Die Wellen schlagen seit Tagen unerbittlich aufs Deck der Vandalen. Drei Männer haben sie im Sturm bereits verloren. Der durstige Ozean hat sie verschluckt. Kevin, Patrick und Reto waren zu schwach. Das Piratenleben zu hart für sie.
Die übrig Gebliebenen kämpfen verzweifelt mit den Tauen. Im Licht der Blitze bricht das zornige Schaumwasser immer und immer wieder über ihnen zusammen. Sie schreien einander verzweifelt etwas zu, doch alle Worte gehen unter in diesem furchtbaren Getös'.
Die Segel hängen schon in Fetzen an den Masten, genauso wie die Kleider an den nassen Körpern der Männer. Manchen von ihnen liess der Sturm nicht einmal mehr den letzen Streifen Stoff, erbarmungslos entriss er ihnen alles – und liess sie mit nichts zurück als ihrem nackten Leben.
Plötzlich taucht ein anderes Schiff am Horizont auf. Die Piratenfahne weht zwar auf dem Masten, doch ist dies nur ein lächerlicher Versuch, über die wahre Identität des Bötchens hinwegzutäuschen. Es ist ein helvetisches Handelsschiff, das kann man schon von Weitem riechen.
Es muss tonnenweise Käse geladen haben. Der verführerische Geruch weht hinüber zu den Piraten und steigt in ihre Nasenlöcher, die sich daraufhin aufblähen wie die Nüstern aufgeregter Pferde. Sie wollen das, was sie riechen. Und sie wollen es jetzt.
Wie lange mussten sie darben! Wie lange hatten sie nichts weiter zu essen als diesen unbekömmlichen Dosenfrass!
Wie lange hat der Skorbut in ihren Seeräubermündern gewütet und sich an ihren Zähnen vergriffen!
Nun wollen sie sie endlich wieder herzhaft in ein Stück Käse schlagen.
Doch dafür müssen sie erstmal das Schiff kapern. Ob die Helvetier ein ernstzunehmender Feind sind? Seltsame Sitten haben sie ja. Sie machen aus bisher ungeklärten Gründen ihre Hemden nass, um sie danach einzufrieren.
Ausserdem scheinen sie dem Animismus anzuhängen, selbst Koffer haben in ihrer Welt eine Seele und eine eigene Meinung:
Der Kampf zwischen den beiden Völkern ist hart. Und er wird noch härter, als die Vandalen sehen, was die Helvetier neben dem Käse noch geladen haben: Eine Jungfrau im weissen Kleid, schön wie eine klare Sternennacht, mit Augen wie träumende Smaragde. Und einem Körper, der in jedem, der ihn sieht, den ununterdrückbaren Wunsch erweckt, ihn zu berühren. Gott hat ihn aus Porzellan geschaffen. Und die Sonne hat ihn mit sanften Küssen bedeckt.
Die Helvetier gehen in der wüsten Schlacht, die nun losbricht, von Bord, einer nach dem anderen. Das Wasser färbt sich rot – Die Haie müssen hungrig gewesen sein.
Die Vandalen packen die schreiende Jungfrau und holen sie zu sich aufs Piratenschiff. Dass Frauen an Bord Unglück bringen, scheinen sie vergessen zu haben. Sie denken nicht mehr länger mit ihren Gehirnen. Einer, der forsche Luca, will sie schon in seine Kajüte tragen, da taucht Kapitän Safak auf.
Er ist breit. Breit wie ein Berg. Und was er sagt, ist Gesetz.
Er reicht seiner Weibesbeute die Hand – und führt sie weg von seiner Mannschaft. Die Angst ist aus ihrem Gesicht gewichen. Fast schon wirkt sie erregt. Der Berg gefällt ihr. «Warum hast du mich geraubt?», fragt sie ihn. Und er antwortet: «Weil Schweizer Frauen Granaten sind und bei uns nur Frikadellen rumlaufen.»
Der Kapitän weiss, wovon er spricht. Er hat in seinem Leben schon Frauen von überall erbeutet und mit ihnen Nachkommen auf der ganzen Welt gezeugt.
Des Nachts veranstaltet Safak ein Fest für seine Männer. Es wird reichlich Rum getrunken und Käse verschlungen. Doch vor allem wollen die Männer mit der Jungfrau tanzen. Bald schon umkreisen sie sie, nein, es ist schon vielmehr ein Umzingeln, als würden sie diese Schönheit ein zweites Mal erobern wollen. Dieses Mal aber nicht mit ihren Fäusten, sondern mit ihren Bewegungen, ihren feurigen Lenden und ihren Lippen, die geschürzt nach Küssen verlangen, die ihnen das Leben auf dem harschen Meer so lange verwehrt hat.
Die Jungfrau zieht ihr Kleid aus. In helvetischer Unterwäsche steht sie da, ganz heiss geworden ob all diesem geballten Verlangen, den öligen Muskeln und den vielen Blicken, die gemeinsam auf Wanderung gehen auf ihrem üppigen Busen.
David hält sich für einen wahren Liebespiraten. Seinen Angriff hat er mit einem Handkuss beendet. Er ist sich sicher. Die Jungfrau müsse sein Weib werden, denn er sei Ken – und sie seine Barbie.
Ob er weiss, dass Ken gar keinen Penis hat?