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«Die Schweiz zu den Europäern: Raus!»

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«Die Schweiz zu den Europäern: Raus!»

Das Ja zur SVP-Initiative bewegt die Medien in Europa. Vor allem in Deutschland dominierte das Thema am Sonntagabend die Online-Portale. Die Kommentare sind praktisch durchwegs kritisch.
10.02.2014, 04:1310.02.2014, 11:37
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«Land des Geldes, Land der Angst»

«Der Schweiz geht es blendend, doch sie fürchtet sich vor dem Abstieg.»
Spiegel Online

Die Schweiz sei eine «Nicht-Willensnation», schreibt Spiegel Online: Man wolle weder zu Deutschland, noch zu Frankreich, noch zu Italien gehören. Als Ersatz für eine wahre nationale Idee habe man den Wohlstand – und den wolle man um jeden Preis verteidigen. Das Ja zur SVP-Initiative sei eine Abkehr von der Politik, die in den letzten Jahren so erfolgreich war.

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«Freizügigkeit, nein danke»

«Angstmache hat bei Eidgenossen häufig den gegenteiligen Effekt.»
Süddeutsche Zeitung

Die Schweizer hätten die Initiative nicht angenommen, weil sie fremdenfeindlich seien, sondern weil sie glaubten, dass Wachstum mehr Nachteile produziert als Wohlstand. So sieht es die «Süddeutsche Zeitung» aus München. In der EU sei die Stimmung ähnlich, konstatiert das Blatt. Und wenn man Niederländer, Deutsche oder Franzosen über die gleiche Frage abstimmen liesse, würde das Ergebnis wohl so ausfallen wie in der Schweiz. Ausserdem hätten sich EU-Vertreter in den Abstimmungskampf eingemischt und vor einem Ja gewarnt – das habe sich wohl kontraproduktiv ausgewirkt.

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«Die Schweiz ist ein geteiltes Land»

Die SVP habe Zustimmung auch jenseits ihrer klassischen Wähler erhalten, schreibt «Die Welt» aus Berlin. Die Schweiz sei nach dem Krimi ein geteiltes Land, der Röstigraben tief, die Handlungsfähigkeit der Politik belastet.

«Die Schweiz muss ihre Nähe zur EU neu justieren. Ein ‹Weiter-so› ist keine Option.»
Die Welt

«Schweizer Stimmung mit fatalen Folgen»

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Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» glaubt, dass das Resultat für die Schweizer Regierung, die Parteien (ausgenommen die SVP) und die Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften die schwerste Niederlage seit dem EWR-Nein 1992 sei. Regierung und Wirtschaft würden nun alle Hände voll zu tun haben, um die negativen Folgen der Abstimmung für die Zusammenarbeit mit der EU zu begrenzen.

«Die Schweiz steht vor einem Scherbenhaufen.»
Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Die Schweiz sagt ‹Fuck the EU›»

Bei der Abstimmung sei es gar nicht um den oft beschworenen «Dichtestress» gegangen, spekuliert Zeit Online. Sondern um «Fuck the EU» – damit zitiert das deutsche Newsportal die Aussage einer US-Botschafterin, die letzte Woche für Furore gesorgt hatte.

«Der Preis, den das Land für diesen ideologischen Entscheid bezahlt, könnte riesig sein.»
Zeit Online
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«Ende der Freizügigkeit»

Die linksgerichtete taz aus Berlin spekuliert, dass vor allem Flüchtlinge, Asylbewerber und Menschen aus der Zweiten und Dritten Welt von einer Umsetzung der Initiative betroffen sein werden. Der Sieg der SVP sei auch eine Ermutigung für den britischen Premier Cameron und andere, die die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU wieder begrenzen wollen.

«Das Resultat ist ein grosser Erfolg für die SVP, aber ein schlechtes Signal für die Schweiz und für Europa.»
taz
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«Das falsche Ende einer guten Debatte»

Zunächst lobt der Kommentator der Wiener «Presse» das Niveau, mit dem die Debatte zu der Initiative im Vorfeld geführt worden war. Man wünsche sich eine solche Diskussion auch in Österreich – ausgewogen und eben nicht ausschliesslich vom linken und rechten Rand geführt. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: das Abstimmungsresultat. Die SVP habe jedoch nie genau durchblicken lassen, wie sie die Initiative umsetzen wolle.

«Die Initiative muss sich für die Eidgenossen ziemlich konsequenzenlos angefühlt haben. Da geht in der Wahlkabine der diffuse Protest gegen die Zuwanderung natürlich leichter von der Hand.»
Die Presse

«Die Schweiz zu den Europäern: Raus!»

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«Das Gerüst der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU bröckelt  – wegen 19'516 Stimmen auf fast 3 Millionen Wähler.»
Le Soir (Belgien)

«Ein Zeichen gegen die Einwanderung, nicht gegen Europa»

«Le Monde» aus Paris hat mit dem Politologen Pascal Sciarini von der Uni Genf gesprochen. Die massive Zuwanderung verursache beim Volk ein Gefühl der Angst, sagt dieser.

«Ich fürchte, viele der Abstimmenden sind sich der Konsequenzen dieses Resultats nicht bewusst.»
Pascal Sciarini, im Interview mit «Le Monde»

«Die Schweiz schlägt der EU die Tür vor der Nase zu»

Gemäss «El Pais», der spanischen Mitte-Links-Tagsezeitung, zwingt das Ergebnis die Europäische Union, ihre enge Beziehung zu der Schweiz zu überdenken. Und es beende die Personenfreizügigkeit, die seit 2002 in Kraft ist.

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«Die Abstimmung zeigt nicht nur die Herausforderungen der Personenfreizügigkeit, sondern auch die populistische und fremdenfeindliche Stimmung im alten Kontinent.»
El Pais

«Der Bauchentscheid der Schweiz, die sich vor dem Fremden fürchtet»

«La Stampa» aus Turin stellt fest, dass das Tessin und die Deutschschweiz den Ausschlag gegeben hätten, während die Romandie die Vorlage ablehnte. Sie lässt den Präsidenten der Region Lombardei zu Wort kommen:

«Die Schweiz kann Grenzgänger nicht wie Mäuse behandeln. Den Arbeitnehmern ist Würde und Respekt entgegenzubringen.»
Roberto Maroni, Präsident der Region Lombardei

«Schweiz drosselt die Zuwanderung»

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«Die grosse Frage: Wie wird Brüssel, das von anderen EU-Mitgliedern wie Grossbritannien schon länger wegen der Personenfreizügigkeit unter Druck gesetzt wird, reagieren?»
BBC News

Die Schweizer Regierung müsse nun die EU informieren, dass sie die bilaterale Vereinbarung über die Personenfreizügigkeit neu verhandeln wolle, schreibt der britische Onlinedienst BBC News. Das sei aber «fast sicher» keine Option. Brüssel sehe die Personenfreizügigkeit als integralen Bestandteil des europäischen Marktes. Ein Ausschluss könne für die Schweiz katastrophale Folgen haben.

(rey)

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