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Schweizer Parteien: Der Formstand von SVP, SP, GLP und Co.

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Debakel, Ernüchterung, grüne Welle: So steht es um die Schweizer Parteien

In Luzern und Baselland verfestigt sich der Trend: Die Ökoparteien sind kaum zu stoppen. Die Analyse.
01.04.2019, 05:4101.04.2019, 08:21
Doris Kleck / CH Media
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Für hiesige Verhältnisse waren die Verschiebungen bei den Zürcher Wahlen erdrutschartig. Die SVP verlor neun Sitze und 5.6 Prozentpunkte bei der Wählerstärke. Christoph Blocher persönlich sah sich gezwungen, nach der Schlappe einzugreifen.

Und Bundespräsiden Ueli Maurer las seiner Partei via Zeitung die Leviten. «Wir sind bequem geworden», sagte der SVP-Magistrat im «SonntagsBlick». Auf der anderen Seite frohlockten die Grünen und die GLP. Leise träumten sie von einem Öko-Bundesrat.

Zürich als feiner Seismograph für die nationalen Wahlen im Herbst. Nur schon deshalb, weil ein Sechstel der Stimmberechtigten dort lebt. Allerdings ist Zürich nicht die Schweiz. So ist dort etwa die Rolle der CVP bescheiden, die GLP wiederum ist so stark wie nirgendwo sonst. Die gestrigen Wahlen in Baselland und Luzern gaben deshalb weitere wichtige Hinweise auf den eidgenössischen Urnengang.

Grüne und GLP: Nicht zu stoppen

Die Gruene Partei feiert die ersten Wahlerfolge anlaesslich der Luzerner Regierungsratswahlen vom Sonntag, 31. Maerz 2019, im Regierungsgebaeude von Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Anhänger der Grünen feiern in Luzern.Bild: KEYSTONE

Klimawahl: Unter diesem Stichwort liessen sich die Ergebnisse in Zürich zusammenfassen. Die grüne Welle erfasste nun auch die Kantone Baselland und Luzern. Im 90-köpfigen Baselbieter Landrat gewannen die Grünen sechs Sitze und sind neu viertstärkste Partei.

In Luzern – das Kantonsparlament zählt 120 Sitze – legten die Grünen um sieben Sitze zu, ihre Jungpartei stellt neu auch einen Kantonsrat. Die GLP legte in Zürich noch stärker zu als die Grünen. Gestern zeigte sich, dass die Partei gegenüber den Grünen strukturell im Hintertreffen liegt. Die GLP ist in vielen Kantonen eine Kleinpartei. In Baselland konnte die Partei nicht zulegen. In Luzern gewann die GLP drei Sitze und kommt neu auf acht Vertreter.

SVP: Zwei weitere Debakel

Minus neun Sitze in Zürich, minus sieben Sitze in Baselland, minus sieben Sitze in Luzern. Der Trend bei der SVP ist klar negativ. Im Baselbiet wird sie von der SP als stärkste Partei abgelöst.

CVP: Ernüchterung

Luzern gehört zu den wichtigsten Bastionen der CVP, die Wahlen sind deshalb ein Gradmesser für die Partei von Gerhard Pfister. Sein konservativer Kurs ist stark auf die Stammlande ausgerichtet. Das Ergebnis von Luzern dürfte ihn ernüchtern. Die CVP bleibt zwar klar die grösste Partei im Parlament, verliert aber vier Sitze.

In der Vergangenheit hat die CVP oft an die SVP verloren – immerhin dieser Trend ist in Luzern gestoppt. Die SVP hat noch stärker verloren – dies dürfte Pfisters schwacher Trost sein. In Baselland kann die CVP ihre acht Sitze halten. Betrachtet man alle kantonalen Wahlen seit 2015, ist die CVP nicht mehr die grösste Verliererin: Die SVP verbucht seit gestern höhere Verluste.

FDP: Wendepunkt oder Unfall?

In Zürich endete die Siegesserie des Freisinns abrupt. Der Verlust des zweiten Sitzes im Regierungsrat hatte eine historische Dimension. Dazu verlor die Partei 1.6 Prozentpunkte bei der Wählerstärke. Die Auguren fragten sich: War Zürich ein Unfall oder eine Trendwende? Die Zeichen deuten auf Letzteres. In Baselland blieb die FDP zwar stabil, in Luzern verlor sie aber drei Sitze.

SP: Hoffen auf die soziale Frage

Der SRG-Wahlbarometer hatte die Genossen im Februar aufgeschreckt. Ein Wählerverlust von 1.4 Prozent wurde ihnen prognostiziert. Mit einem Wähleranteil von 17.4 Prozent lag die SP nicht mehr vorn, sondern nur noch gleichauf mit der FDP. Angesichts zahlreicher erfolgreicher Wahlen in den Kantonen – etwa in Bern, Solothurn, Zug, Genf oder Aargau – ein überraschender Befund, der überholt ist.

In Zürich verloren die Sozialdemokraten nur marginal. Sowohl in Baselland und Luzern gehörten sie zu den Gewinnern. In beiden Kantonen agierte die SP als Oppositionspartei und profilierte sich gegen die bürgerliche «Abbaupolitik». Mit dieser Strategie punktete die SP sowohl in Baselland (+1) wie auch in Luzern (+ 3 Sitze). Gewinnen Fragen der Umverteilung gegenüber dem Klima bis im Herbst wieder an Bedeutung, dürfte mit der SP bei den nationalen Wahlen zu rechnen sein.

BDP: Niedergang hält an

Es sind bittere Tage für die BDP. Nach Zürich fällt die ehemalige Bundesratspartei auch in Baselland aus dem Landrat. Damit ist die BDP nur noch in fünf Kantonen im Parlament vertreten.

Fazit

Noch stehen die Tessiner Wahlen vom nächsten Sonntag aus. Die übrigen Kantone haben seit den letzten eidgenössischen Wahlen 2015 gewählt. Am stärksten zugelegt haben die Grünen (+41 Sitze). Die FDP (+30) liegt noch vor der SP (+23) und der GLP (+16). Allerdings hat die FDP bei zwei der drei letzten Wahlen verloren. Bei SVP (–41), CVP (–35) und BDP (–21) hat sich der Abwärtstrend verfestigt.

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89 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yolo
01.04.2019 07:15registriert Mai 2015
Vier Jahre asoziale Politik gehen nicht so schnell vergessen. Die Bevölkerung möchte mehr Konkordanz und keine "bürgerliche" Abbaupolitik.
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DerTaran
01.04.2019 07:30registriert Oktober 2015
Die Listenverbindungen und weiterhin die Anbiederung an die SVP wird der FDP auch nicht geholfen haben.
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leu84
01.04.2019 08:35registriert Januar 2014
Alles auf die "Grüne Welle" zu reduzieren ist zu einfach. Steigende Mieten in den Zentren, Jobunsicherheit trotz Konjunktur und auch etwas rückständige Politik. Übermässiges Sparen u.a. bei der Volksschule. Steigende KK-Prämien. Man hat auch genug von Altparteien.
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