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Du willst nur das Beste? Voilà:
Während des Kalten
Kriegs, als für gewisse Leute die Welt noch in Ordnung war,
herrschte eine klare Doktrin: «Die Schweiz hat keine Armee, sie ist
eine Armee.» Kritik an der Landesverteidigung war gleichbedeutend
mit Landesverrat. Seit dem Zerfall des Ostblocks jedoch steckt die
Schweizer Armee in einer Art permanenten Identitätskrise.
Ein wesentlicher
Grund dafür ist die heutige, diffuse Bedrohungslage. Mit
militärischen Mitteln allein kann man ihr nicht begegnen. Die Parole
von der «besten Armee der Welt», die der frühere VBS-Chef Ueli
Maurer nach seiner Wahl in den Bundesrat ausgegeben hat, kann darüber
nicht hinwegtäuschen. Sein Nachfolger Guy Parmelin sieht sich
gleich mit mehreren Baustellen konfrontiert. Der Waadtländer steht auch unter dem Druck seiner Partei: Die SVP
will die Sicherheit in der neuen Legislatur zu einem zentralen Thema
machen.
In der
Frühjahrssession verabschiedete das Parlament die
Weiterentwicklung der Armee (WEA), den neusten von diversen
Reformschritten seit Beginn der 1990er Jahre. Kernpunkt ist die
Halbierung des Sollbestands von 220'000 auf 100'000 Mann. Es war eine
Zangengeburt. Zwischenzeitlich brachten SVP, SP und Grüne die Reform im
Nationalrat in einer «unheiligen Allianz» sogar zum Absturz. Die
SVP lenkte erst ein, als ihr ein jährliches Militärbudget von fünf Milliarden
Franken zugesichert wurde.
Über die WEA muss
vermutlich das Volk entscheiden. Gegen das Reformvorhaben wurde das
Referendum ergriffen, und das nicht etwa von links, sondern von
Armeefreunden um die Gruppe Giardino, die sich für eine starke
Milizarmee einsetzt. Dem Referendumskomitee ist in erster Linie die
Halbierung des Bestandes ein Dorn im Auge. Es handle sich nicht um
eine Weiterentwicklung, sondern um einen Weiterabbau der Armee, hiess
es diese Woche an einer Medienkonferenz.
Der Bundesrat hat
sich gegen die SVP-Forderung nach einem jährlichen Budget von fünf Milliarden Franken lange gesträubt. Diese Woche nun
gab die Regierung nach, wohl auch aufgrund der neuen
Mehrheitsverhältnisse. Die Armee soll bereits für die Jahre 2017
bis 2020 insgesamt 20 Milliarden Franken erhalten. Wegen der
angespannten Lage der Bundeskasse hatte des Bundesrat bisher auf 18,8
Milliarden Franken beharrt. Das letzte Wort in dieser Sache ist kaum
gesprochen. Im Streit um die knappen Finanzen wird das Militärbudget
im Fokus bleiben.
Der Kleinlastwagen Duro ist das
Standard-Transportmittel der Armee, sie besitzt rund 3000 Stück.
Davon sind 2200 am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. Für das VBS
stellte sich die Frage: Neue Fahrzeuge anschaffen oder die
bestehenden Duros überholen? Das Verteidigungsdepartement entschied
sich für die zweite Variante, obwohl sie mit Kosten von 250'000
Franken pro Fahrzeug verbunden ist – fast doppelt so viel, wie die
Duros bei ihrer Beschaffung vor 20 Jahren gekostet haben.
Im Parlament sorgte
diese Tatsache für rote Köpfe, dennoch stimmte es der Sanierung zu, nicht zuletzt weil das VBS Aufträge und
damit Arbeitsplätze für 150 Firmen in 20 Kantonen in Aussicht
stellte. Den Auftrag für die Sanierung erhielt die Kreuzlinger Firma
Mowag. Sie durfte zuvor in einer Studie im Auftrag von Armasuisse,
der Rüstungsagentur des Bundes, die Gründe für die «Werterhaltung» des Duro darlegen. Für Kritiker ein Fall von Interessenkonflikt.
Nach dem Absturz des
Kampfjets Gripen konzentrierte sich die Luftwaffe auf das Projekt
Bodengestützte Luftverteidigung 2020 (Bodluv), um die angejahrte Fliegerabwehr zu ersetzen. Zwei Lenkwaffensysteme wurden
evaluiert: IRIS-T des deutschen Herstellers Diehl und CAMM-ER des
europäischen Rüstungskonzerns MBDA . Die «Zentralschweiz am
Sonntag» und die SRF-«Rundschau» enthüllten, dass beide
Systeme Mängel aufweisen: IRIS-T ist nicht allwettertauglich,
CAMM-ER verfügt über eine zu geringe Reichweite.
Dennoch beantragte
das VBS die Beschaffung gleich beider Systeme. Erst nach der «Rundschau»-Enthüllung stoppte Bundesrat Parmelin das Projekt
Bodluv, dessen Kosten auf rund eine Milliarde Franken geschätzt
werden. Er ordnete eine Untersuchung an. Unter Druck steht in erster
Linie Luftwaffenchef Aldo Schellenberg. Er soll gemäss «Tages-Anzeiger» in einer Aktennotiz die Probleme mit den beiden
Lenkwaffensystemen beschönigt haben. Armeechef André Blattmann
erklärte in einem Interview, Schellenberg habe «zum jetzigen
Zeitpunkt» sein Vertrauen.
Knapp zwei Jahre nach dem Gripen-Debakel nahm der Bundesrat Ende Februar einen neuen Anlauf zur Beschaffung eines Kampfflugzeugs. Er setzte eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit der Nachfolge des F-5 Tiger – für die der Gripen vorgesehen war – als auch des F/A-18 befassen soll. Das VBS will dem Parlament 2017 einen Planungskredit unterbreiten, der Typenentscheid soll 2020 gefällt werden.
Die siegreichen Gegner des Gripen kritisieren, dies sei zu früh. Die 31 F/A-18 genügten für den Schutz des Luftraums und müssten frühestens 2030 ersetzt werden. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) stellt eine Volksinitiative in Aussicht.
Nach der Wahl von Guy Parmelin in den Bundesrat im Dezember 2015 geriet der umstrittene Armeechef André Blattmann ins Visier. Die Frage war nicht ob, sondern wann er gehen muss. Ende März trat Blattmann zurück. Es ist ein sanfter Abgang. Er bleibt offiziell bis Ende März 2017 im Amt und erhält danach einen Jahreslohn als Abfindung. 2018 wäre der Zürcher ohnehin pensioniert worden.
Für seine Nachfolge gibt es mehrere Anwärter, allen voran Philippe Rebord, den Kommandanten der Höheren Kaderausbildung. Die NZZ bezeichnete ihn als Wunschkandidaten, der Bundesrat ernannte ihn diese Woche zum stellvertretenden Armeechef.