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Das Gefühl, als Stadt Schweizer Fussballmeister geworden zu sein, ist in Basel ein Zwiespältiges. Ältere Fans haben noch den Rausch des Aufstiegs 1994 und den ersten Meistertitel der Neuzeit von 2002 in Erinnerung. Sie trinken noch höflich ein Bier mit, wenn der FC Basel 2016 seinen siebten Meistertitel in Folge gewinnt. Aber grosse Endorphin-Fluten löst der nicht mehr aus. Es bleibt eine Halbbefriedigung zurück, über die aber niemand spricht. Es ist noch nicht salonfähig, nicht völlig auszuflippen, wenn der FCB die Meisterschaft gewinnt.
Nur Baslerinnen und Basler können den Rhein richtig beschwimmen. Dazu gehört das Wissen, dass es erlaubt ist, in den an Bojen liegenden Weidlingen zu sünnelen und wo in Ufernähe die grossen Quadersteine platziert sind, die die Strömung brechen. Diese reichen bis knapp unter die Wasseroberfläche und schmerzen den Schwimmer beim Zusammenstoss.
In den Daigg kommt man zwar nicht rein, aber auch der Daigg hat Kollegen. Fast jeder oder jede hat einen Daigg-Kollegen. Deren Sparsamkeit ist sprichwörtlich. Man fährt Tram, kauft Aktion und die sparsamsten Autos. Jeder, der je mal etwas von einem Daigg-Kollegen ausgeliehen und es nicht zurückgegeben hat, erhält noch Jahrzehnte später Aufforderungen zur Rückgabe. Und wenn es sich nur um einen Kaugummi gehandelt hat.
Jeder Mensch in Basel hat einen Freund oder eine Freundin, die noch immer an den Folgen des Basler Hanfshop-Booms um die Jahrtausendwende leidet. Es gab mehr Hanfshops als Bäckereien und die Duftsäcke fluteten die Stadt. Geflashte Gymnasiasten fluteten die psychiatrischen Kliniken. Nicht alle sind je wieder komplett geheilt worden.
«Es kenne mi scho no gnueg Lüt», sagt der Frosch und der Filmemacher staunt. Aber Frosch hat Recht. Noch heute wechselt man rasch die Strassenseite oder geht zurück in die Bar, wenn Frosch mit der Supporter-Jacke der Hells Angels und seinen Kumpanen durchs Kleinbasel zieht. Obwohl er am Anteil der Basler Gesamtbevölkerung fast niemandem etwas zu Leide getan hat, kennt jeder Basler diese diffuse Frosch-Angst.
Den Schweizer Mundart-Rap hat ein Basler lanciert. Mit P-27 und «Bullestress» ist Black Tiger zur Legende geworden. Jede Baslerin und jeder Basler hat in seinem Freundeskreis die zwei, drei Leute, die in die Fussstapfen Black Tigers treten wollen. Seit dem Schulabschluss arbeiten sie an ihrem ersten Rap-Album, das «bald, ganz bald» rauskommt. Während sie auf den grossen Durchbruch hinarbeiten, verbeatboxen sie ihr Leben zum Ghettoblaster-Beat am Rheinufer oder hinter dem Sommercasino. Damit Mama an die Rap-Karriere glauben kann, leasen sie manchmal zwei Mercedes und machen ein YouTube-Video.
Sperrgut und Alteisen waren jeweils die höchsten Feiertage im Elsässer-Kalender. So jedenfalls spottet man in Basel noch immer. Anders als heute stellte man früher einfach am Vorabend eines von den Industriellen Werken Basel festgelegten Datums sein Sperrgut vor das Haus aufs Trottoir, auf dass es die Entsorgungslastwagen am nächsten Morgen abholten. Soweit kam es allerdings selten. Sofort nach Feierabend begann die Lieferwagen-Rallye der Elsässer durch die Basler Quartierstrassen, die die Arbeit der Basler Entsorgungsdienste mehr als effizient erledigten und unter grösseren und kleiner Streitereien darüber, wer was zuerst gesehen habe, alles noch irgendwie Verwertbare auf ihre Pick-Ups und in ihre Lieferwagen luden.
Update zur Lieferwagen-Rallye von 12.06 Uhr:
@broennimann @DickMo Zur Lieferwagen-Rallye gehört noch der Vorhut-Elsässer auf dem Scooter, der als Späher vorausfährt u Material besetzt.
— Gabriel Vetter (@gabrielvetter) March 16, 2016
Rund um die Telefonkabinen am Barfüsserplatz, auch genannt Teflon-Kabinen oder Türkentempel, findet sich an den Wochenenden das Konzentrat des Basler Soziallebens. Die Telefonkabinen sind historisch als Treffpunkt für den Ausgang gewachsen, weil man sich in der Vor-Handy-Zeit so terminlich am einfachsten absprechen und die vergessenen Restaurant-Reservierungen noch rasch vor dem Date vornehmen konnte. Viele Beziehungen und Freundschaften nahmen ihren Anfang wie auch ihr Ende an den Scheiben dieser Telefonkabinen, welche die Swisscom im Rahmen eines heimatschützerischen Sakrilegs entfernen will. Wenn der Denkmalschutz künftig überhaupt noch irgendeine Glaubwürdigkeit haben will, so sagt man in Basel, dann rettet er diese Telefonkabinen.
Jeder kennt das leise Fremdschäm-Gefühl, das sich einstellt, wenn man auf der Fähre sitzt und ein Tourist denkt, es sei eine gescheite Idee, sich gallionsfigurmässig auf die Treppenstufe der Fähre zu setzen, den Kopf in den Nacken zu werfen und sich ein bisschen wild den Wind durch die Haare fahren zu lassen. Denn man weiss, was jetzt kommt: Der Fährimaa wird dem Tourist einmal sagen, er solle sich dort wegsetzen. Das ist in der hundertfachen Wiederholung schon peinlich. Und noch schlimmer ist es, wenn es der Tourist nicht tut, denn dann trifft ihn gleich bei der Abfahrt der Schwenkhebel, der jeweils zu Beginn der Fahrt einmal quer über die Fähre gegen die Fahrtrichtung geworfen werden muss.
Wovor sich 58 Prozent der stimmenden Schweizer Stimmbürger fürchten, ist in Basel Kulturgut und manchem Kleinbasler lebendige Kindheitserinnerung: Die Basler Muslime nutzen die Wendeltreppe zur ihrer Mescid-Moschee in der Basler Kaserne als Minarett. Ein Muezzin ruft seit Jahrzehnten stilecht täglich zum Gebet. Einstimmung auf die Istanbul-Ferien oder passender Soundtrack zum Kebab jeden Abend garantiert. Allerdings nicht mehr lange. Die Mescid-Moschee muss ausziehen und dass es dort, wo sie schliesslich landet, einen ebenso guten Minarett-Ersatz gibt, ist fraglich.
Die Morgestraich-Haut ist eine Hühnerhaut, aber eine spezieller Art. Nur Basler Mädchen und Buben, die in der Kindheit in dieses eindrückliche Schauspiel eingeführt worden sind, kennen sie. Das Kommando «Morgestraich! Vorwärts, Marsch!» versetzt einen sofort zurück in die Kindheitsjahre und jagt einem einen Schauer den Rücken runter. Egal, ob man 15 oder 95 ist.