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Donezk eingekesselt und unter Dauerbeschuss der ukrainischen Armee

Auf dem Vormarsch: Die ukrainische Armee vor Donezk.
Auf dem Vormarsch: Die ukrainische Armee vor Donezk.Bild: Evgeniy Maloletka/AP/KEYSTONE
Ukrainische Regierungstruppen im Vormarsch

Donezk eingekesselt und unter Dauerbeschuss der ukrainischen Armee

10.08.2014, 04:5310.08.2014, 16:28
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Ukrainische Regierungstruppen haben die östliche Rebellenhochburg Donezk am Sonntagmorgen unter heftigen Artilleriebeschuss genommen. Eine AFP-Reporterin hörte vom Stadtzentrum aus mehr als 20 Explosionen. Nach Angaben des Bürgermeisteramtes wurde ein Privathaus von einem Geschoss zerstört, auch ein Spital wurde demnach schwer beschädigt. In der Nähe sei eine Frau verletzt worden.

Durch Beschuss zerstörtes Haus in Donezk.
Durch Beschuss zerstörtes Haus in Donezk.Bild: Sergei Grits/AP/KEYSTONE

Die ostukrainische Stadt Donezk ist nach Angaben der örtlichen Separatisten komplett von den Regierungstruppen belagert. Donezk sei «eingekesselt» und drohe, ein neues «Stalingrad» zu werden, erklärte der Regierungschef der selbsterklärten Volksrepublik Donezk, Alexander Sacharschenko am Samstag.

Er warnte vor einer humanitären Katastrophe in der Millionenstadt und forderte einen Waffenstillstand. «Wir sind zu einem Waffenstillstand bereit, um die zunehmende humanitäre Katastrophe abzuwenden», erklärte Sachartschenko auf der Rebellen-Webseite.

Zugleich betonte er, dass die Aufständischen bereit seien, die Stadt unter Einsatz ihres Lebens zu verteidigen, wenn die ukrainische Armee dort einmarschiere. «Der Kampf wird um jede Strasse, um jedes Haus, um jeden Meter unseres Landes geführt», warnte Sachartschenko, der erst seit Donnerstag die Separatisten von Donezk anführt.

Frauen in Donezk werfen sich am Sonntag auf den Boden während Geschosse einschlagen.
Frauen in Donezk werfen sich am Sonntag auf den Boden während Geschosse einschlagen.Bild: Sergei Grits/AP/KEYSTONE
Die Frau die sich oben auf dem Bild auf den Boden geworfen hat, wird verarztet.
Die Frau die sich oben auf dem Bild auf den Boden geworfen hat, wird verarztet.Bild: Sergei Grits/AP/KEYSTONE

IKRK könnte Hilfskonvoi anführen

Die Regierungstruppen sind nach eigenen Angaben bereit, in die Industriestadt einzumarschieren. Vor den Kämpfen lebten dort eine Million Menschen, inzwischen sind viele geflohen. Während der vergangenen Tage hatte die Armee die Stadt zunehmend unter Beschuss genommen. Die Armee versucht auch, andere Rebellenhochburgen, darunter die Grossstadt Lugansk, zurückzuerobern.

Banges Warten im Luftschutzkeller einer Geburtsklinik in Donezk.
Banges Warten im Luftschutzkeller einer Geburtsklinik in Donezk.Bild: AFP

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ist nach eigenen Angaben bereit, einen Hilfskonvoi nach Lugansk zu lassen. Bedingung dafür sei jedoch, dass die Mission von einem internationalen Team ohne militärische Begleitung geführt werde, sagte Poroschenko am Samstag. Er sei deswegen bereits im Gespräch mit dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer.

Das IKRK bestätigte, dass aus Russland eine Anfrage für die Organisation humanitärer Konvois eingegangen sei. Es habe diese aber nicht beantwortet.

Keine russische Intervention ohne Kiews Placet

Die Führung in Kiew hatte zuvor berichtet, eine als Hilfskonvoi getarnte russische Militärkolonne an der Grenze gestoppt zu haben. Es bestehe «Grund zur Annahme, dass der Konvoi dazu hätte genutzt werden können, die Spannungen weiter zu verschärfen». Moskau wies die Vorwürfe zurück.

Russlands Aussenminister Sergej Lawrow forderte die USA in einem Telefonat mit US-Aussenminister John Kerry auf, das russische Projekt einer «humanitären Mission in Koordinierung mit allen zuständigen internationalen Organisationen» zu unterstützen. Kerry sagte, Russland dürfe nicht «unter dem Deckmantel eines humanitären Konvois oder eines anderen Vorwands der ‹Friedenssicherung›» in die Ostukraine einmarschieren.

Nach Telefonaten mit dem britischen Premierminister David Cameron und Merkel machte auch US-Präsident Barack Obama deutlich, dass «alle russischen Interventionen, auch unter dem Vorwand der humanitären Hilfe, ohne ausdrückliche und formale Zustimmung Kiews nicht hinnehmbar» seien.

In Donezk hörten Journalisten der Nachrichtenagentur AFP am Samstag den ganzen Tag über Mörsergeschosse und Explosionen. Die Armee verzeichnete in den eigenen Reihen 13 Todesopfer. Am Freitag waren bereits 15 Soldaten getötet worden. (trs/sda/afp)

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