst du, du machst den Job gut.»

Katja im Kipplader im sonnigen Thurgau.
Katja im Kipplader im sonnigen Thurgau.
Screenshot: srf

Im Gegensatz zu Basil merkt Katja manchmal, dass sie durch ihr Geschlecht mitunter im Job handicapiert ist. «Ich fühle mich manchmal schon schlecht, wenn der Unterstift die ganzen schweren Arbeiten machen muss, aber ich brauche dann einfach viel länger. Das regt mich selber auf.» 

35 Kilo schwer: Katjas Arbeitsgerät.
35 Kilo schwer: Katjas Arbeitsgerät.
screenshot: srf

Das Gute ist: Katja und ihr Unterstift helfen sich gegenseitig. Etwa als das Duo mit Presslufthämmern Markierungen in die Strasse stossen muss. Katjas Arbeitsgerät wiegt 35 Kilogramm: «Irgendwann wird der Hammer immer schwerer, dann magst du ihn nicht mehr anheben.» Katja tauscht mit dem Unterstift den Presslufthammer, weil seiner zehn Kilo leichter ist – denn aufgeben ist für die 18-Jährige «keine Option».

Lernen beim Onkel: «Er gibt mir sein Vermächtnis weiter»

Auffällig ist: Von den sechs Azubis in «Mini Lehr und ich» lernen gleich zwei im Familienbetrieb. Zum einen ist da Elena Magara: Die 23-Jährige arbeitet in «Caduff's Wine Loft» unter Chefkoch Beat Caduff. «Sie ist die Nichte meiner Frau», erklärt der sein Verhältnis zu seiner Lernenden. Als Familienmitglied müsse sie noch etwas mehr leisten als die anderen.

«Ich bin kein Böser», führt Beat Caduff aus. «Wenn ich Elena mal kritisiere, hat sie mit einem Schmollmund. Aber das ist nun mal so. Das Gute daran: Sie ist nicht nachtragend.» Elena selbst ist glücklich, von ihrem Onkel zu lernen: «Er gibt mir sein Vermächtnis weiter.»

Wieviel verdient Elena als Koch-Lehrling im dritten Jahr?

Papa als Chef: «Vielleicht ein bisschen strenger»

In Frutigen BE erlernen die Zwillinge Fabian und Florian Jenzer den Job des Vaters Daniel: Plattenleger. Der musste per Münzwurf entscheiden, welcher seiner Söhne bei ihm und welcher beim Betrieb im Nachbardorf seine Lehre beginnt.  Dass die beiden in seine Fussstapfen treten wollen, macht ihn «stolz»: «Es war sicher eine Anerkennung.»

Wieviel verdient Florian im zweiten Jahr der Plattenleger-Lehre?
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Und wie ist der Vater so als Chef, wird Florian gefragt? «Vielleicht ist er sogar noch ein bisschen strenger.» Vater Daniel bestätigt: «Im Gegenteil: Ich bin eher härter als mit anderen Lehrlingen.» Und mit Blick auf seinen Sohnemann: «Er muss noch ein bisschen schneller werden mit seinem Zeug.»

«Mini Lehr und ich» ab Montag, 4. Juli 2016, um 20.55 Uhr auf SRF1.

Was verdienen die Lehrlinge? Elena bekommt 1550 Franken im Monat, Florian verdient 1250 Franken.

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kstyle
04.07.2016 18:03registriert Dezember 2015
Ist ja richtig das Frauen Männerjobs machen und umgekehrt. Es darf einfach nicht reklamiert werden wenn etwas zu schwer wird. Wenn man sich in der Männerdomäne durchsetzten will sollte man den Gipssack oder sein Arbeitsgerät genau wie der männliche Kolege tragen können. Halt Gleichberechtigung.
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