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Du willst nur das Beste? Voilà:
In einer Woche steht
fest, wer im Bundesrat die Nachfolge von Eveline Widmer-Schlumpf
(BDP) antritt. Klar ist bislang nur, dass nichts klar ist. Die
Hearings der Mitte-rechts-Parteien mit den drei SVP-Kandidaten Thomas
Aeschi, Guy Parmelin und Norman Gobbi am Dienstag erbrachten kein
konkretes Ergebnis. Die Fraktionen von FDP, CVP, BDP und GLP wollten
sich noch nicht auf einen Namen festlegen. Die SP wird ihre Anhörung am nächsten Dienstag durchführen.
Fest steht bislang
nur, dass der Anspruch der SVP auf einen zweiten Sitz nicht
bestritten wird. Und dass ein Bewerber des offiziellen Dreiertickets
gewählt wird.
Oder doch nicht?
Hartnäckig kursieren im Bundeshaus Szenarien für die Wahl eines
nicht offiziell nominierten SVP-Vertreters. «Wir wissen, dass eine
Schlaumeierei am Tun ist», sagte Fraktionschef Adrian Amstutz der «Aargauer Zeitung». Parteipräsident Toni Brunner legte am Dienstagabend an
einem «Blick»-Podium nach: Bei ihm meldeten sich fast täglich SVP-Politiker, die von der SP wegen einer Sprengkandidatur angegangen würden.
Ein konkretes
Szenario schildert die SVP-nahe «Basler Zeitung». Demnach soll
der intern gegen Thomas Aeschi unterlegene Nationalrat
Heinz Brand die Stimmen von Mitte-links erhalten. Sowohl er wie auch
die SVP-Fraktion würden dadurch unter Zugzwang gesetzt. Das Kalkül
hinter dem ironisch «Brandfall» genannten «Geheimplan» lautet, dass die Partei den durchaus linientreuen Bündner am Ende
zähneknirschend als Bundesrat akzeptieren würde.
Heinz Brand äusserte sich gegenüber der BaZ zweideutig: «Ich würde eine allfällige Wahl in den Bundesrat nur im Einvernehmen mit meiner Fraktion annehmen. Etwas anderes kommt für mich nicht infrage.» Mit anderen Worten: Brand sagt nicht kategorisch Nein.
Um dem «Wunsch der anderen Parteien nach einer echten Auswahl» Rechnung zu tragen, hat Brand sogar ein Viererticket seiner Partei ins Spiel gebracht. Er konnte sich bei der SVP-Fraktion damit aber nicht durchsetzen.
Wie gross aber ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich am 9. Dezember ein Sprengkandidat durchsetzen wird?
Die Begeisterung
über das SVP-Dreierticket hält sich in Grenzen. Keiner der Bewerber
hat in den Hearings voll überzeugt. Parmelin gilt als Favorit, weil
er vergleichsweise moderat auftritt. Gobbi konnte vereinzelt punkten,
wogegen Aeschi an Terrain verloren zu haben scheint. Gross ist
zudem der Ärger über die «Lex Widmer-Schlumpf» in den
SVP-Statuten. Sie sieht den automatischen Ausschluss aus der Partei
vor, wenn ein «wilder» Kandidat die Wahl annimmt.
Dieses «Diktat» stösst vielen sauer auf. Das Parlament dürfe nicht in Geiselhaft genommen werden, sagte ein FDP-Mitglied der «Aargauer Zeitung». CVP-Fraktionschef Filippo
Lombardi bezeichnete es als «wünschenswert», wenn
die SVP die Ausschlussklausel streichen würde. Staatsrechtler halten
sie für verfassungswidrig, weil sie gegen das Instruktionsverbot
verstosse und das Wahlrecht der Bundesversammlung einschränke.
So gross der Unmut über das SVP-Bewerberfeld und die Ausschlussklausel sein mag:
In der politischen Mitte hält sich die Lust in engen Grenzen, die
SVP mit der Wahl eines Sprengkandidaten zu provozieren und dazu zu
verleiten, «sich als Opfer gebärden zu können», wie es ein
Mitglied der CVP-Fraktion ausdrückte. Es ist
eine Einstellung irgendwo zwischen Fatalismus und Resignation. Man
fügt sich in sein Schicksal und hofft, die SVP möge sich durch die
Wahl eines offiziellen Kandidaten besänftigen lassen.
Die Vergangenheit
stimmt in der Tat nicht optimistisch: 2000 wurde der Berner Ständerat
Samuel Schmid den offiziellen SVP-Anwärtern Roland Eberle und Rita
Fuhrer vorgezogen. 2007 erfolgte die spektakuläre Abwahl von
Christoph Blocher. Im folgenden Jahr unterlag der von Mitte-links
gepushte Thurgauer Nationalrat Hansjörg Walter gegen Ueli Maurer nur
mit einer Stimme Differenz – seiner eigenen. Als treuer
Parteisoldat hatte er nicht sich selbst, sondern den SVP-Chef
gewählt.
Genützt haben diese
Manöver nichts, die SVP ist so stark wie keine Partei seit
Einführung der Proporzwahl des Nationalrats 1919. Das schliesst
nicht aus, dass sich in den Tagen bis zur Wahl eine gewisse
Dynamik entwickeln könnte – Widmer-Schlumpf lässt
grüssen. Und bekanntlich wird in Bern nie so viel gelogen wie vor
einer Bundesratswahl.
Derzeit aber deutet
(fast) alles darauf hin, dass der neue SVP-Bundesrat Aeschi, Gobbi
oder Parmelin heissen wird. Auch wenn sich die Wahrscheinlichkeit,
dass die SVP danach Ruhe geben wird, im Nanopromillebereich bewegt.