Der Nationalrat debattiert am Mittwoch
über das Thema, das derzeit die Schlagzeilen dominiert: die
Asylpolitik. Bislang ist die Schweiz von den grossen
Flüchtlingsströmen verschont geblieben. Vor dem Hintergrund des
laufenden Wahlkampfs ist dennoch eine lange und heftige Debatte
programmiert. Der Rat hat sowohl die Vormittags- wie die
Nachmittagssitzung dafür reserviert.
Der Nationalrat berät zuerst über die
neuste Revision des Asylgesetzes, das in den letzten Jahrzehnten regelmässig verschärft wurde. Nun will
Justizministerin Simonetta Sommaruga das System grundlegend umbauen
und die Asylverfahren beschleunigen. Das gesamte Verfahren soll
künftig maximal 140 Tage dauern und in Bundeszentren durchgeführt
werden. Rund 60 Prozent aller Gesuche sollen in dieser Form abschliessend behandelt
werden.
In der Sommersession stimmte der
Ständerat der Revision mit 35 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen klar
zu. Er genehmigte auch den umstrittensten Aspekt, die kostenlose
Beratung und Rechtsvertretung für die Asylsuchenden während des
beschleunigten Verfahrens. Die SVP lehnt diesen Punkt vehement ab,
sie droht mit dem Referendum. Dennoch dürfte auch der Nationalrat
zustimmen, seine vorberatende Kommission lehnte sämtliche Änderungsanträge
der SVP ab.
Die Partei wird ihren Standpunkt
gleichentags in einer Sonderdebatte darlegen können, die sie beantragt
hat. Grundlage bildet die vom Bündner Nationalrat Heinz Brand
eingereichte Motion für ein sofortiges Asylmoratorium. Das
Asylgesetz soll für mindestens ein Jahr ausser Kraft gesetzt werden. «Wirtschaftsflüchtlinge» sollen gar nicht mehr und
Kriegsflüchtlinge nur noch vorläufig aufgenommen werden.
Ausserdem fordert die SVP systematische
Grenzkontrollen, wenn nötig mit Hilfe des Militärs. «Die
Situation ist ausser Kontrolle», sagte Brand in einem
Interview mit dem «Blick». Ganz anders argumentiert der
Bundesrat: «Die aktuelle Situation ist zwar schwierig, aber die
Schweiz ist weit von einem Krisenszenario entfernt», heisst es in
seiner Stellungnahme vom 2. September.
Keine. Ihre Forderungen sind zu extrem, und kurz vor den Wahlen werden ihr die anderen Parteien keinen Steilpass in ihrem Kernthema Asyl zuspielen. Ausserdem scheint die Stimmung im Land angesichts der dramatischen Bilder der letzten Tage gekippt zu sein.
Die Hilfsbereitschaft verdrängt wie in Deutschland die traditionelle Skepsis gegenüber Asylsuchenden. «In diesem Kontext dürfte die Forderung nach einer Schliessung der Grenzen und einem generellen Asylstopp weniger auf Sympathien stossen als in normalen Zeiten», schreibt die NZZ.
Selbst SVP-Politiker nehmen das Wort «Asylchaos» kaum noch in den Mund. Zu deutlich unterscheidet sich
die vergleichsweise geordnete Situation in der Schweiz von den
Verhältnissen in Griechenland, Ungarn, Österreich und Deutschland.
Die neusten, am Montag veröffentlichten Asylzahlen liefern den
Beleg: Die Flüchtlingskrise in Europa hat bislang keine Auswirkungen
auf die Gesuche in der Schweiz. Im August wurden 3899 eingereicht,
nur drei mehr als im Juli.
Der Einfluss der Migrationsbewegungen
durch die südöstlichen Staaten Europas sei bisher
begrenzt geblieben, denn die Schweiz sei «nicht primäres Zielland
für Migrantinnen und Migranten auf dieser Route», hält das
Staatssekretariat für Migration (SEM) fest. Die meisten
Asylsuchenden kommen via Mittelmeer und Italien in die
Schweiz, wobei die Zahl der Gesuche von Eritreern um ein Viertel auf
1610 gesunken ist.
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Mal ganz ehrlich, ich freue mich so richtig auf den 19. Oktober...