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Taktieren um Listenverbindungen: Toni Brunner blitzt bei der GLP ab

Fernduell zwischen SVP und Grünliberalen: Schon hier bei den Wahlen 2011 hatten sich GLP-Präsident Martin Bäumle und SVP Präsident Toni Brunner vor dem Interview im SRF nicht viel zu sagen.
Fernduell zwischen SVP und Grünliberalen: Schon hier bei den Wahlen 2011 hatten sich GLP-Präsident Martin Bäumle und SVP Präsident Toni Brunner vor dem Interview im SRF nicht viel zu sagen.Bild: KEYSTONE
Kampf um Parlamentswahlen

Taktieren um Listenverbindungen: Toni Brunner blitzt bei der GLP ab

SVP-Präsident Toni Brunner fordert im Hinblick auf die Wahlen 2015 die Grünliberale Partei auf, über Listenverbindungen mit SVP und FDP nachzudenken. Inhaltlich, aber auch arithmetisch ergeben Listenverbindungen mit der SVP für die GLP aber keinen Sinn. 
25.08.2014, 07:2425.08.2014, 13:07
Doris kleck / Aargauer zeitung
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Ein Artikel von
Aargauer Zeitung

Der Kampf um die Parlamentswahlen 2015 ist in vollem Gange. Übers Wochenende lieferten sich BDP-Präsident Martin Landolt und SVP-Präsident Toni Brunner ein Fernduell. Landolt stellte in einem Interview mit dem «Blick» die Regierungsbeteiligung der SVP infrage und fand an der Delegiertenversammlung in Pully markige Worte zur SVP: «Bis zu welchem Punkt muss eine Politik noch brauner werden, bis alle merken, dass sie stinkt?» 

Toni Brunners Antwort darauf am Rande der SVP-Delegiertenversammlung in Unterägeri fiel kurz und bündig aus: «Wer ist Landolt?», fragte er gut gelaunt. Stattdessen setzte er via «SonntagsZeitung» die FDP unter Druck. Es sei beschlossene Sache, dass die SVP mit zwei Kandidaten zu den Bundesratswahlen antreten werde und dass sich die SVP nicht mehr in jedem Fall an die Konkordanz gebunden fühle. Damit bestätigte Brunner frühere Aussagen, wonach die SVP nicht mehr unbedingt den BDP-Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf im Visier hat, sondern auch zum Angriff auf einen der beiden FDP-Vertreter bereit ist. 

Kommt es zu Listenverbindungen? 

Brunners Druckversuch hat mit den laufenden Gesprächen für Wahlbündnisse zu tun. Die SVP hat der FDP flächendeckende Listenverbindungen angeboten. Gemäss der «Schweiz am Sonntag» finden in zehn Kantonen ernsthafte Gespräche zwischen den beiden Parteien statt. Dabei zeigt sich, dass die FDP vielerorts mögliche Sitzgewinne über inhaltliche Differenzen stellt.

Für Aufsehen sorgte diese Woche aber der Zürcher FDP-Kantonalpräsident Beat Walti. Er sehe nicht ein, weshalb die FDP die Profilübungen der SVP in Form einer Listenverbindung unterstützen solle. FDP-Präsident Philipp Müller doppelte in der «SonntagsZeitung» nach. Wenn die SVP all ihre angekündigten Initiativprojekte realisiere, werde es bei den Kantonalparteien wohl einige inhaltliche Diskussionen rund um die Listenverbindungen geben. Grundsätzlich sind sich Toni Brunner und Philipp Müller aber einig: Bei den Listenverbindungen geht es um Arithmetik. 

 «Grundlegend für den Wahlerfolg sind in den Nationalratswahlen die Listenverbindungen – für manche Parteien tragen diese wohl mehr bei als eine erfolgreiche Wahlkampagne.»
Politologe Daniel Bochsler

Wer richtig rechnet, gewinnt 

«Rechnen, rechnen, rechnen», dieses Motto gab GLP-Präsident Martin Bäumle seiner Partei 2011 im Wahlkampf vor. Tatsächlich rechnete keine Partei so gut wie die GLP: Sie avancierte zur Königin der Listenverbindungen. Sechs von zwölf Nationalratsmandaten holte die Partei aufgrund von Listenverbindungen. Dabei kannte Bäumle keine Tabus. Die GLP ging Verbindungen von der SP bis hin zur EDU ein. 

Der Politologe Daniel Bochsler schrieb darauf in der «NZZ»: «Grundlegend für den Wahlerfolg sind in den Nationalratswahlen die Listenverbindungen – für manche Parteien tragen diese wohl mehr bei als eine erfolgreiche Wahlkampagne.» Listenverbindungen können also matchentscheidend sein. Toni Brunner spricht davon, dass das bürgerliche Lager 2011 vier bis sieben Sitze an Mitte-Links verloren hat, weil es getrennt in die Wahlen stieg. Der damalige FDP-Präsident Fulvio Pelli verzichtete auf Listenverbindungen, um das Profil seiner Partei nicht zu verwässern. 

Jetzt auf

Toni Brunner ist gewillt, aus diesem Fehler zu lernen. Dazu ist er auch zu einem «Tabu-Bruch» bereit. Via «Schweiz am Sonntag» machte Brunner gestern der GLP Avancen für gemeinsame Listenverbindungen mit SVP und FDP. Brunner ortet Berührungspunkte in finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen sowie Asyl- und Ausländerfragen. 

Die grössere Partei profitiert 

Brunners Angebot an die GLP kommt nicht von ungefähr. Weil die CVP und die BDP im Hinblick auf eine verstärkte Zusammenarbeit Listenverbindungen in allen Kantonen eingehen wollen, steht die GLP etwas isoliert da. So ist im Kanton St. Gallen bereits klar, dass CVP und BDP gemeinsame Sachen machen. Damit ist der GLP-Sitz von Margrit Kessler arg gefährdet. Sie profitierte bei den letzten Wahlen von der Liaison mit der BDP. 

«Unser Wahlsystem benachteiligt kleine Parteien, deshalb sind wir daran interessiert, mit anderen kleinen Parteien Listenverbindungen einzugehen, um die Nachteile zu kompensieren.»
GLP-Nationalrat Roland Fischer

Grundsätzlich gilt, dass bei Listenverbindungen meist der stärkste Partner einer Allianz profitiert. Deshalb, sagt GLP-Nationalrat Roland Fischer, ergebe eine Listenverbindung mit der SVP für die Grünliberalen keinen Sinn. Für den Luzerner sind Listenverbindungen eine Frage der Wahlarithmetik: «Unser Wahlsystem benachteiligt kleine Parteien, deshalb sind wir daran interessiert, mit anderen kleinen Parteien Listenverbindungen einzugehen, um die Nachteile zu kompensieren.» Beim Angebot von Toni Brunner kommen bei Fischer aber auch inhaltliche Bedenken dazu. 

Diese teilt Ständerätin Verena Diener (GLP/ZH): «Ich verzichte lieber auf einen zusätzlichen Sitz, als mit der SVP in ein Boot zu steigen.» Ethisches und moralisches Verhalten habe einen Preis. Solange sich die SVP derart extrem verhalte, lehne sie Brunners Angebot ab. Zwar hätten GLP und SVP in der Finanzpolitik ähnliche Ideen: «Doch das ist keine ausreichende Basis.» Für Diener geht es bei Listenverbindungen nicht nur um Mathematik, sondern auch um politische Inhalte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass CVP und BDP ihre Partei ausgrenzen und in eine «unkomfortable Situation bringen». 

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