Sie ist jung, erfolgreich, wunderschön und begehrt. So begehrt, dass ihr auf Instagram eine halbe Million Menschen folgen und ihre YouTube-Videos meistens über 200'000 Views haben. Nach drei erfolgreichen Jahren als Fotobloggerin und Model ist Essena O'Neill der Hype um ihre Person – beziehungsweise um die Person, als die sie sich verkaufte – über den Kopf gewachsen.
«Ich lösche Instagram, YouTube und Tumblr. Ausserdem habe ich heute an die 2'000 Bilder gelöscht, die zu nichts weiterem dienten als zur Selbstdarstellung.» Mit diesen Worten beginnt ein langer Post, in dem die 18-jährige vor einer Woche den Rückzug aus allen sozialen Medien bekannt gab. Sie erzählt auch vom Hunger nach immer mehr Likes und Anerkennung, die das Leben der jungen Frau durch und durch bestimmte.
Instagram celeb edits all her photo captions to reflect "real life." https://t.co/7AkhdeW9wk pic.twitter.com/hYmA42fuXd
— someecards (@someecards) November 3, 2015
In ihrer Ansage spricht die junge Frau erstmals über ihr wahres Ich und über die dreckigen Geschäfte hinter vielen Accounts auf sozialen Netzwerken. Es gehe alles nur ums Geld: Der perfekte «Schnappschuss» nach dem Work Out entstand gar nicht beim Sport, sondern wurde von einer grossen Marke bezahlt, damit diese in der Bildunterschrift als Hashtag vermerkt wird. Und das «Good-Morning-Selfie», das angeblich direkt nach dem Aufstehen geknipst wurde, ist das Ergebnis von einem langen und aufwändigen Foto-Shooting.
Nach der Ankündigung benannte O'Neill ihren Account in «Social Media Is Not Real Life» um und veränderte die Bildtexte der übrig gebliebenen Bilder. Statt das perfekte Leben vorzugaukeln, stellt sie klar, wie und unter welchen Umständen die Aufnahmen wirklich zustande gekommen sind. «Die Bilder auf sozialen Medien sind nicht echt. Die Bilder sind alle inszeniert und so stark bearbeitet, dass sie mit der Realität nichts zu tun haben. Es ist ein System, das auf sozialer Anerkennung, Likes, Bestätigung in Views und Erfolg in Followern basiert.»
Auf ihrem YouTube-Kanal veröffentlicht sie kurz nach dem Post das Video «How People make 1000's on Social Media», in dem sie offen über Zahlen und Verdienstmöglichkeiten mit sozialen Medien spricht. O'Neill erklärt etwa, dass sie früher problemlos 2000 australische Dollar mit einem Instagram-Posting verdient habe.
«Als ich 12 Jahre alt war, fühlte ich mich schlecht. Ich war nicht schön, nicht bekannt. Damals war ich diejenige, die zu Models und bekannten YouTubern hochschaute, die ein scheinbar besseres, ein aufregenderes Leben führten als ich. Ich war überzeugt, dass dieser Lifestyle der Schlüssel zum Glücklichsein ist. Heute weiss ich, dass dem überhaupt nicht so ist.»
O'Neill war zum Schluss so süchtig nach der Anerkennung anderer, dass sie selbst nicht mehr wusste, wer sie wirklich ist und wofür sie lebt. «Ich habe den Grossteil meiner Jugend in Abhängigkeit von sozialen Medien, sozialer Akzeptanz, sozialem Status und meinem Äusseren verbracht», schreibt die 18-jährige Australierin kurz nach ihrem Lebenswandel auf Instagram. Seit sie den Absprung der sozialen Abhängigkeit geschafft hat, fühlt sich die junge Frau wie neu geboren. «Ich kann euch nicht sagen, wie frei ich mich ohne soziale Medien fühle. Ich werde es nie wieder zulassen, dass mich eine Zahl definiert. Es hat mich erstickt.»
Dass gerade sie – Vorbild einer halben Million junger Mädels auf Instagram und gefeierter Internetstar – alles aufgibt und ihre komplette Karriere an den Nagel hängt, zeugt von Frustration aber auch von ungeheurem Mut.
Auf ihrer neuen Webseite Let's be game changers möchte sie eine positive Einstellung zum eigenen Körper schaffen und einen umweltbewussten Lifestyle verbreiten. Das ist ein wichtiger und vor allem völlig unerwarteter Schritt, der hoffentlich den einen oder anderen verträumten Teenie aufweckt und aus der Instagramwelt zurück ins wahre Leben holt.
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Wenn sie die dadurch gewonnene Berühmtheit ausnutzt, dann verstehe ich eure Kritik. Solange sie das aber noch nicht macht: seit froh sagt es endlich einmal jemand der selber in der Branche steckte!