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Neue Swiss-Maschine: Der Jungfernflug mit dem Flüster-Jet macht kribbelig

Das angeblich leiseste Verkehrsflugzeug der Welt: Die CSeries CS 100.
Das angeblich leiseste Verkehrsflugzeug der Welt: Die CSeries CS 100.
Bild: EPA/KEYSTONE

Neue Swiss-Maschine: Der Jungfernflug mit dem Flüster-Jet macht kribbelig

Erstmals durften Passagiere mit dem neuen Swiss-Regionaljet fliegen. Das nach Hersteller-Angaben leiseste Flugzeug der Welt besticht auch durch seinen geringeren CO2-Ausstoss. Die «Nordwestschweiz» war beim Testflug mit dabei.
06.06.2016, 09:5606.06.2016, 10:09
Stefan Schuppli
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Endlich geht es los. Der zweistrahlige Jet beschleunigt ungewöhnlich kräftig. Beim Abheben auf dem Flughafen Dublin – nach nur 1500 Metern Startstrecke – werden wir in den Sitz gedrückt: Die Maschine ist offensichtlich sehr gut motorisiert. Steil geht's nach oben, nach zwei Minuten zieht unter uns die saftig grüne irische Küste vorbei. Die CSeries CS100 sei das leiseste Verkehrsflugzeug der Welt, behaupten die Ingenieure des kanadischen Herstellers Bombardier keck. Die Luftfahrtgesellschaft Swiss hat von diesem Typ 30 Stück bestellt; der erste Jet soll Mitte Juli ausgeliefert werden.

In der Kabine hören wir nur ein mässiges Rauschen. Dass wir der Konversation der vor uns sitzenden Passagieren folgen können, zeigt: Der Flieger ist leise. Normalerweise ist so etwas nur in einem Airbus A-380 möglich. Ob der 35 Meter kurze CS100 auch für Flughafenanwohner leiser ist als andere, lässt sich im Flieger natürlich nicht beurteilen. In der Kabine hingegen sorgte lediglich das Ausfahren verschiedener Klappen für Lärm.

Swiss-Kabine wird «schöner und besser»

Der Flug von Dublin nach Zürich ist eine echte Premiere. Zu den ersten offiziellen Passagieren zählen zu dürfen, die bei diesem Testflug dabei sind, macht schon kribbelig – ehrlich gesagt. An Bord waren 21 Airline-Chefs des Verbundes Star Alliance, Bombardier-Spitzenmanager und eine internationale Journalistentruppe. Die CSeries CS100, in der wir sitzen, ist allerdings keine Swiss-Maschine, sondern ein firmeneigenes Testflugzeug. Die Swiss-Bemalung ist eine kleine Referenz an den Erstbesteller, der viel Geduld aufbringen musste, bis der Vogel flügge war.

Der Bombardier CSeries CS100 im Werbefilm der «Swiss»

Klar wollen wir bei diesem Testflug alles über den neuen Flieger in Erfahrung bringen. Wir inspizieren die Inneneinrichtung, die Fenster, die Beleuchtung. Alle zücken Smartphones, selfiezieren, knipsen in der Gegend rum. Allerdings ist die Kabine eine relativ simple Demo-Ausstattung von Bombardier. Nicht von Swiss. Deren Version werde um «einiges besser und schöner», versprechen anwesende Vertreter der Fluggesellschaft.

Jetzt auf

Auffallend sind die Gepäckablagen – sie sind riesig. Wenn deren Klappen offen sind, wirds etwas eng in der Kabine. Der Sitzabstand wird nur 76 Zentimeter betragen. Aber der Sitz werde dank innovativem Design platzsparend und sehr ergonomisch sein, heisst es bei Swiss. Ein Nachteil ist die Sitzkonfiguration mit dem ungeliebten Mittelsitz in der einen Reihe. Dieser Punkt geht an den Konkurrenten Embraer 190 mit der Zweier-Sitzordnung.

Pilot schneller als Konzernchef

Der Bombardier-Testflieger stand vergangene Woche auf dem Flughafen in Dublin, wo die Generalversammlung des Flugbranchen-Verbandes Iata stattfand. Die Star-Alliance-Chefs flogen anschliessend im Bombardier-Jet nach Zürich, wo sie die Jahresversammlung des Airline-Verbundes abhielten, an dem auch die Swiss beteiligt ist.

Auf dem Test-Flug galt, zumindest für Carsten Spohr, Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Als der Lufthansa-Chef nämlich mit – «Wir glauben an Innovation!» – seine Begrüssungsrede startet, steigt das Mikro aus. Es knackt in der Leitung, Stille. Riesengelächter in der Kabine. Ach ja, natürlich, nun meldet sich der Pilot: «Here is your Captain speaking.»

Die Präsentation des neuen Jets im Juni 2015 auf dem Flughafen Zürich-Kloten.
Die Präsentation des neuen Jets im Juni 2015 auf dem Flughafen Zürich-Kloten.Bild: EPA/KEYSTONE

Esteban Arias kann nicht wissen, dass Spohr gerade zu seiner Lobeshymne auf Fortschritt, Komfort und Umwelt ausholt. So folgen die Floskeln des Piloten: «Welcome on board... fantastic aeroplane... great moment...» Es knackt erneut, und jetzt ist Spohr wieder dran: «Es ist halt so: Der Captain hat immer das letzte Wort.»

Finanzieller Kollaps drohte

Der Erstflug des Fliegers verlief ja ganz toll. Aber dessen Entwicklung lief weniger flott ab. Das Flugzeug kommt mit drei Jahren Verspätung auf den Markt. Das ist zwar nicht ungewöhnlich bei Neuentwicklungen. Aber bei Bombardier war das insofern heikel, als dessen Entwicklung den Hersteller an seine finanziellen Grenzen gebracht hat. Die CSeries-Produktion wurde in eine separate Firma ausgegliedert, an der sich auch die Provinz Quebec beteiligen soll. Denn der Bombardier-Hauptsitz befindet sich im Süden der Region, in Montreal.

Ab Mitte Juli werden die CSeries nach und nach die in die Jahre gekommenen Avros ersetzen. Bestellt hat die Swiss, respektive deren Muttergesellschaft Lufthansa, 15 CS 100 mit 125 Sitzen für gut 50 Millionen Franken und 15 der längeren CS 300 mit 145 Sitzen.

Weniger Treibstoff, weniger CO2

Der Flieger bietet selbstverständlich einiges an technischen Neuigkeiten oder zumindest bedeutende Weiterentwicklungen. Eine Besonderheit sind die Triebwerke von Pratt & Whitney mit ihrem beeindruckenden Durchmesser. Die Jet-Turbine wird von einem Luftstrom ummantelt, der von einem grossen Schaufelrad bewegt wird. Ein Untersetzungsgetriebe reduziert die Drehzahl, was die Geräusche dämpft. «Geared Turbofan» nennt man Triebwerke dieser Art.

Die CSeries CS100 ist aber nicht nur sehr leise. Sie lässt sich auch sehr sparsam betreiben: Die Betriebskosten liegen um einen Viertel unter denjenigen vergleichbarer Flugzeugtypen. Der Bombardier-Jet besteht nämlich knapp zur Hälfte aus sehr leichten Verbundwerkstoffen. Daher ist das Flugzeug nicht nur fünf Tonnen leichter als andere, es verbraucht auch 20 Prozent weniger Treibstoff. Es kann bis zu 6000 Kilometer nonstop zurücklegen und stösst dabei 20 Prozent weniger CO2 aus.

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