Die Behindertenorganisation Inclusion Handicap hatte vor einiger Zeit gegen den neuen SBB-Doppelstockzug Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Nun konnten sich die Parteien aussergerichtlich in vier Punkten einigen. Der Rechtsstreit geht allerdings weiter. Noch sind elf Punkte nicht geklärt. Vor allem der Streit um die Rampenneigung bei den Eingängen in den Zug ist noch offen und wird vom Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Vorerst sind die SBB bestrebt, die vier Punkte umzusetzen, in denen man sich geeinigt hat. So werde nun eine zusätzliche Entspiegelung der Kundeninformations-Monitoren im Zug durchgeführt und ein durchgängiges Leitsystem zum Ertasten eingebaut, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung. An allen Wagenübergängen werde zudem eine Kennzeichnung angefügt, um das Stolperrisiko zu vermindern. Und spezielle Sitze für Menschen mit reduzierter Mobilität würden besser gekennzeichnet.
Die Einigung hat indes keine Auswirkungen auf die Betriebsbewilligung der neuen Züge. Denn diese wird vom Bundesamt für Verkehr (BAV) unabhängig vom hängigen Verfahren ausgestellt. Jedoch läuft die provisorische Betriebsbewilligung für die neuen Doppelstockzüge Ende diesen Monat aus. BAV sowie die SBB sind zuversichtlich, dass die Bewilligung fristgerecht erneuert wird. Die Züge seien fix auf den Fahrplanwechsel im Dezember eingeplant, heisst es bei den SBB auf Anfrage. Falls das Verwaltungsgericht aber gegen die SBB entscheidet,müsste das BAV noch einmal über die Bücher, was die Betriebsbewilligung anbelangt.
Momentan fahren die Züge aber nicht, zumindest nicht im Personenverkehr. Seit Anfang Oktober werden sie nur noch zu Test- und Schulungszwecken eingesetzt. Das hat einen einfachen Grund: Die elf Züge, welche bereits für den Personenverkehr eingesetzt wurden, erhielten ein SoftwareUpdate. Dieses ist aber nicht durch die provisorische Betriebsbewilligung des BAV gedeckt. Somit dürfen die Züge nicht mehr eingesetzt werden, bis die Software akzeptiert ist.
Wie auf Nachfrage beim BAV zu erfahren ist, könnten die SBB die Züge mit der alten Software weiter fahren lassen. Nur: Bereits haben die SBB alleZüge auf das neue Programm umgerüstet. Laut SBB sei dies keine Tragik. Denn als Back-up stände jeweils reguläres Rollmaterial zur Verfügung. «Gewisse Anpassungen» bei neuen Zügen seien zudem üblich.
Die neuen Doppelstöcker haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Nicht nur die Beschwerde von Inclusion Handicap erschwert die Inbetriebnahme. Die Lieferverspätung beträgt beim Hersteller Bombardier mehrere Jahre. Geplant war, dass die Züge bis Ende 2013 ausgeliefert sind. Daraus wurde nichts. Erst im Februar dieses Jahres fuhr der erste Zug in der Schweiz. Bestellt wurden die insgesamt 1,9 Milliarden Franken teuren Maschinen bereits 2010 – es war die teuerste Beschaffung von Rollmaterial der SBB überhaupt. Insgesamt bestellten die SBB 62 Bombardier-Züge. (aargauerzeitung.ch)