Rauchen ist bekanntlich ungesund. Trotzdem raucht immer noch ein Viertel der Schweizer Bevölkerung. Seit 1992 sind das jedoch 30 Prozent weniger Menschen. In diesen Zahlen sind jedoch der Konsum von E-Zigaretten nicht enthalten, welche besonders bei den Jüngeren auf dem Vormarsch sind. 17 Prozent der 15- bis 24-Jährigen konsumierten 2022 Tabakerhitzer, E-Zigaretten, Shisha oder Snus.
Nun wollen Unternehmen ihren Lernenden Anreize bieten, damit diese nicht rauchen. Dazu gehören zusätzliche Ferien, Gutscheine oder Boni.
Die Idee der Belohnung für Nichtrauchende ist nicht ganz neu und wurde schon vor 25 Jahren diskutiert. Doch in den vergangenen Jahren erhielt das Thema immer mehr Anklang bei den Schweizer Unternehmen.
Bei der Firma Energie Thun ist bei der Rubrik Ferien «1 zusätzliche Nichtraucher:in-Ferienwoche für Lernende» aufgeführt. Bei der Post gab es bis 2024 rund 20 Jahre lang einen Bonus von 300 Franken für Lernende, die in ihrer Jugendzeit die Finger vom Glimmstängel liessen. Dies erfolgte durch Selbstdeklaration der Lernenden.
Das Tabakpräventionsprojekt «Zackstark», das 2017 von der Lungenliga Aargau lanciert wurde, wird derzeit gesamtschweizerisch angeboten. Schweizweit wirken rund 600 Lehrbetriebe und 4000 Lernende beim Projekt mit. Im Kanton Zürich beispielsweise sind 205 Betriebe mit 2014 Lernenden gelistet, welche ihre Lernenden dafür belohnen, nikotinfrei zu bleiben. Laut Roger Zemp, Kantonaler Projektleiter bei «zackstark» Zürich, rauchen junge Menschen, die zwischen 15 und 19 Jahren rauchfrei bleiben, auch meistens ihr restliches Leben nicht. «Deswegen ist es besonders in diesem Alter wichtig, die Jugendlichen zu motivieren», meint Zemp.
Die Lernenden unterzeichnen eine Vereinbarung mit dem Lehrbetrieb und der Zürcher Fachstelle zur Prävention des Suchtmittelmissbrauchs (ZFPS), während der gesamten Lehre rauchfrei zu sein. Dazu zählt auch die Freizeit.
Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) ist mit Unterbrüchen seit mehreren Jahren beim Projekt dabei. «Es geht dem SRK in erster Linie darum, Lernende davon abzuhalten, während der Lehre mit dem Tabakkonsum anzufangen. Es ist auch schon vorgekommen, dass ein (rauchender) Lernender nach einem spontanen Lungentest, den die Lungenliga durchgeführt hat, mit dem Rauchen aufgehört hat», schreibt das SRK.
2023 haben neun von zwölf Lernenden mitgemacht. Aktuell seien alle 11 Lernenden der Geschäftsstelle SRK beim Projekt dabei. In Vergangenheit seien aber auch schon Lernende aus dem Projekt ausgestiegen.
Die UBS ist seit 2020 bei «zackstark» mit dabei. Momentan wirken 65 Prozent der Lernenden mit.
Und auch das Kantonsspital Winterthur ist Teil des Projekts. Aktuell machen drei Viertel der Lernenden mit. Nur vereinzelt sei es zu Ausstiegen gekommen. «Die Anzahl ist jedoch sehr gering», schreibt das KSW.
In den vergangenen Jahren haben laut Zemp nur durchschnittlich sechs Prozent das Projekt abgebrochen oder doch noch mit dem Nikotinkonsum angefangen.
Der Vorteil für die Lernenden liegt auf der Hand: Sie leben gesünder, sparen Geld und erhalten dazu noch einen Bonus oder Extra-Ferien. Vorgegeben sind mindestens zwei Tage Ferien oder 100 Franken an Bonus oder Gutschein. «Die meisten Lehrbetriebe entscheiden sich aber für einen Bonus von 100 bis 200 Franken pro Lehrjahr», meint Zemp. 70 Prozent der Betriebe entscheiden sich laut ihm für dieses System.
Das SRK hat sich für das Bonussystem entschieden. Nebst dem Kinogutschein von «zackstarch» erhalten die Lernenden pro Lehrjahr einen Bonus von 100 Franken. Beim KSW werden die Lernenden mit zwei zusätzlichen Ferientagen pro Lehrjahr motiviert, um dem Nikotinkonsum fernzubleiben. Auch bei der UBS können sich die Jugendlichen über einen zusätzlichen Ferientag pro Lehrjahr freuen. Dazu spendet die UBS pro Kopf einen Beitrag an eine wohltätige Organisation. Karin Aquilino von der UBS schreibt dazu: «Die Lernenden können wählen, an welche Organisation dieser Betrag gespendet werden soll.»
