Schweiz
ÖV

BLS-Subventionsaffäre: Regierung war laut GPK zu «passiv»

BLS-Subventionsaffäre: Regierung war laut GPK zu «passiv»

18.08.2021, 11:08
Mehr «Schweiz»
Das Bahnunternehmen BLS kämpft mit Problemen bei den Niederflur-Nahverkehrszügen (Nina). Die Klimaanlagen in 27 der 36-Nina-Zügen sind defekt. Die Reparatur dürfte bis Oktober dauern.
Bild: zvg

In der Subventionsaffäre beim Berner Bahnunternehmen BLS hat die Aufsicht durch den Regierungsrat nicht gut funktioniert. Die Behörden waren zu wenig aktiv und liessen den Verwaltungsrat gewähren. Zu diesem Schluss kommt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates.

Sie hat ihren Bericht zur Behandlung durch das Kantonsparlament im Herbst verabschiedet, wie sie am Mittwoch mitteilte. Die BLS hatte von Bund und Kanton zu hohe Subventionen bezogen. Zuerst waren Mängel beim sogenannten Zinsglättungsmodell aufgeflogen.

Dann wurde bekannt, dass das Bahnunternehmen zu tiefe Erlöse aus dem Tarifverbund Libero in ihre Offerten eingerechnet hatte. Obwohl diese Vorkommnisse «Stück für Stück an die Öffentlichkeit traten», seien die zuständige Bau- und Verkehrsdirektion sowie der Regierungsrat passiv geblieben, kritisiert die GPK.

So liess die Regierung namens des Kantons als Hauptaktionär an den Generalversammlungen 2019 und 2020 Décharge erteilen. Man habe es weitgehend dem Verwaltungsrat überlassen, die Unregelmässigkeiten aufzuklären.

Verpasste Transparenz

Dadurch hätten es Regierungsrat und Direktion verpasst, «gegenüber der Öffentlichkeit ein klares Zeichen auszusenden, dass sie die Angelegenheit minuziös durchleuchten und Transparenz schaffen wollen.»

Kritik äussert die Kommission auch an der ungenügenden Mitarbeit der BLS sowie der Verkehrsdirektion gegenüber den kantonalen Aufsichtsorganen. So musste die Finanzkontrolle die Arbeit im Juli 2020 auf Eis legen, weil sich sowohl die BLS als auch die Direktion ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht widersetzten.

Die BLS habe auch die Aufsichtsbefugnisse der GPK angezweifelt, was unterstreiche, dass die Aufsicht letztlich «nicht richtig funktioniert» hat. Die Kommission erwartet vom Regierungsrat, dass er seinen Einfluss auf das Berner Bahnunternehmen verstärkt. Sie legt dazu acht Empfehlungen vor und erwartet bis im Winter 2022 Antworten.

Regierung wehrt sich

Die Berner Regierung wehrt sich in einer Medienmitteilung gegen die Kritik der GPK. Die subventionsrechtliche Aufsicht über die Abgeltungen im regionalen Personenverkehr obliege dem Bund. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) habe die Aufsicht wahrgenommen.

Zu viel erhaltene Abgeltungen seien zurückbezahlt sowie Kontrolle und Aufsicht verstärkt worden. Zudem wolle der Bund mit einer Anzeige prüfen lassen, ob strafrechtliche Tatbestände bestehen, hiess es weiter.

Auch weist die Regierung den Vorwurf mangelnder Transparenz zurück. Angesichts der laufenden Strafanzeige sei verständlich, dass im vertraulichen Bericht der BLS Namen eingeschwärzt worden seien. Dass die GPK auf eine Einsichtnahme verzichtet habe, sei bedauerlich.

Aus Sicht der Regierung hat sie und die Verkehrsdirektion entsprechend ihren Zuständigkeiten und Verantwortungen gehandelt. Eine Verletzung der Aufsicht sei nicht erkennbar. Man sei aber offen für «allfällige Verbesserungen». Doch bestünden zwischen Regierung und GPK unterschiedliche Auffassungen zur Aufsicht von Unternehmen mit kantonaler Beteiligung.

GPK-Gutachten

Die GPK fordert seit längerem eine aktivere Rolle der Regierung bei staatsnahen Betrieben. Ende Mai präsentiere die Kommission ein juristisches Gutachten zur Rolle der Aufsicht und Oberaufsicht.

Darin kam der Staats- und Verwaltungsrechtler Markus Müller zum Schluss, dass die Regierung bei Unternehmen, die mehrheitlich dem Kanton gehören, die politische Verantwortung trägt und im Notfall durchgreifen muss.

Bestehe die Gefahr, dass ein Unternehmen das Gemeinwohl aus den Augen verliere, sei ein Durchgreifen des Regierungsrates nicht nur erlaubt, «sondern sogar geboten». Die GPK hatte in der Vergangenheit bereits die «zu passive Rolle» der Regierung bei der Aufsicht über die BKW AG kritisiert. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Panzerknacker ade: Zahl der Bankomat-Überfälle hat sich 2023 halbiert

Die Zahl der Angriffe auf Bankomaten in der Schweiz hat sich innerhalb eines Jahres fast halbiert. Im Jahr 2023 gab es gemäss Zahlen der Bundespolizei 32 Bankomat-Attacken, wie diese am Freitag auf dem Portal X schrieb. Im Vorjahr waren es 56.

Zur Story