Vorteile für die Betriebe sind vor allem ein Imagegewinn als Ausbildungsbetrieb und weniger Ausfälle wegen Krankheit. Durch das Rauchen sei das Immunsystem der Jugendlichen nämlich angegriffen, was für mehr Fehltage sorge. Andere Vorteile für Betriebe sei mehr Produktivität und weniger Belästigung durch Rauchgeruch. «Die Betriebe möchten ihren Lernenden aber auch die Message geben, dass deren Gesundheit ihnen wichtig ist», meint Zemp.
Kontrolliert wird das Ganze durch CO-Messgeräte, welche in den Personalgesprächen der Betriebe zum Einsatz kommen. Dabei blasen die Jugendlichen ähnlich wie bei einem Alkoholtest in das Gerät. Der CO-Test misst den Kohlenmonoxid-Gehalt in der Atemluft und gibt damit Hinweise darauf, ob in den vergangenen Stunden und Tagen Nikotinprodukte konsumiert wurden. Das Gerät wird den Unternehmen von «zackstark» zur Verfügung gestellt. Bei grösseren Unternehmen kann «zackstark» auch selbst vorbeikommen, um den Test durchzuführen oder es werden Workshops durchgeführt.
Beim KSW sind so schon vereinzelt Lernende mittels Stichproben erwischt worden. Grundsätzlich werde beim Programm aber auf Ehrlichkeit und Eigenverantwortung gesetzt.
Beim SRK werden keine Messungen mehr durchgeführt und es wird ebenfalls auf Vertrauen gesetzt. Auch die UBS setzt auf die Eigenverantwortung der Lernenden. Das Vertrauen kann laut Zemp aber gestört werden, wenn Jugendliche ihren Konsum verheimlichen und auf frischer Tat ertappt werden. Besser sei es, den Abbruch des Projekts oder den Nikotinkonsum anzumelden. Konsequenzen gebe es keine, ausser dass die Vergütung nicht mehr ausgestellt werde.
Neben den gesundheitlichen Schäden zeigt sich bei Rauchenden auch eine Lücke bei der Arbeitszeit. Mitarbeitende, die öfter den Weg nach draussen suchen, um ein Zigarettenpäuschen zu machen, kommen aufsummiert auf zusätzliche zweieinhalb Wochen Freizeit. Zu diesem Schluss kam eine Umfrage von Censuswide im Auftrag des Online-Händlers SnusMarkt vergangenes Jahr.
Bei der Umfrage, bei der rund 500 Raucherinnen und Raucher in der Schweiz befragt wurden, verbringen diese jährlich rund 112 Stunden der Arbeitszeit als Raucherpause. 41 Prozent gaben an, zwei- bis dreimal täglich eine Raucherpause einzulegen, 40 Prozent genehmigen sich sogar vier- bis fünfmal eine Zigarette.
Bei der Länge der einzelnen Fehlzeiten gab knapp die Hälfte an, jeweils zwischen sechs und zehn Minuten mit dem Rauchen zuzubringen. Bei jedem Dritten sind es sogar elf bis 15 Minuten. Raucherpausen von dreimal täglich je zehn Minuten sind auf eine Arbeitswoche hochgerechnet zweieinhalb Stunden, welche Raucherinnen und Raucher der Arbeit fernbleiben.
44,6 Prozent der Rauchenden vermerken ihre Pause auch als solche. Jedoch gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, ihre inoffiziellen Rauchpausen nicht offiziell festzuhalten. 77 Prozent kürzen häufig, regelmässig oder manchmal die Mittagspause, um ihr Fernbleiben durch die Raucherpausen zu kompensieren.
Das Schweizer Arbeitsgesetz garantiert bei mehr als fünfeinhalb Stunden Arbeitszeit eine Pause von 15 Minuten. Bei mehr als sieben Stunden Arbeitszeit haben Angestellte einen Anspruch auf 30 Minuten Pause und bei über neun Stunden Anrecht auf eine Stunde, die aber aufgeteilt werden kann.
Die Pausen gelten jedoch nicht als Arbeitszeit und müssen vom Arbeitgeber nicht vergütet werden. Eine Ausnahme besteht, wer den Arbeitsplatz in seiner Pause nicht verlassen darf. Raucherinnen und Raucher haben keinen Anspruch auf zusätzliche Pausen fürs Rauchen.